Kaeser darf nicht zu den Saudis fahren
Soll der Siemenschef nach SaudiArabien reisen?
Dass Joe Kaeser zögert, nächste Woche an einer InvestorenKonferenz in Saudi-Arabien teilzunehmen, zeigt: Am Gewissen des Siemens-Chefs nagen schon moralische Skrupel. Wie würde das auch zusammenpassen: zu Hause der AfD samt seiner Spezial-Feindin Alice Weidel twitternd die Stirn bieten und in Riad um die Gunst der Mächtigen buhlen, an deren Händen Blut klebt? Moral ist keine flexible Größe, sondern ein Fixstern der Existenz.
Dabei kann der 61-Jährige ein ethisches Aufbaustudium allein dank der eigenen Firmen-Internetseite absolvieren. Dort steht: „Siemens business is clean business.“Kaesers Vorgänger Peter Löscher hat das so übersetzt: „Nur saubere Geschäfte sind Siemens-Geschäfte.“Doch Geschäfte mit Saudi-Arabien wirken stets very dirty, also extrem schmutzig.
Das waren sie schon von jeher. Denn auch der Siemens-Chef kennt sicher die Berichte der Organisation Human Rights Watch. Demnach wurden in Saudi-Arabien seit 2014 rund 600 Menschen hingerichtet, also enthauptet. Das bestialische Schauspiel geht leider weiter, obwohl Kronprinz Mohammed bin Salman Besserung gelobt hatte. Und da Gerüchte nicht verstummen wollen, dem regimekritischen Journalisten Kaschoggi seien in der saudischen Botschaft in Istanbul von Häschern der Scheichs Finger abgeschnitten worden, um den Mann schließlich mit einer Säge zu zerteilen, sollte Kaeser nicht nach Riad fliegen. Warum nicht einige Tage in einem bayerischen Kloster über die moralischen Siemens-Regeln meditieren. Dort ist von „Null-Toleranz gegenüber Rechtsverstößen“die Rede. Wie der Siemens-Chef zu ausländerfeindlichen Äußerungen der AfDFrau twitterte: „Lieber KopftuchMädel als Bund Deutscher Mädel. Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt“, könnte er sich selbst ermuntern: „Joe, haudi Saudi!“Damit würde er eine Schlagzeile der Bild aufgreifen. Das Blatt hatte 2002 Team-Chef Rudi Völler aufgefordert: „Rudi, haudi Saudi.“
Das Spiel gegen Saudi-Arabien ging übrigens 8:0 für uns aus. Jetzt muss Kaeser treffen. Stefan Stahl