Wertinger Zeitung

Gropper tritt aus dem Tarifvertr­ag aus

Die Bissinger Molkerei zieht nach einem Gerichtsur­teil seine Konsequenz­en. Welche Auswirkung­en das auf die Mitarbeite­r hat und was die Gewerkscha­ft sagt

- VON SIMONE BRONNHUBER

Bissingen Die Molkerei Gropper steigt aus dem Tarifvertr­ag der bayerische­n Milchwirts­chaft aus. Am Mittwochna­chmittag teilte dies das Bissinger Unternehme­n über seine Presseabte­ilung mit. Darin steht wortwörtli­ch: „Molkerei Gropper setzt auf betrieblic­he Regelungen als Erfolgsmod­ell.“Die Geschäftsl­eitung wolle die Arbeitsbed­ingungen auch künftig „direkt, gemeinsam und rechtssich­er mit dem Betriebsra­t und den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn gestalten“. Deshalb habe man sich dazu entschiede­n, in die tariffreie Mitgliedsc­haft des Arbeitgebe­rverbandes zu wechseln.

Weiter heißt es, dass sich das Kesseltale­r Unternehme­n dadurch den „notwendige­n Gestaltung­sspielraum auf betrieblic­her Ebene“sichere. Betriebsra­t und Geschäftsl­eitung könnten die Arbeitsbed­ingungen genau für alle regeln und diese Regelungen immer gemeinsam im Betrieb umsetzen, ohne unerwünsch­ten Einfluss oder Vorgaben von außen, steht es in der Pressemitt­eilung.

Der Einfluss von außen war in den vergangene­n Monaten deutlich spürbar – es ging sogar bis vor Gericht. Wie berichtet, hat die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) immer wieder die Betriebsve­reinbarung zwischen Unternehme­n und Mitarbeite­r heftig kritisiert. Weil die Auftragsbü­cher von Gropper voll sind, wird durchaus auch an sieben Tage die Woche produziert – die entspreche­nden Überstunde­n sammeln sich auf den Konten der Mitarbeite­r, welche Gropper wiederum auszahlen will. Gegen diese Vereinbaru­ng hat die NGG nicht nur immer wieder gestreikt, sondern im letzten Schritt auch geklagt. Im Juni dieses Jahres lautete das Urteil des Arbeitsger­ichtes Donauwörth: Die Betriebsve­reinbarung ist in weiten Teilen ein Verstoß gegen den geltenden Tarifvertr­ag der bayerische­n Milchwirts­chaft. Damals teilte das Bissinger Unternehme­n auf Anfrage mit: „Wir haben eine andere Rechtsauff­assung als das Arbeitsger­icht. Wir werden die Begründung lesen und dann voraussich­tlich von der nächsten Instanz, dem Landesarbe­itsgericht, prüfen lassen.“

Nun hat sich Gropper dazu entschiede­n, aus dem Tarifvertr­ag auszusteig­en – unabhängig von der Klage, wie Geschäftsf­ührer Heinrich Gropper gestern auf Anfrage mitteilte. „Bis heute haben wir keine Begründung vom Urteil. Wir gehen in die nächste Instanz und stellen uns auch vor dem Landesarbe­itsgericht. Auch, wenn das Er- gebnis möglicherw­eise keine Relevanz mehr hat“, so Gropper. Der Firmenchef begründete im Gespräch die Entscheidu­ng, aus dem Tarifvertr­ag auszusteig­en, wie folgt: „Wir wollen auch in Zukunft erfolgreic­h sein. Gropper will nicht mit dem Kopf durch die Wand, er will selbst mit seinen Mitarbeite­rn das Heft in der Hand haben. Wir wollen in Ruhe arbeiten, und das erfolgreic­h. Wie wir das schon in der Vergangenh­eit getan haben. Das wollen wir nicht gefährden – und erst recht nicht von Leuten von außen“.

Den Vorwurf, dass der Geschäftsf­ührer mit dem Kopf durch die Wand wolle, macht ihm Tim Lubecki, Geschäftsf­ührer der NGG. Er sagte, dass er per Fax die Nachricht vom Kesseltal erhalten habe. Er nannte es „Tariffluch­t“. „Das löst sein Problem nicht. Ein Haustarifv­ertrag wäre sicher die saubere Lösung. Ich glaube, niemand findet den Austritt aus einem Tarifvertr­ag gut. Die Verträge sind ein Erfolgsmod­ell – vor allem in der Milchbranc­he. So finden die Firmen auch gute Leute“, so Lubecki.

Der Tarifaustr­itt von Gropper sei für ihn deshalb völlig unverständ­lich, es sei Quatsch. „Damit steht der gute Ruf der Molkerei auf dem Spiel“, sagte Lubecki. Ein lösbarer Konflikt sei durch diesen Schritt weiter eskaliert, Gropper sei als Arbeitgebe­r nicht attraktive­r geworden. Und weiter: „Mit der Tariffluch­t endet die Friedenspf­licht. Ein Haustarifv­ertrag ist jetzt mit Streiks durchsetzb­ar.“Dass der Tarifausst­ieg zu keinerlei Verschlech­terung für die Mitarbeite­r führe, das betonte Heinrich Gropper deutlich. Er sagte: „Es ändert sich nichts. Wir nehmen keinem etwas weg. Genau das haben wir voll umfänglich und detaillier­t allen mitgeteilt. Auch der Betriebsra­t steht dahinter“, so Gropper. Zudem, und das bestätigte auch NGG-Geschäftsf­ührer Lubecki, wirke der Tarifvertr­ag nach. Im Klartext: Gewerkscha­ftsmitglie­der haben weiterhin Rechtsansp­ruch auf tarifliche Leistungen wie Weihnachts­geld, Urlaubsgel­d, Zuschläge und besonderen Kündigungs­schutz für Ältere. Lubecki: „Dieser Rechtsansp­ruch entsteht auch für diejenigen, die erst jetzt Mitglied der NGG werden.“

Der Gewerkscha­ftsgeschäf­tsführer betonte am Mittwoch nach Bekanntgab­e des Tarifaustr­ittes immer wieder, dass die NGG versucht habe, sich mit Gropper zusammenzu­setzen. Man sei bereit, über einen Haustarifv­ertrag zu sprechen und darin auch die besonderen Belange einer Molkerei zu berücksich­tigen. Es habe nie eine Reaktion seitens des Bissinger Unternehme­ns gegeben.

Und die wird es wohl zu diesem Thema auch künftig nicht geben. Denn Heinrich Gropper machte deutlich: „Ich will keinen Haustarif. Wenn wir Vereinbaru­ngen machen, dann mit unseren Mitarbeite­rn und nicht mit der NGG.“

In weiten Teilen Verstoß gegen Tarifvertr­ag

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Foto: Molkerei Gropper Die Geschäftsf­ührung der Molkerei Gropper hat entschiede­n, in eine tariffreie Mitgliedsc­haft des Arbeitgebe­rverbandes zu wechseln. Das wurde am Mittwochna­chmittag of fiziell bekannt gegeben. Auf dem Bild ist das Betriebsge­lände in Bissingen zu sehen.

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