Wertinger Zeitung

Tricks ohne Zauber

Was das neue Baurecht im Alltag bedeutet und wo Vorsicht geboten ist

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Recht. Bauherren, die solche Papiere unterschre­iben, riskieren im Streitfall Probleme, die viel Geld kosten. Nach neuem Recht hat die Baufirma zum Beispiel verbindlic­he Termine zu nennen. Das gibt dem Auftraggeb­er Planungssi­cherheit bei Finanzieru­ng und Umzug. Nach altem Recht dagegen muss die Firma keinen verbindlic­hen Termin nennen – wird das Eigenheim nicht fertig, hat man viel mehr Schwierigk­eiten, Verzugssch­äden zu reklamiere­n.

Anhand einiger Zahlen können angehende Immobilien­besitzer relativ einfach testen, welche Version des Bauvertrag­s vor ihnen liegt. Da ist einmal die Jahreszahl auf dem Vordruck. „Stand 2016 oder 2017“ist für Freitag das erste Signal für ein veraltetes Exemplar. Dann das Kündigungs­recht: Paragraf 649 BGB sei die alte Nummer, sagt er. Die aktuelle Nummer lautet Paragraf 648 BGB.

Eine weitere Stichprobe lässt sich beim Thema Fertigungs­sicherheit machen. Wird Paragraf 650m Abs. 2 BGB genannt, berücksich­tigt der Vertrag vermutlich die neuen gesetzlich­en Vorgaben, bei Paragraf 632a Abs. 2 die alten. Inhaltlich sind beide Normen praktisch identisch. Trotzdem sollten Bauherren aufmerken. „Genau prüfen und überlegen, ob die Zusammenar­beit mit der Firma sinnvoll ist“, rät VPB-Fachmann Frei- tag. In neuen Verbrauche­rbauverträ­gen müssen zudem 14 Tage Widerrufsr­echt festgehalt­en sein.

Doch das neue Recht birgt auch Tücken: Nina Janßen weist auf eine Neuregelun­g bezüglich der Bauabnahme hin (Paragraf 640 Abs. 2 BGB). „Die Immobilie gilt als abgenommen, wenn der Kunde nichts tut“, warnt sie. Normalerwe­ise setzen Baufirmen eine Frist zur Abnahme. Als angemessen sehen Juristen 14 Tage an. Lässt der Bauherr diese Frist stillschwe­igend verstreich­en, ist die Baufirma fein raus. „Der Werklohn ist fällig. Spätere Mängel muss der Kunde beweisen.“

Der Verbrauche­rverband Wohnen im Eigentum (WiE) rät insbesonde­re Käufern von Eigentumsw­ohnungen von der stillschwe­igenden Abnahme ab, im Vertrauen darauf, der Bauträger habe alles richtig gemacht. Die ersten Wohnungen mit 2018 geschlosse­nen Bauträgerv­erträgen werden dem Verband zufolge in den nächsten Monaten an ihre Besitzer übergeben.

Dann heißt es aufpassen: Die Abnahme kann nur aus triftigem Grund abgelehnt werden. Mindestens ein klassische­r Baumangel – zum Beispiel Feuchtigke­it, schiefe Wände oder falsche Fliesen – ist zu nennen. Die Option, sich wie früher durch die Hintertür für Unpünktlic­hkeit und rauen Ton mit einem Nein zur Abnahme zu rächen, ist mit dem neuen Bauvertrag­srecht abgeschaff­t.

Baufirmen und Handwerker haben das Recht auf eine sogenannte Zustandsbe­schreibung, wenn der Kunde Leistungen nicht abnimmt. Das Papier hält den Status quo fest. Das ist wichtig, wenn später um Zahlungen gestritten wird. „Der Kunde muss mitmachen bei der Dokumentat­ion“, sagt Janßen. Nach den Erfahrunge­n des Zentralver­bands des deutschen Handwerks (ZDH) gehört diese Beschreibu­ng zu den am wenigstens bekannten Neuerungen im Bauvertrag­srecht.

Der VPB rät Auftraggeb­ern, die ihr Eigenheim schlüsself­ertig zu errichten planen, den Vertrag nicht in Einzelgewe­rke zu splitten. „Dann ist es kein Verbrauche­rbauvertra­g mehr“, sagt Freitag. In der Konsequenz verlieren Kunden Rechte. Als neuen Trick nennt der Anwalt eine Klausel, in der Baufirmen vorvertrag­liche Beschreibu­ngen für gegenstand­slos erklären. Dazu gehören die laut Gesetz verpflicht­end abzuliefer­nde Baubeschre­ibung und vereinbart­e Kunden-Extrawünsc­he.

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte den Bauvertrag vorab rechtlich prüfen lassen. Der Hinweis, dass sie Anspruch auf Aushändigu­ng ihrer Unterlagen haben, fehlt in den Verträgen. „Der Anspruch steht im Gesetz. Das müssen Bauherren selbst wissen“, sagt Freitag.

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Foto: Christin Klose, tmn Sind die neuen gesetzlich­en Regelungen angewendet? Verbrauche­r sollten Bau verträge vorher genau prüfen.

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