Watschn für Giefer
Zwei Missgeschicke des Torhüters kosten dem FC Augsburg in Mainz den Sieg. Die Fehler reihen sich ein in eine turbulente Schlussphase, in der nicht nur Giefer danebenliegt
Mainz Als Fabian Giefer im Durchgang zwischen Kabinentrakt und Spielfeld auf René Adler traf, fand der verletzte Torwart des FSV Mainz 05 tröstende Worte für den Kollegen des FC Augsburg. Torhüter wissen, welches Schicksal sie teilen. Dass sie gefeiert werden, wenn sie Punkte festhalten. Dass sie andererseits als Sündenbock herhalten müssen, wenn sie Gegentore verschulden.
Giefer hatte an diesem Nachmittag Trost nötig. In der Mainzer Arena lag der FC Augsburg in Führung, nur noch Minuten war er vom Auswärtserfolg entfernt, ehe Giefer mit folgenschweren Fehlgriffen einen Sieben-Punkte-Start in die Bundesligasaison zunichtemachte. „Mir tut das für die Mannschaft brutal leid“, bedauerte Giefer, als er sich im Bauch der Arena den Fragen der Medienvertreter stellte. „Beide Dinger muss ich sauber klären. Dass so etwas zweimal in der Endphase passiert, das ist brutal. Daraus muss ich persönlich lernen.“
In der 87. Minute nutzte der Mainzer Anthony Ujah Giefers unfreiwillige Vorlage, in der Nachspielzeit vollendete Alexandru Maxim. Augsburgs Trainer Manuel Baum verteidigte seinen Torhüter gegen ausufernde Kritik. Baum begründete
Torschütze Ji verletzt sich beim Jubel
nach Spielschluss: „Wir hängen alle mit drin. Sich einen Schuldigen herauszupicken, fände ich unfair.“
Nach dem Abgang von Marwin Hitz hatte sich Baum unmittelbar vor Saisonbeginn für Giefer als Stammkraft zwischen den Pfosten entschieden. In den ersten Partien hinterließ der groß gewachsene Schlussmann einen sicheren Eindruck, hängen bleiben werden fürs Erste die Geschehnisse in Mainz.
Giefer allein war indes nicht schuld, dass den Augsburgern in der Schlussphase der Sieg aus den Händen glitt. Die Voraussetzungen für einen Auswärtssieg waren zu diesem Zeitpunkt bestens, nachdem der eingewechselte Dong-Won Ji den FCA sehenswert in Führung gebracht hatte. Minuten zuvor eingewechselt, nutzte er den Raum, den ihm die Mainzer ließen, und schickte den Ball aus rund 25 Metern unten links ins Eck (82.).
Wie nah Freude und Leid beieinanderliegen, erfuhr der Südkoreaner Sekunden später. Seinen ersten Treffer für den FCA seit Dezember 2016 bejubelte er euphorisch mit einem Sprung, bei der Landung verdrehte er sich das Knie. Mit dieser unglücklichen Szene erklärte Sportgeschäftsführer Stefan Reuter ein Stück weit die Unruhe, die fortan in Augsburgs Defensive vorherrschte. Für die Mitspieler sei dies mental nicht einfach, merkte Reuter an. Er räumte allerdings ebenso ein, man hätte den Vorsprung besser verteidigen müssen. Trainer Baum hatte darauf verzichtet, für Ji einen kopfballstarken Defensivspieler einzuwechseln, stattdessen beorderte er Angreifer Sergio Córdova aufs Feld.
Reuter wirkte gefasst, nachdem er eine Stunde zuvor von Emotionen gepackt war. Schiedsrichter Martin Petersen hatte Reuter gar auf die Tribüne geschickt. In einem Gespräch in der Schiedsrichterkabine erläuterte Petersen Reuter, dieser hätte in Summe für zu viel Unruhe am Spielfeldrand gesorgt. Reuter wartet nun auf Petersens Bericht, rechnet aber mit keinem Nachspiel. „Wenn das bestraft wird, muss es an jedem Spieltag hundert Hinausstellungen geben“, äußerte Reuter.
Dass es den 51-Jährigen, ebenso wie das Gros der Ersatzspieler, nicht mehr auf der Bank gehalten hatte, begründete sich in der turbulenten Schlussphase, in der die Augsburger dem Mainzer Siegeswillen nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Reuter, Baum und die FCA-Spieler übten sich in Selbstkritik, gaben dem Schiedsrichter aber eine Teilschuld, weil er vor dem 1:2 ein vermeintliches Foulspiel an Martin Hinteregger nicht erkannt hatte. Die Partie in Mainz lieferte jedenfalls ausreichend Stoff, über den die Mitglieder des FCA am Dienstag auf der Jahreshauptversammlung diskutieren können. Mainz Müller – Brosinski, Bungert (78. Gürleyen), Niakhaté, Martín – Baku (86. Maxim), Kunde – Onisiwo, Burkardt, Quai son – Mateta (73. Ujah) Augsburg Giefer – Schmid, Gouweleeuw, Hinteregger, Max – R. Khedira – Koo, Baier – Hahn, Richter (60. Caiuby) – Gregoritsch (73. Ji/84. Córdova) Tore 0:1 Ji (82.), 1:1 Ujah (87.), 2:1 Ma xim (90.+3) Schiedsrichter Petersen (Stuttgart) Zuschauer 21 105
Karl-Heinz Rummenigge ist ein weiser Mann. Zumindest hat er sich viel Wissen angelesen. Oder erzählt bekommen. Jedenfalls weiß er, dass Stillstand Rückschritt bedeutet. Auch deswegen mahnte er vergangene Woche an, dass ihm innerhalb der Deutschen FußballLiga (DFL) die Vision fehle, wohin es denn in den kommenden Jahren gehen soll. Die DFL ist dafür zuständig, die reichen Vereine noch reicher zu machen und den armen Klubs das Gefühl zu geben, auch irgendwie wichtig zu sein. Die DFL vermarktet die Bundesliga.
Wie aber lässt sich nun noch mehr Geld generieren? Einige glauben immer noch, dass sich Millionen im Ausland verdienen lassen. Weil die Bundesliga ein Premiumprodukt sei und der asiatische Markt nur ein wenig Zeit brauche, um davon überzeugt zu werden, dass Partien wie Hoffenheim gegen Mainz oder Frankfurt gegen Hertha Geld wert sind. Die gleichen Leute glauben, dass eine Halbzeitshow das Pokalfinale aufwertet.
Viel einfacher ist es, den heimischen Fans das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die haben schon als Käufer dreier verschiedener Trikots pro Saison bewiesen, dass sie ein relativ zwangloses Verhältnis zu ihrem Kontostand haben. Warum also nicht einfach mit den Stadiongängern die Bilanz aufpolieren? Wo steht denn geschrieben, dass man Tickets nur für ein komplettes Spiel verkaufen kann?
Es lohnt sich, Eintrittskarten für einzelne Halbzeiten zu verhökern. Noch besser: minutengetaktet. Der vergangene Spieltag hat wieder gezeigt, dass die Schlussphase besonders spannend, torreich und daher sehenwert ist. Der FC Augsburg schießt sich vermeintlich zum Sieg und patzt sich doch noch zur Niederlage. Hoffenheim gleicht aus –