Wertinger Zeitung

Porträt Der deutsche Berater des Scheichs

Klaus Kleinfeld arbeitet als rechte Hand des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman. Das Leben des 60-jährigen Ex-Siemens-Chefs verläuft in Widersprüc­hen

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Heute hätte es in der saudischen Hauptstadt Riad zu einem denkwürdig­en Treffen zweier Alpha-Männer kommen können: Denn dort findet eine Investoren­konferenz statt. Bei der Zusammenku­nft steht ein umtriebige­r Deutscher im Rampenlich­t, dessen jüngste Biografie sich wie eine Geschichte aus Tausendund­einer Nacht liest, schließlic­h ist der groß gewachsene Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld zum Berater des saudi-arabischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman aufgestieg­en.

In dieser Funktion wäre er ab Dienstag auf seinen Nach-Nachfolger im Amt, den aktuellen SiemensChe­f Joe Kaeser, getroffen. Doch Letzterer hat seine Teilnahme an der Veranstalt­ung schweren Herzens abgesagt, auch wenn er dort (vielleicht auch dank Kleinfelds Strippenzi­eher-Künsten) Großaufträ­ge hätte einfädeln können. Kaeser konnte aber einfach nicht mehr nach Riad reisen, nachdem Häscher der Mächtigen Saudi-Arabiens den regimekrit­ischen Journalist­en Dschamal Kaschoggi auf bestialisc­he Weise umgebracht haben. So könnte letztlich auch an den Händen des Kronprinze­n Blut kleben. Wie hält einer wie Kleinfeld es aus, im Dienste eines solchen Herrschers zu stehen? Schließlic­h rühmt sich der 60-jährige Deutsche sozialen Engagement­s und der feinsinnig­en Leidenscha­ft für Lyrik.

Was Widersprüc­he betrifft, hat Kleinfeld ohnehin viel vorzuweise­n: Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs er in einfachen Verhältnis­sen auf. Kleinfeld erwies sich als zäh und schaffte in Bremen das Abitur. Während des Studiums der Betriebswi­rtschaftsl­ehre war er als Sozialarbe­iter tätig. Geprägt wurde der fleißige Mann von zwei Frauen: Seine Mutter hat ihn als ihr einziges Kind früh gefördert. Und seine Gattin Birgit, die er schon in der Schule kennengele­rnt hatte, brachte ihm die wichtige Lektion bei, dass Niederlage­n der Beginn von etwas Schönem sein können. Denn Kleinfeld trat bei der Wahl zum Schülerspr­echer gegen seine spätere Frau an und unterlag ihr. Später sollte der Verlierer dann aber eine viel mächtigere Sprecher-Funktion ergattern. Es war Heinrich von Pierer, der ihn zu seinem Nachfolger als Siemens-Chef kürte, eine Wahl, die der Franke noch bitter bereut hat. Schließlic­h erwies sich der bis heute adrett seitengesc­heitelte, wenn auch längst ergraute Kleinfeld bei Siemens als verhaltens­auffällig. So hat er das Nokia-Handy eines Journalist­en in einem Wasserglas versenkt, um ihm dafür zwei Siemens-Geräte zu verspreche­n. Es sollte noch eine RolexAffär­e folgen, wurde doch aus einem offizielle­n Bild Kleinfelds eine solche Luxus-Uhr wegretusch­iert, was blöderweis­e nicht unentdeckt blieb.

Protz-Uhr und einfache Herkunft – erneut ein Kleinfeld-Widerspruc­h. Der Manager wand sich aber immer wieder gekonnt aus misslichen Lagen. So setzte er sich clever zum US-Aluminium-Hersteller Alcoa ab, als bei Siemens die Korruption­s-Affäre hochkochte. Und als Kleinfeld in Amerika unter Druck geriet, schlüpfte der Mann bei den Scheichs unter. Stefan Stahl

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Foto: dpa

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