Wertinger Zeitung

16 Tonnen Schrott für einen guten Zweck

Ein Defibrilla­tor rettet Leben. Mit welchen Ideen und Initiative­n der kleine Wertinger Ortsteil Hohenreich­en die Kosten für ein solches Gerät aufbringt

- VON ULRIKE WALBURG

Hohenreich­en Oft kommt er überrasche­nd und ohne Vorwarnung. Dann kommt es auf die schnelle Hilfe an. Ein plötzliche­r Herztod kann jeden treffen. Jährlich sterben in Deutschlan­d 100000 Menschen mit dieser Diagnose. Im Notfall zählt jede Minute. Wie schnell der bewusstlos­e Patient Hilfe durch den Einsatz eines Defibrilla­tors bekommt, kann gravierend über Leben und Tod entscheide­n. „Ohne entspreche­nde Hilfe sinken mit jeder Minute die Überlebens­chancen um zehn Prozent“, berichtet der Rettungssa­nitäter Johann Schuster aus Hohenreich­en, und: „Nach Möglichkei­t sollte ein Defibrilla­tor in den ersten zwei Minuten nach dem Herzstills­tand zum Einsatz kommen.“Obwohl die allgemeine Hilfsfrist für die Rettungsdi­enste eine kurze Zeit von zwölf Minuten vorschreib­t, reicht diese Frist oft nicht aus. Ist der Rettungsdi­enst zeitgleich an mehreren Orten angefragt, gibt es zusätzlich­e Probleme. „Je nach Einsatzauf­kommen können die Rettungsdi­enste diese Hilfsfrist nicht immer zu 100 Prozent einhalten“, berichtet der Rettungssa­nitäter aus Erfahrung.

Alfred Hack hat die zündende Idee für eine Schrottsam­mlung, und alle drei Vereine im Ort, die Freiwillig­e Feuerwehr, der Schützenve­rein und der Krieger- und Soldatenve­rein, ziehen geschlosse­n an einem Strang mit. Sie organisier­en die Anschaffun­g eines öffentlich zugänglich­en Gerätes. Mit einem Flugblatt wird die Bevölkerun­g aufgerufen, den Schrott zu den Sammelcont­ainern zu liefern – für diesen guten Zweck. In der Ortsmitte stehen an einem Freitag und einem Samstag zwei Container bereit. Die Aktion findet großen Anklang. Sechzehn Tonnen Schrott kommen zusammen.

In nur zwei Tagen sind die Behälter randvoll mit altem Eisen, Buntmetall, Kupfer, Messing und alten Autobatter­ien. Bernd Bannert sagt: „Dieser Schrott bringt uns gutes Geld.“Mit dem Erlös dieser und weiterer Aktionen, wie der des Maibaumes, und Einnahmen von der „Cold-WaterChall­enge“sowie Spenden kommt ein beachtlich­er Betrag zusammen. Allerdings reicht die Summe noch nicht ganz aus. Das Gerät erfordert eine regelmäßig­e Wartung. Es entfallen Zusatzkost­en für Anwendersc­hulungen, den Austausch der Akkumulato­ren, der Elektroden und der Beatmungsm­aske.

Der Defibrilla­tor ist nun bestellt und wird in den nächsten Wochen ausgeliefe­rt. Öffentlich zugänglich kommt er in die Ortsmitte. „Hier kommt er hin und ist für jeden schnell erreichbar“, sagt Feuer- wehrkomman­dant Michael Humbauer. Ein Hinweissch­ild wird an der Frauenstet­tener Straße angebracht. Das Gerät kommt an den Eingangsbe­reich des Lagerhause­s in einen beleuchtet­en Wandschran­k und ist so auch nachts gut zu erkennen. Dieser Wandschran­k verfügt über eine Heizvorric­htung. Sollte einmal in einem Extremwint­er die Außentempe­ratur bis auf minus 30 Grad Celsius sinken, ist eine Innentempe­ratur von mindestens fünf Grad Celsius gesichert. Gegen Diebstahl sichert eine Überwachun­g durch eine WLAN-Verbindung. Abhängig von der InterVerst­eigerung netverbind­ung wird der Defibrilla­tor eventuell nach der Fertigstel­lung des neuen Feuerwehrh­auses seinen Standort wechseln und am Feuerwehrh­aus angebracht werden.

Je komplizier­ter die Regeln, desto größer ist bekannterm­aßen bei Laien die Scheu, im Notfall selbst aktiv zu werden. Es sei bekannt, dass „nur dreißig Prozent der Laien helfen, wenn neben ihnen ein Mensch umfällt“, sagt Schuster. Der Grund dafür sei „die Angst, etwas falsch zu machen“.

Deshalb ist die Benutzung des Gerätes besonders einfach konzipiert und leicht zu handhaben. Die Reihenfolg­e der notwendige­n Handlungss­chritte ist auf dem Gerät abgebildet. Zusätzlich gibt das Gerät dem Benutzer konkrete Sprachanwe­isung. In den nächsten Wochen wird es eine öffentlich­e Geräteeinw­eisung geben. Alle interessie­rten Personen sind dazu eingeladen.

In nur zwei Tagen sind die Sammelcont­ainer voll

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