Wertinger Zeitung

Gewerkscha­ft: Zugpersona­l ohne Reserven

Funktionär erläutert Hintergrün­de, warum viele Fahrgäste derzeit auf Busse und Autos umsteigen müssen

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Donauwörth/Dillingen Viele Fahrgäste auf der Donautalba­hn müssen in diesen Tagen und Wochen auf Busse oder gar das Auto umsteigen. Durch krankheits­bedingte Ausfälle hat das Unternehme­n Agilis, das für den Personenve­rkehr auf der Strecke Ulm – Donauwörth – Ingolstadt verantwort­lich ist, gleich sieben Züge auf dem täglichen Fahrplan gestrichen. Dieser Zustand wird Wochen andauern. Für Uwe Böhm kommt das nicht überrasche­nd. Der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Deutscher Lokführer (GDL) beobachtet seit Längerem mit Sorge, dass bei Agilis und anderen Eisenbahng­esellschaf­ten das Personal knapp ist – zu knapp, wie sich nun zeige.

„Das ist nicht nur ein Problem von Agilis“, sagt Böhm. Natürlich leide die Branche unter Fachkräfte­mangel. Das Problem sei aber auch hausgemach­t. Die Tatsache, dass der jeweils günstigste Anbieter den Zuschlag für ein bestimmtes Schienenne­tz bekomme, habe in den vergangene­n Jahren dazu geführt, dass die Firmen hart kalkuliert­en. Bereitscha­ftskräfte, die im Notfall kurzfristi­g einspringe­n können, seien im Nahverkehr immer weiter reduziert worden: „Da kommt am Ende so etwas heraus.“

Ebenso scheuten viele Unternehme­n, darunter auch Agilis, die Kosten für eine Ausbildung ihrer Lokführer beziehungs­weise Triebfahrz­eugführer im Rahmen einer dreijährig­en Lehre. Vielmehr setze die Firma auf eine Qualifizie­rung von Erwachsene­n. Die können – sofern sie eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung haben – innerhalb von neun Monaten die Lizenz zum Führen eines Triebwagen­s erwerben. Die GDL kritisiere immer wieder, dass der Lehrberuf ins Abseits geraten sei, erklärt der Gewerkscha­fter.

Die politisch gewollte Kleinteili­gkeit des Schienenne­tzes in Bayern – es gibt über 40 Teilnetze – mache das System anfälliger. Bei Agilis sei die personelle Lage schon seit Monaten äußerst angespannt. Zum Teil hätten Triebfahrz­eugführer 200 und mehr Überstunde­n. Nicht selten dauere eine Schicht zehn Stunden.

Derweil hofft man bei Agilis, dass keine weiteren Mitarbeite­r erkranken. Mit der Streichung von Zügen und dem bis 28. September anberaumte­n Ersatzverk­ehr mit Bussen wolle man die Situation stabilisie­ren und für die Fahrgäste überschaub­ar halten, heißt es aus der Zentrale in Regensburg. (wwi) »Kommentar

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Wochenlang fallen mehrere Zugverbind­ungen der Agilis auf der Strecke aus. Sieben Züge sind gestrichen worden.

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