Dinkelscherben will tote Leitungen eliminieren
Immer noch wird in der Marktgemeinde das Wasser gechlort. Nun werden Hausbesitzer in die Pflicht genommen
Dinkelscherben „Ist das eine Verkaufsveranstaltung?“, fragte ein Dinkelscherber Hausbesitzer süffisant beim Anblick vieler verschiedener Armaturen, die auf Tischen im Rathaussaal der Marktgemeinde aufgebaut waren. Ein KFR-Ventil etwa. Das ist ein Freiflussventil mit Rückflussverhinderer und wird hinter der Wasseruhr eingebaut.
Der Bürger hatte nicht ganz unrecht: Denn es könnte auf so manchen Besucher der Informationsveranstaltung des Markts, bei der es um die Pflichten der Wasserabnehmer – also der Haus- und Grundstücksbesitzer – ging, durchaus zukommen, dass er das eine oder andere Teil zur Wasserversorgung seines Hauses erneuern lassen muss. Denn es gebe, machte Bürgermeister Edgar Kalb klar, nicht nur Pflichten der Wasserversorger, sondern auch der Abnehmer – und damit können die Dinkelscherber letztlich auch ihren Teil dazu beitragen, dass die Anfang Juni angeordnete Chlorung des Trinkwassers in den Versorgungsgebieten Dinkelscherben und Oberschöneberg aufgehoben werden kann. Wann, das konnte der Bürgermeister nicht sagen.
Die Marktgemeinde jedenfalls hat für die Sanierung der Wasserversorgung (Brunnen, Hochbehälter, Leitungen) in beiden Versorgungsgebieten, aus denen 7000 Verbraucher frisches Trinkwasser beziehen, eine Summe von sechs Millionen Euro veranschlagt und will zügig an die Umsetzung gehen. Es sei fraglich, ob die Chlorung während der Sanierung ausgesetzt werde.
Doch auch die Bürger seien verpflichtet, ihre Anschlüsse auf modernem Niveau zu halten. Dass sich die diesbezüglichen Anforderungen an die Haustechnik auch ändern könnten, machte der Bürgermeister deutlich: Bei der Trinkwasserverordnung gebe es keinen Bestandsschutz.
Jetzt erst einmal erhalten alle Dinkelscherber einen zweiseitigen Fragebogen, mit dessen Hilfe sie ihre Hausinstallation überprüfen müssen. Bis 7. Oktober müssen die Gefragten den Bogen an die Gemeinde schicken – mit Antworten, die der Wahrheit entsprechen, so der Appell. Die Fragen sind verständlich formuliert: Etwa, ob zum Befüllen der Heizungsanlage mit Heizwasser ein Systemtrenner vorhanden ist oder ob auf dem Grundstück Tierhaltung stattfindet und wie das Tränkebecken gebaut ist.
Die Ergebnisse – auch die über den Zustand gemeindlicher Anlagen – fließen in eine Risikoanalyse ein, die die Marktgemeinde auf Anordnung der Behörden in Auftrag gegeben hat. „Je mehr Risikopunkte wir haben, desto länger dauert die Chlorung“, war sich Bürgermeister Kalb sicher.
Und: Seien Installationen an Privatgrundstücken oder Häusern nicht in Ordnung, werde die Aufforderung zum Nachrüsten kommen. „Es kann nicht sein, dass einzelne Haushalte das Gesamtsystem gefährden.“
Deshalb richtete der Gemeindechef an die Dinkelscherber die „eindringliche Bitte“, ihre Hausinstallation so schnell wie möglich auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Dies am besten mithilfe eines professionellen Installateurs, der in das Verzeichnis der Wasserversorger eingetragen sei.
Bei all dem geht es nicht nur um die Technik im Gebäude – vom KFR-Ventil angefangen über den Heizungs- bis zum Waschmaschinenanschluss, Regenwasseranlagen oder (Landwirte betreffend) Viehtränken. Es geht auch um noch unbebaute, erschlossene Grundstücke. Denn bei der erfolgten Überprüfung von 2200 Hausanschlussschiebern in den Versorgungsgebieten habe man festgestellt, dass zehn Prozent aller Grundstücksanschlüsse tote Leitungen sind – also Leitungen, in denen mehr als ein Jahr lang kein Wasser mehr geflossen ist. Sie stellen eine Gefährdung des Trinkwassernetzes dar.
Kalb präsentierte zusammen mit Konrad Ruhland, der bei der Gemeinde für die rechtlichen Angelegenheiten der Wasserversorgung zuständig ist, eine mögliche Lösung in Form eines Kunststoffschachts samt Installation, der dazu ins Grundstück eingebaut werden kann und das Spülen der Leitung ermöglicht.
Die Eliminierung toter Leitungen gehört, so Kalb, zu den gemeinsamen Aufgaben des Versorgers und Verbrauchers. „Um die toten Anschlüsse müssen wir uns die nächsten Wochen kümmern.“