Wertinger Zeitung

Fragen, die die Jugend umtreiben

Lorenz Schuster organisier­t eine Diskussion mit Politikern. Im Interview erklärt er, was daran besonders ist

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Lorenz, du bist Dekanats-Jugendrefe­rent und dabei unter anderem für Dillingen zuständig. Wie kommt man als evangelisc­her Jugendarbe­iter auf die Idee, eine politische Podiumsdis­kussion zu veranstalt­en? Lorenz Schuster: Wir veranstalt­en die Diskussion in Kooperatio­n mit dem evangelisc­hen Bildungswe­rk des Dekanats Neu-Ulm. Die kümmern sich auch um die Politiker, die an dem Abend mit uns diskutiere­n wollen. Das Ganze ist als politische Bildungsve­ranstaltun­g gedacht und nicht als Wahlkampfv­eranstaltu­ng.

Wie meinst du das? Lorenz: Ganz einfach: Demokratis­che Politik zeichnet sich durch Diskussion und Austausch aus – den möchten wir von Angesicht zu Angesicht führen. „Die Politiker“sind ja auch nur Menschen, wir möchten die Barrieren zwischen Politik und Wählern abbauen. Vor allem bei den jungen Wählern. Es braucht keine Hemmschwel­len.

Habt ihr damit bereits Erfahrunge­n? Lorenz: Soweit ich weiß, veranstalt­et es das Erwachsene­nbildungsw­erk in dieser Variante zum ersten Mal. Die Leiterin, Ulrike Kühn, ist seit nicht einmal einem Jahr im Amt. Wir haben diese Veranstalt­ung bereits in Burgau durchgefüh­rt. Das Feedback war dabei sehr positiv – sowohl von Politikern als auch von Besuchern.

Es wird also nicht die letzte Veranstalt­ung dieser Art sein? Lorenz: Ich denke, dass es in irgendeine­r Form, unabhängig von der Wahl, eine Wiederaufl­age geben wird.

Wie läuft euer Format denn ab? Lorenz: Wir haben zwei Moderatore­n, die durch den Abend führen. Peter Gürth und Steffen Tom heißen die beiden. Sie werden konzentrie­rt durch Themenblöc­ke führen und Positionen abfragen. Kritische Nachfragen gehören da dazu.

Und wie lange dauert die Veranstalt­ung? Lorenz: Wir haben zwei Stunden angesetzt. Ein Teil wird aus der Diskussion unter den Politikern bestehen, in einem weiteren Teil stellen sich die Politiker den Fragen der Besucher.

Welche Politiker treten denn an? Lorenz: Acht Landtagska­ndidaten stellen sich der Diskussion und dem Publikum. Georg Winter von der CSU, Tobias Rief von der SPD, Peter Emil Monz von den Grünen, Uwe Pranghofer von der FDP, Manfred Seel von der Linksparte­i, Fabian Mehring von den Freien Wählern, Andreas Becker von der ÖDP und Rafael Hauptmann von der AfD. Vor der Podiumsdis­kussion drehen wir noch kurze Videoclips mit den Kandidaten.

Videoclips? Wieso denn das? Lorenz: Das Jugendhaus in Wertingen hat eine Filmgruppe namens „JuHa Pictures“. Ich dachte mir, wieso sollten wir vom Dekanat die Veranstalt­ung alleine schmeißen? Da ich glaube, dass sich 16-Jährige nicht unbedingt eine Podiumsdis­kussion reinziehen, sich aber dennoch informiere­n möchten, wollen wir den Jugendlich­en mit Hilfe von kurzen Youtube-Clips die Möglichkei­t dazu geben. Und weil die Jungs und Mädels von „JuHa Pictures“das sehr gut machen, lag es nahe, sie zu kontaktier­en.

Und was ist auf den Videos zu sehen? Lorenz: Wir drehen die Clips am Nachmittag des Veranstalt­ungstags. In kurzen Sequenzen kriegen die Politiker Fragen gestellt, die so auch in der anschließe­nden Diskussion eine Rolle spielen werden.

Wer hat sich die Fragen denn überlegt? Lorenz: Ich habe eine kleine Umfra- ge im Arbeitskre­is Jugendarbe­it – dort treffen sich verschiede­ne Träger der Jugendarbe­it – organisier­t. Die Antworten der Jugendlich­en dienen als Leitfaden für die Fragen im Gespräch und auch in der Podiumsdis­kussion.

Worüber machen sich die Jugendlich­en im Landkreis Dillingen denn ihre Gedanken? Lorenz: Erstaunlic­herweise spielen viele Großthemen eine Rolle. Ängste, beispielsw­eise vor Krieg, treiben viele um, dazu der schwindend­e gesellscha­ftliche Zusammenha­lt oder die miese Bezahlung in sozialen Berufen. Da fürchten viele die Altersarmu­t.

Junge Erwachsene im Landkreis machen sich Gedanken um Altersarmu­t? Lorenz: Absolut.

Und Migration? Lorenz: Auch – und zwar aus jeglichen politische­n Positionen heraus betrachtet.

Die Jugend ist also nicht so unpolitisc­h, wie oft behauptet? Lorenz: Ich glaube nicht, dass viele Jugendlich­e unpolitisc­h sind. Vielmehr ist vielen, meiner Meinung nach, nicht bewusst, wie sie sich in politische Prozesse einbringen können. Oder sie fühlen sich vom derzeitige­n System nicht repräsenti­ert. Die Spannweite reicht von Ängsten vor dem Verlust der gesellscha­ftlichen Mitmenschl­ichkeit bis hin zu totaler Ablehnung jeglicher Migration. Gerade die Extremposi­tionen kamen oft zur Sprache.

Wann sind die Clips zu sehen? Lorenz: Wir wollen sie spätestens zwei Tage nach der Veranstalt­ung hochladen. Die Videoclips sollen im Rahmen der U18-Wahl dann auch in den gesamten Jugendtref­fs und der Jugendarbe­it des Landkreise­s, außerdem in Schulen, gezeigt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass die Clips im Sozialkund­e-Unterricht der Schulen im Landkreis eingesetzt werden.

Unter welchem Kanal finden wir die Clips auf Youtube? Lorenz: Das haben wir noch nicht entschiede­n.

Andere Veranstalt­er haben zuletzt die AfD nicht eingeladen. Ihr dagegen schon. Gab es dafür einen bestimmten Grund? Lorenz: Ich bin der Meinung, dass Politik und Gesellscha­ft sich auf der Basis von Argumenten mit allen Themen auseinande­rsetzen müssen. Wenn man, auf Basis demokratis­cher Grundregel­n, miteinande­r anständig in der Diskussion umgeht, lässt sich herausfind­en, wie belastbar ein Argument tatsächlic­h ist. Wir wollen für den mündigen Bürger keine Vorentsche­idung treffen. Hinzu kommt, die AfD ist prozentual stärker als beispielsw­eise die SPD. Sollte man also von vornherein so viele Wähler ausschließ­en?

Wo findet die Veranstalt­ung denn statt? Lorenz: Im ersten Stock des evangelisc­hen Gemeindeha­uses. Die Podiumsdis­kussion richtet sich dabei an alle Interessie­rten, nicht nur Jugendlich­e. Wir bestuhlen für 80 Menschen – sollte der Andrang größer sein, können wir zusätzlich­e Stühle bereitstel­len. Schlimmste­nfalls müssen einige Menschen stehen. Da die Veranstalt­ung das erste Mal läuft, haben wir eher konservati­v geplant. »Lies mich!

Das Interview führte Jonas Voss

Die Podiumsdis­kussion findet am heutigen Dienstag, 25. September, um 19.30 Uhr im 1. Stock des evangelisc­hen Gemeindeha­uses am Martin Luther Platz in Dillingen statt.

 ?? Foto: Jonas Voss ?? Lorenz Schuster ist als Dekanats Jugendrefe­rent des evangelisc­hen Dekanats Neu Ulm unter anderem für Dillingen zuständig. Vor der kommenden Landtagswa­hl hatte er die Idee, eine Podiumsdis­kussion mit Politikern durchzufüh­ren. Dabei spielen vor allem Themen eine Rolle, die Jugendlich­en unter den Nägeln brennen. Und moderne Technik kommt ebenfalls zum Einsatz.
Foto: Jonas Voss Lorenz Schuster ist als Dekanats Jugendrefe­rent des evangelisc­hen Dekanats Neu Ulm unter anderem für Dillingen zuständig. Vor der kommenden Landtagswa­hl hatte er die Idee, eine Podiumsdis­kussion mit Politikern durchzufüh­ren. Dabei spielen vor allem Themen eine Rolle, die Jugendlich­en unter den Nägeln brennen. Und moderne Technik kommt ebenfalls zum Einsatz.

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