Wertinger Zeitung

„Den Bilderbuch-Bayern spiele ich nur“

Joseph Hannesschl­äger ist der gemütliche­re der beiden „Rosenheim-Cops“, der Kommissar Korbinian Hofer. Wie der gelernte Koch zur Schauspiel­erei kam und was ihn aktuell am meisten nervt

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Es gibt inzwischen mehr als 400 Folgen der Rosenheim-Cops und drei Fernsehfil­me. Und gerade sind wieder 25 neue Folgen gestartet. Was macht denn den Erfolg dieser Serie aus? Joseph Hannesschl­äger: Ursprüngli­ch war die Serie sehr auf die beiden Kommissare fokussiert. Ich denke, der Korbinian, den ich spiele, ist eine gute Identifika­tionsfigur für die Zuschauer. Er hat viele Schwächen, die er mit dem Zuschauer teilt.

Was denn? Hannesschl­äger: Nun, er hat Gewichtspr­obleme, Geldproble­me, der Vorgesetzt­e nervt, ebenso die Kollegen, die Schwester, und er ist etwas gestresst von der Doppelbela­stung Arbeit am Hof und der Aufgabe, den Fall zu lösen. Das kennen die Zuschauer auch, dass das tägliche Leben viel von einem fordert. Aber irgendwie löst der Korbinian seine Fälle doch immer wieder und steht am Ende als Sieger da. So gibt er dem Zuschauer Hoffnung, dass er sein eigenes Leben genauso meistern wird.

Die Rosenheim-Cops tragen keine Waffen, also wird auch nicht geschossen. Würden Sie gerne mal ein bisschen mehr Blut fließen sehen? Hannesschl­äger: Nein, überhaupt nicht. Das wäre völlig unnötig. Der Zuschauer sieht genug Tatort-Dramen und sonstige Blutgeschi­chten. Zu unserer Sendezeit kommen die Leute von der Arbeit heim und sehen uns oft nebenbei zum Abendessen. Da ist leichte Unterhaltu­ng besser verdaulich.

Sie sagten mal, ich glaube, meine Statur ist für die Rolle als Rosenheim-Cop ein klarer Vorteil. Warum denn? Hannesschl­äger: Das habe ich schon angerissen. Der Korbinian ist noch dicker als die meisten Fernsehzus­chauer, seine Gewichtspr­obleme teilen aber viele.

Was halten Sie denn von aktuellen Trends wie Selbstopti­mierung? Hannesschl­äger: Was ist denn das? (lacht) Im Ernst, was meinen Sie damit genau?

Na ja, immer schlanker, immer besser, immer weiter, immer gesünder. Hannesschl­äger: Klar, aber das ist nicht nur Lifestyle, das zieht sich auch in der Produktion­s- und Arbeitswel­t durch, wo alles immer billiger, aber mindestens genauso toll sein muss. Immer mehr in kürzerer Zeit. Das ist leider ein allgemeine­r Trend, der mir nicht gefällt und der wohl keinem gefällt. Aber es ist schwierig, dagegenzuw­irken. Sind Sie ein politische­r Mensch? Hannesschl­äger: In gewissem Maß schon. Ich laufe nicht bei jeder Demo mit und weiß auch nicht, ob ich von allem eine Ahnung habe. Aber ich rege mich schon über gewisse politische Entwicklun­gen auf.

Was nervt Sie am meisten? Hannesschl­äger: Das alte Problem der Menschheit – die allumfasse­nde Dummheit.

Geht das etwas konkreter? Hannesschl­äger: Es ist fasziniere­nd zu sehen, wie sehr die Leute auf den Populismus reinfallen. Ob das Trump in Amerika ist oder in England mit Nigel Farage und dem Brexit. Die belügen die Leute und alle fallen darauf rein. In Deutschlan­d haben wir mit der AfD ein ähnliches Phänomen. Sie erzeugen und schü- ren Ängste und erschaffen einen Sündenbock. Das erinnert mich an finsterste Zeiten in Deutschlan­d. Damals waren die Juden an allem schuld, heute sollen es die Flüchtling­e sein. Für die eigentlich­en Probleme in Deutschlan­d haben sie aber auch keine Lösungen.

Wo sind Sie politisch zu verorten? Hannesschl­äger: Man mag von den Linken halten, was man will. Aber was Frau Wagenknech­t sozialpoli­tisch sagt, halte ich großteils für richtig. Darum gefällt mir auch ihre Idee einer parteiüber­greifenden Sammlungsb­ewegung, die für soziale Gerechtigk­eit kämpft.

Sie wirken auf den Zuschauer nicht wie ein linker Intellektu­eller, sondern eher wie ein Bilderbuch-Bayer. Hannesschl­äger: Ich bin auch kein linker Intellektu­eller. Ich sehe nur die Missstände im Land und höre mir an, was die Politiker dazu sagen. Dass ich einige Aussagen von Frau Wagenknech­t für sinnvoll halte, hat nichts mit meiner politische­n Ausrichtun­g zu tun. Ich bin ein ganz normaler Münchner Bürger, den Bilderbuch-Bayern spiele ich in den Rosenheim-Cops.

Ist der gemütliche Rosenheim-Cop, Kriminalha­uptkommiss­ar Korbinian Hofer, Ihre Lebensroll­e? Hannesschl­äger: Schaut ganz so aus. Damit habe ich am meisten Erfolg und sie beschert mir ein erträglich­es Auskommen. Für mich gibt es allerdings auch im Theater einige Rollen, die mir wichtig sind.

Sie sind ein echter Münchner. Wollten Sie nie woanders leben? Hannesschl­äger: Ich fühle mich mehr als Münchner denn als Paradebaye­r. Aber auch in Berlin und in London bin ich sehr zu Hause.

Sie müssen in der Serie auch mal Kühe melken. Die Leute am Set sollen gestaunt haben, dass Sie das selbst können... Hannesschl­äger: Ja, das habe ich als Bub im Zillertal gelernt. In meiner Kindheit haben wir dort oft Urlaub auf einer Almhütte gemacht und oft auch die Wochenende­n dort verbracht. Nebenan waren bewirtscha­ftete Almen, da habe ich gerne mitgeholfe­n und hüten und melken gelernt. Später hat auch der Bauer bei den ersten Dreharbeit­en im Stall gestaunt.

Nach einer Ausbildung zum Koch machten Sie eine Schauspiel­ausbildung. Wie kam das zustande? Hannesschl­äger: Nun, ursprüngli­ch war ich in der Schule recht gut, Klassenbes­ter am Gymnasium. Da dachte ich, vielleicht werde ich mal Paläontolo­ge oder Biologe oder Historiker. Mit zunehmende­m Teenager-Alter trat die Schule dann aber in den Hintergrun­d, alles andere wurde wichtiger. Neben dem altersübli­chen Blödsinn auch Literatur, Theater und die Kunst an sich.

Und wie kam’s dann zum Schauspiel? Hannesschl­äger: Als ich einmal bei einem Schultheat­erstück mitmachte, sagte meine Deutschleh­rerin begeistert: Sie müssen Schauspiel­er werden! Da hatte mich aber das Schauspiel-Fieber eh schon gepackt. Aber als Sohn einer Beamtenfam­ilie war das weit weg für mich. Meine Eltern rieten mir, ich solle einen sicheren Beruf erlernen. Und so habe ich eine Kochlehre gemacht, die ich nicht missen möchte, weil ich da über das Kochen hinaus Wichtiges gelernt habe: Disziplin, Organisati­on, schnelles Arbeiten und Bewegungso­ptimierung.

Sie sind auch ein leidenscha­ftlicher Musiker. Komponiere­n und texten Sie? Hannesschl­äger: Ja klar. Ich habe vor sieben Jahren sogar mal ein Album produziert, das hieß: „München im Sommer“. Und ich habe erst diesen Sommer wieder zu komponiere­n begonnen. Anlässlich meiner Hochzeit habe ich meiner Frau ein Liebeslied geschriebe­n. Interview: Josef Karg

 ?? Foto: Tobias Hase, dpa ?? Die Rosenheim-Cops tragen keine Waffen. Und trotzdem löst Joseph Hannesschl­äger als Kommissar Korbinian Hofer jeden Fall. Gerade starteten 25 neue Folgen der Dauerferns­ehserie.
Foto: Tobias Hase, dpa Die Rosenheim-Cops tragen keine Waffen. Und trotzdem löst Joseph Hannesschl­äger als Kommissar Korbinian Hofer jeden Fall. Gerade starteten 25 neue Folgen der Dauerferns­ehserie.

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