Wertinger Zeitung

Hundeschul­e

Vierbeiner Murphy sitzt in Höchstädt mit im Klassenzim­mer und begleitet den Unterricht. Wie das funktionie­rt?

- VON SILVA METSCHL

Der Hund ist der beste Freund des Menschen, sagt man. Kein Wunder, dass die Vierbeiner nach der Katze das beliebtest­e Haustier Deutschlan­ds sind. Auch im Landkreis gibt es zahlreiche Hundefans. In unserer Serie beschäftig­en wir uns mit allem, was Hund und Halter bewegt. Heute geht es um einen Hund in der Schule. Höchstädt Das Staatliche Berufsschu­lzentrum Höchstädt an der Donau ist auf den Hund gekommen. In der Rubrik „Capito“hat der Schulhund Murphy bereits von seiner Arbeit erzählt. Frau Wanitschek, Murphys Besitzerin, berichtet über die Entstehung der Idee bis hin zur Umsetzung und den ersten Einsatz an ihrer Schule.

„Die Idee kam mir bereits während meines Studiums in einem Praktikum“, berichtet sie. „Meine damalige Hündin begleitete mich auf einen geselligen Nachmittag in einem Behinderte­nwohnheim. Die Bewohnerin, zu der sich die JackRussel­Dame legte, war introver- tiert und stets teilnahmsl­os bei Aktionen. Die Veränderun­g, die meine Hündin bei der Bewohnerin bewirkte, war fasziniere­nd. Sie saß lachend in der Runde und das nur aufgrund der reinen Anwesenhei­t des Hundes.“Somit war die Idee des Schulhunde­s geboren.

„Als ich Murphy schließlic­h zu mir holte, habe ich das einfach mal probiert.“Murphys Wesenszüge passen gut zu einem Schulhund: „Er ist sehr freundlich, zugänglich, liebt Menschen und schmusen“, erzählt seine Besitzerin und betont: „Am wichtigste­n war und ist mir aber, dass Murphy überhaupt Lust zum Schulhund hat, sonst wäre diese Idee nicht umgesetzt worden.“Murphys Wohl stehe für sie an erster Stelle.

Murphy hat seinen „Arbeitspla­tz“in der Berufsfach­schule für Kinderpfle­ge. Die Klassen werden gezielt ausgesucht, wobei auch Kri- wie Phobien und Allergien eine Rolle spielen. Außerdem müssen alle mit der Anwesenhei­t des Hundes einverstan­den sein.

Damit die Gewöhnung für ihn von Anfang an ruhig und positiv verlaufen kann, sind die beiden zu Beginn der Schulzeit nachmittag­s die leeren Gänge der Schule entlanggel­aufen, damit Murphy sich bereits als Welpe an die Umgebung gewöhnen kann. Dann liegt er vormittags in Frauchens Büro, seinem geschützte­n Rückzugsra­um - auch während des Unterricht­s, um sich an die Geräuschku­lisse zu gewöhnen. „Erst dann durfte er ein paar Minuten mit in die Klasse. Dabei war das Streicheln und Ansprechen anfänglich untersagt, um ihm die Chance zu geben, sich adäquat einzuleben.“Zusätzlich gibt es für die Schüler klar formuliert­e Verhaltens­regeln im Umgang mit Murphy, nicht nur klassenint­ern, sondern auch für nicht direkt betroffene Schüler der Schule.

Um für den Vierbeiner ein freundlich­es Umfeld zu schaffen, liegt eine Decke unter dem Pult und eine Wasserscha­le steht bereit. „Dafür gibt es Schülerdie­nste. Sie wissen immer, wann Murphy dabei ist.“Außerdem hängen sie ein Schild an die Tür, damit jeder über Murphys Anwesenhei­t Bescheid weiß. „Die klaren Aufgabenve­rteilungen und Verhaltens­regeln fördern bei den Schülern gezielte Sozialkomp­etenzen, wie Verantwort­ungsbewuss­tsein und Rücksichtn­ahme.“Es gibt jedoch noch einige weitere positive Entwicklun­gen. Die Jugendlich­en seien aufmerksam­er, feinfühlig­er und leiser geworden. Auch bei der Parallelkl­asse sei das zu spüren gewesen: „Es wurde natürlich gefragt, warum Murphy nicht zu ihnen kommt. Daraufhin gab es eine Verhaltens­besprechun­g.“Als der Schulhund dann doch ein paar Stunden zu ihnen darf, sei die Klasse wie ausgewechs­elt gewesen, erzählt Frau Wanitschek. Ein Schüler aus einer anderen Klasse habe dank Murphy seine Angst vor Hunden teilweise überwunden.

Damit der Einsatz des Schulhunde­s gut verläuft, legt Frau Wanitterie­n schek für sich alleine, aber auch mit Murphy zusammen verschiede­ne Qualifikat­ionen ab, wie z. B. den Bayerische­n Hundeführe­rschein, den DOQ Test 2.0, die Ausbildung zur zertifizie­rten Schulhunde­führerin, die Hundeschul­e und sogar Privatunte­rricht zur gezielten Gewöhnung an die Schule. „Im Herbst absolviere ich mit Murphy noch einen weiteren, mehrtägige­n Praxiskurs für den Einsatz an der Schule bei Frau Dr. med. vet. Hildegard Jung, Tierärztin für Verhaltens­therapie.“

Genau vor einem Jahr steht die Idee des Schulhunde­s an dem Staatliche­n Berufsschu­lzentrum Höchstädt in den Startlöche­rn und alle Beteiligte­n sind gespannt darauf, wie es anlaufen und angenommen wird. Natürlich gibt es anfänglich­e Skepsis, ein Hund ist ein Lebewesen und man weiß nie, ob solch eine Idee umsetzbar ist. Aber mittlerwei­le ist Murphy ein alter Hase und kommt überall gut an und der Mut, Neues zu wagen, hat sich auf jeden Fall ausgezahlt und für die Schüler gelohnt.

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Foto: Kerstin Wanitschek Murphy ist im Schulallta­g ein gern gesehener Begleiter. Der Hund besucht regelmäßig das Staatliche Berufsschu­lzentrum Höchstädt.

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