Wenn das Baby die Arbeit stört
Schon wieder hat das digitale Zeitalter einen Menschheitstraum verwirklicht: Mithilfe mobiler Endgeräte ist die Trennung von betrieblichem Arbeitsplatz und privatem Lebensbereich endgültig überwunden. Mithilfe des Smartphones verwandelt der moderne Mensch seine Wohnung in ein Homeoffice. Sogar in der Badewanne kann er elektronisch erreicht werden und die trockenen Anweisungen seines Chefs entgegennehmen. Ein paar kleine Probleme müssen allerdings noch gelöst werden. Wie wird dem Baby im Heimbüro beigebracht, dass es nicht schreit, wenn die Mutter am mobilen Endgerät gerade eine verschwiegene Firmenbilanz frisiert? Wer sagt den Bekannten, dass sie nicht anrufen sollten, wenn ihr Homeoffice-Freund soeben dabei ist, die solide Finanzbasis seines Betriebs mit der Anfertigung von perfekten Mahnschreiben zu festigen? Wer kann verhindern, dass sich sein Unternehmen ausgerechnet dann rührt, wenn der ansonsten rührige Mitarbeiter ungerührt bleiben will, weil ihm seine Freundin auf rührende Weise ihre Liebe erklärt?
Die neue Arbeitsform hat vieles verändert und auch einen weiteren markanten Satz der Weltliteratur infrage gestellt. Überholt ist, was Karl Marx 1844 in seinen „Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“behauptete: „Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet, ist er nicht zu Haus.“