Weicher Schwung, statt steile Kurve
Die Staatsstraße zwischen Roggden und Wertingen wird derzeit entschärft. Das heißt, dass es die gefährliche Hesselbachkurve bald nicht mehr gibt. Wie die Bauarbeiter mit der Hitze der vergangenen Tage zurechtkamen
Roggden Aufgerissener Boden, staubige Luft, sengende Hitze und ratternde Maschinen. Nein, hier geht es nicht um ein Autorennen in der Wüste, auch wenn die Staatsstraße 2027 bei Roggden im Moment einer solchen Landschaft gleicht. Jeder Fahrer hinterlässt eine riesige Staubwolke. Das Rattern und Quietschen kommt nicht von tollen Rennautos, Quads und Motorrädern, die von echten Männern gesteuert werden. Hier arbeiten sich riesige Baumaschinen durch den Boden, deren Räder sogar mit Ketten gegen Verschleiß und Schäden geschützt sind. In den vergangenen Wochen hat ein Arbeitstrupp von nur sechs Männern bereits 5000 Kubikmeter Erde bewegt.
Zimperlich darf da ebenfalls keiner sein. Die Arbeitsbedingungen waren bisher alles andere als angenehm. Für Alois Weber, Vorarbeiter bei der Firma LS Bau AG in Ziemetshausen, spielt das Wetter in diesem Jahr besonders verrückt: „Dass es so lange am Stück heiß und trocken ist, finde ich schon außergewöhnlich.“Die Baufirma hat sich deshalb darauf eingestellt: Getränke gibt es für die Arbeiter kostenlos. Drei bis vier Liter Wasser durchschnittlich verbraucht derzeit jeder Bauarbeiter am Tag. Mehr sollten es aber nicht sein, rät Alois Weber. Das führe zu übermäßigem Schwitzen. Allerdings fordert er seine Männer auf, immer wieder mal kleine Pausen einzulegen, um sich nicht zu überanstrengen. Selbst in die kli- matisierten Baumaschinen brenne die Sonne gnadenlos herein. Weil das grelle Licht den Augen nicht gut tut, stellt die Baufirma auch Sonnenbrillen zur Verfügung. Der Gesundheitsschutz habe Priorität.
Seit Mitte Juli ist der Streckenabschnitt zwischen Wertingen und Roggden gesperrt. Die Staatsstraße 2027 wird auf einer Länge von 1,7 Kilometern bestandsorientiert ausgebaut. Das Staatliche Bauamt Krumbach hat die Pläne dazu erstellt (wir berichteten). An diesem Mittwochnachmittag zeigt das Thermometer 31 Grad Celsius. Die Verantwortlichen treffen sich einmal wöchentlich zum sogenannten Jour fixe. Die immer wiederkehrenden Baubesprechungen auf der Baustelle zu einem fest vereinbarten Termin haben den Zweck, den Baufortschritt zu dokumentieren und zu lösen. Bernhard Vogg vom Staatlichen Bauamt Krumbach lässt sich täglich auf der Baustelle sehen, rechnet mit der Baufirma die geleisteten Arbeitsstunden ab, überprüft Rechnungen und Abschlagszahlungen. Während der Baustellenbegehung bespricht er sich mit dem Vorarbeiter. Beim Jour fixe kommen alle Bauleiter der ausführenden Firma und des Straßenbauamtes zusammen. Am Ende werden die wichtigsten Punkte in einem Protokoll festgehalten.
Der neue Straßenverlauf ist bereits deutlich erkennbar. Vor allem an der Hesselbachkurve zeigen sich große Veränderungen. Der gefährliche Knick, an dem in den vergangenen Jahren etliche Unfälle passiert sind, ist verschwunden. Die um gut zwei Meter erhöhte und auf 7,50 Meter verbreiterte Straße schmiegt sich mit weichem Schwung in die Landschaft. Nur die hohen Bäume vor dem Maisfeld erinnern an den früheren, kurvigen Streckenverlauf.
Im Zuge dieses Ausbaus sind Glasfaserkabel der Telekom und die Gasleitung verlegt worden. Eine unterirdische Querung an derselben Stelle soll im Falle von Starkregen künftig das Wasser ableiten, um eine Überschwemmung des Dorfes Roggden, wie in der Vergangenheit geschehen, zu verhindern.
Noch ragen mehrere Stangen mit roten Markierungen aus dem Boden hoch heraus. „Das sind Messpegel“, erklärt Bauleiter Ion Sainsus. Der Untergrund sei im Bereich der Hesselbachkurve in einer Länge von rund 80 Metern extrem schlecht und habe sich als nicht tragfähig erwiesen. Deshalb wurden sogenannte Geokunststoffe eingebaut. Diese inBauprobleme novativen Vliesstoffe seien aus dem Straßenbau nicht mehr wegzudenken. Sie übernehmen Filter- und Dränfunktionen und erhöhen die Tragfähigkeit der Straße. An den Messpegeln könne abgelesen werden, um wie viel Zentimeter sich der Boden senkt. Sollten es mehr als fünf Zentimeter sein, müsse nachgebessert werden.
In den nächsten Wochen soll noch viel Erde ab- und an anderer Stelle aufgetragen werden. Dabei werden Lkw-Fahrer und Straßenbauarbeiter immer wieder an einem unscheinbaren Marterl vorbeikommen. Das kleine Holzkreuz erinnert an einen jungen Mann, der hier sein Leben verloren hat. Vor fünf Jahren war er in der Kurve von der Straße abgekommen, hatte sich überschlagen und war gegen einen Baum geprallt.