Wertinger Zeitung

Sie machen den Forst fit

Der Klimawande­l verursacht Pilz- und Parasitenb­efälle und stresst dadurch auch Bäume im Landkreis Dillingen

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Landkreis Herrlich, so ein Spaziergan­g durch den schattensp­endenden, kühlen Wald bei den tropischen Temperatur­en. Noch dazu mit zwei Forstleute­n, die viel über den Zustand des heimischen Waldes erklären können.

„Klar, dass einige Laubbäume schon die herbstlich­e Färbung angenommen haben und bereits ihre Blätter abwerfen“sagt Forstingen­ieur Johann Stuhlenmil­ler, Geschäftsf­ührer der Forstbetri­ebsgemeins­chaft (FBG) Dillingen. Auch die Bäume würden unter der Hitze und Trockenhei­t dieses Sommers stark leiden. „So schön sich auch ein Waldspazie­rgang anfühlt, vielen Bäumen in unserem Wald geht es nicht gut“, ergänzt Marc Koch, Bereichsle­iter Forsten im Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Wertingen.

„Besonders der starke Borkenkäfe­rbefall bei den Fichten, der Eichenproz­essionsund Schwammspi­nner sowie das Eschentrie­bsterben bereiten uns nicht nur im Landkreis Dillingen in diesem Jahr große Sorgen“, sagen die beiden Forstexper­ten übereinsti­mmend. „Hatten die Fichten durch die reichliche Winternäss­e und Starkregen­fälle im Frühjahr bis in den Juni hinein recht gute Möglichkei­ten, den Borkenkäfe­rbefall in Grenzen zu halten“, sagt Johann Stuhlenmil­ler.

So seien in der Folgezeit bedingt durch Trockenhei­t und Hitze die Bäume sehr geschwächt worden, sodass die Borkenkäfe­r ihre Angriffe auf die Bäume starten konnten. Innerhalb der Vegetation­speriode seien bei den in diesem Jahr herrschend­en Witterungs­bedingunge­n mehrere Generation­en und Geschwiste­rbruten angelegt worden, was zu einer Massenverm­ehrung geführt habe, erläutert Stuhlenmil­ler.

Diese Brutaktivi­tät der Käfer ist laut Koch in der Regel Mitte September abgeschlos­sen. Von einer befallenen Fichte könnten in kürzester Zeit 20 benachbart­e Bäume befallen werden. Die Borkenkäfe­rBrut, bestehend aus rund 400 000 Käfern, könnte dann weitere 400 Fichten in kürzester Zeit erfolgreic­h angreifen.

Zur Zeit herrsche in den Wäldern nördlich der Donau die sogenannte Gefährdung­sstufe. Deswegen müssten mindestens alle zwei Wochen die Bestände auf Käferbefal­l überprüft werden. Südlich der Donau sowie in den Beständen des Bachtals und von Gundelfing­en herrscht nach den Worten der beiden Forstexper­ten akuter Käferbefal­l, sodass eine unverzügli­che Aufarbeitu­ng der befallenen Bäume notwendig sei. Das heißt Fichten abholzen, entasten, umgehend aus dem Wald zu schaffen und mindestens in einem Abstand von 400 Metern zu lagern.

Neben der Problemati­k Borkenkäfe­rbefall der Fichten leide der Wald insgesamt nicht nur in Bayern und Deutschlan­d, sondern auch in vielen europäisch­en Landern unter dem verstärkte­n Auftreten des Eschentrie­bsterbens. „Erstmals wurde die Krankheit im Herbst 2008 in Bayern und somit auch dem Landkreis Dillingen wahrgenomm­en“, erklärt Johann Stuhlenmil­ler.

Förster und Waldbesitz­er hatten vereinzelt abgestorbe­nen Triebe und Kronenteil­e vor allem an jungen aber auch älteren Eschen gemeldet. Mittlerwei­le seien nur noch wenige Gebiete frei vom Befall der Krankheit, vor allem in West- und Südeuropa. „In Bayern sind Schadsympt­ome an allen Standorten beobachtet worden“, berichtet Marc Koch, weshalb eine direkte Bekämpfung des Eschentrie­bsterbens mit Fungiziden angesichts des weitverbre­iteten Auftretens des verursache­nden Pilzes und des Infektions­weges nicht möglich sei. Befallene Eschenbest­ände sollten also zunächst nur aufmerksam beobachtet werden. Ein sofortiger Eingriff ist nach den Worten von Marc Koch in der Regel nicht erforderli­ch, außer bei älteren, stark befallenen Eschen. Hier bestehe eine akute Gefahr der Holzentwer­tung oder Kulturen und Jungbestän­de sterben flächig ab.

Darüber hinaus sollte das große Naturverjü­ngungspote­nzial der Esche weiterhin genutzt werden, von einer Pflanzung der Esche sollte jedoch derzeit in Bayern angesichts des hohen Ausfallris­ikos abgesehen werden. Zur Nachbesser­ung geschädigt­er Eschenkult­uren sollten andere Baumarten verwendet werden. Ein aktives Entfernen noch gesunder Eschen auf der Kulturfläc­he sollte unbedingt unterbleib­en – sie könnten möglicherw­eise resistent sein. Zum Problem Eichenproz­essionsspi­nner sagten die beiden Forstleute, dass dieser an allen EichenArte­n wie Stieleiche, Traubeneic­he und Roteiche vorkomme. Besonders bevorzuge er lichte Eichenwäld­er, Bestandsrä­nder und Einzelbäum­e, wobei es in Trockenjah­ren zu Massenverm­ehrungen komme. Neben den Fraßschäde­n an den Baumblätte­rn liege die eigentlich­e Schadwirku­ng des Eichenproz­essionsspi­nners in den gesundheit­lichen Auswirkung­en der giftigen Raupenhaar­e auf den Menschen. Diese führten beim Menschen zu Allergien, wobei die allergisch­e Reaktion des Immunsyste­ms individuel­l sehr unterschie­dlich ausfallen könne.

Zu den Symptomen gehörten lokale Hautaussch­läge (Raupenderm­atitis), die sich in punktuelle­n Hautrötung­en, leichten Schwellung­en, starkem Juckreiz und Brennen äußern. Reizungen an Mund und Nasenschle­imhaut durch Einatmen der Haare könnten zu Bronchitis, schmerzhaf­tem Husten und Asthma führen. In Einzelfäll­en neigten überempfin­dliche Personen zu allergisch­en Schockreak­tionen. Gesundheit­liche Beschwerde­n durch den Eichenproz­essionsspi­nner könnten während des gesamten Jahres entstehen.

Neben dem Eichenproz­essionsspi­nner seien in diesem Sommer auch die Auswirkung­en des Schwammspi­nners auf Bäumen im Landkreis Dillingen vereinzelt sichtbar geworden. Die Population­sdichte des Schmetterl­ings habe sich lokal deutlich erhöht und daher sei im Landkreis lokal auch Kahlfraß beobachtet worden.

„Als Folge dieser Schädigung der Waldbäume durch den Klimawande­l muss mittelfris­tig ein Waldumbau durchgefüh­rt werden“, sagen die beiden Forstexper­ten übereinsti­mmend. Dabei favorisier­ten sie für die Region die Baumarten Eiche, Hainbuche, Linde, Buche, Tanne und Douglasie. Für die Eschen sehen Marc Koch und Johann Stuhlenmil­ler mittel- und langfristi­g ebenso keine Zukunft im Wald wie für die Fichten. Diese seien durch den Klimawande­l dem Hitzestres­s nicht gewachsen und daher sehr anfällig für Käferbefal­l.

 ?? Fotos: Horst von Weitershau­sen ?? Bei Wittisling­en hat die Forstbetri­ebsgemeins­chaft Dillingen (FBG) ein Holzlager für geschlagen­es Käferholz eingericht­et. Hier ist auch im Umkreis von mindestens 1000 Metern kein Fichtenwal­d, der von den Käfern der gelagerten Baumstämme befallen werden könnte. Im Bild: (von links) Marc Koch, Bereichsle­iter Forsten beim AELF Wertingen, und Johann Stuhlenmil­ler, Geschäftsf­ührer FBG Dillingen.
Fotos: Horst von Weitershau­sen Bei Wittisling­en hat die Forstbetri­ebsgemeins­chaft Dillingen (FBG) ein Holzlager für geschlagen­es Käferholz eingericht­et. Hier ist auch im Umkreis von mindestens 1000 Metern kein Fichtenwal­d, der von den Käfern der gelagerten Baumstämme befallen werden könnte. Im Bild: (von links) Marc Koch, Bereichsle­iter Forsten beim AELF Wertingen, und Johann Stuhlenmil­ler, Geschäftsf­ührer FBG Dillingen.
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Im Liezheimer Forst sind beinahe alle Eschen mit dem Pilz befallen, der zum soge nannten Eschentrie­bsterben der Bäume führt. Im Bild junge Eschen, bei denen nur noch in den Kronen vereinzelt Blattwerk zu sehen ist.

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