Ständig in Bewegung – mit Kopf und Körper
Unsere Autorin testet für eine Stunde die Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem Allmannshofer Betrieb. Der Beruf bringt Vielseitigkeit, vermittelt hohe Standards und hält sogar manchen Vorurteilen stand
Allmannshofen Holzen Im September beginnt für alle Auszubildenden das neue Lehrjahr. Doch viele Betriebe finden oft kaum noch Bewerber für ihre Lehrstellen. In unserer Serie „Einmal Azubi sein“begeben sich unsere Autoren auf Lehrstunde. Sie probieren verschiedene Berufe aus und berichten von ihren Erfahrungen. In dieser Folge geht es für unsere Autorin als Hotelfachfrau hinter die Rezeption.
Kurz vor meinem einstündigen Praktikum als Hotelfachfrau verrät mir Karoline Rottmair, die im Hotel Kloster Holzen für die Ausbildung der Hotelfachleute verantwortlich ist: „Wir sind hier viel in Bewegung – mit dem Kopf und mit dem Körper.“Viel konnte ich mir darunter nicht vorstellen, eine Stunde später wusste ich Bescheid.
Beginnen durfte ich in der Abteilung, in der auch die dreijährige Ausbildung beginnt: im Housekeeping. Dort werden hohe Standards vermittelt, wie mir beim Bettenbeziehen klar wird. Zudem lernen die Azubis, was Zeitmanagement wirklich bedeutet, denn die Vorgabe ist knackig: 20 bis 30 Minuten hat eine Angestellte Zeit, um ein StandardZimmer zu reinigen. Mit dieser Vorgabe im Hinterkopf verstehe ich auch, warum Jelena Schwengler wie aus der Pistole geschossen antwortet, nach welchem Schema sie ein Zimmer säubert. Nachdem sie sich versichert hat, dass der Gast nicht da ist, legt sie los. Licht an, Fenster auf, Schmutzwäsche raus, Müll raus, Getränkecheck. Hat sie aus dem Zimmer entfernt, was sie beim Saubermachen stört, kümmert sie sich ums Bett – und ich soll helfen.
Schnell wird klar: Meine Kenntnisse – also das Prinzip, wie ich zu Hause meine Betten beziehe – ist für Jelena Schwenglers akkurate Arbeit nicht genug. Viel zu lasch habe ich das Leintuch übers Bett gezogen und unter die Matratze gesteckt. Mit dem Willen, es beim Beziehen des Betts besser zu machen, mache ich weiter. Doch nicht nur beim Tempo bin ich Jelena Schwengler unterlegen, sondern auch in puncto Spannung. Mit ein, zwei gekonnten Handgriffen sitz ihr Kopfkissen perfekt, anschließend wird es so aufs Bett drapiert, wie es sich der Gast eben wünscht. Abstauben, Wischen und die Säuberung des Sanitärbereichs stehen an, bevor Jelena Schwengler den Endcheck im Zimmer macht. Und ich verstehe, was Karoline Rottmair meinte, als sie sagte: „Wir sind hier viel in Bewegung.“
Meine zweite Station ist auch die zweite Station der Ausbildung zur Hotelfachfrau: der Bankett- und Tagungsbereich. Pünktlich um 6.30 Uhr hat Emese Papp das Frühstück bereitgestellt. Etwa eine halbe Stunalles de hat sie gebraucht, um das umfangreiche Büffet aufzufahren, verrät die Ungarin, die in ihrer Heimat eine Hotelfachschule und eine Tourismushochschule besucht hat. Während der Frühstückszeiten kümmert sie sich um die Wünsche der Gäste. Beim Abräumen darf ich helfen. Karoline Rottmair erklärt: „In diesem Teil der Ausbildung sind die Azubis zum ersten Mal mit dem Gast in Kontakt.“
Der dritte Bereich der Ausbildung, der Restaurantbereich, bleibt für mich heute geschlossen. Unter der Woche ist dort erst später Betrieb. „Das heißt aber nicht, dass die Auszubildenden nur abends arbeiten“, sagt Karoline Rottmair und entschärft damit ein Vorurteil gegenüber dem Beruf. Es gibt eine klare Zeitregelung und darauf wird akribisch geachtet. Zudem gibt es Arbeitszeiten, die zum Biorhythmus von Nachteulen passen, wie bei kaum einem anderen Beruf. Im zweiten Ausbildungsjahr lernen die angehenden Hotelfachleute die grundlegenden Serviceregeln, wie sie sich als Gastgeber zu verhalten haben und sogar ein einmonatiger Abstecher in die Restaurantküche ist Teil der Lehre. Die letzte Station, die Rezeption, konnte ich bereits vor meiner Ankunft kennenlernen. Anita Ruisinger erklärte – ohne zu wissen, dass ich in einer Stunde ihre Praktikantin sein werde – einem Gast am Telefon die Zimmergröße sowie die Lage der Zimmer. Schnell kalkulierte sie die Preise für die Übernachtung, verwies auf die Möglichkeiten eines Kinderbetts und tat das alles mit einem freundlichen Lächeln, das ich sehen und der Gast am Telefon hören konnte.
Als Praktikantin bekomme ich eine der wohl wichtigsten Lektionen am Empfang: Freundlichkeit, Empathie, Aufgeschlossenheit sind hier das A und O. Anita Ruisinger bereitet sich bereits vormittags auf den Check-in-Ansturm am Nachmittag vor. In Bewegung ist sie dabei sowohl körperlich als auch geistig, denn bei einer Sache bleiben, kann sie am Empfang nur selten. Ständig läutet das Telefon, Gäste kommen und gehen. Und auch wenn es stressig ist, hat sich Anita Ruisinger ganz bewusst für den Posten an der Rezeption entschieden, denn sie arbeitet gerne mit Menschen und schätzt die Vielseitigkeit, die der Beruf mit sich bringt.