Wertinger Zeitung

„Der Job war eine Hardcore-Erfahrung“

Ewald Lienen über seine Zeit als Trainer in Athen, ausstehend­e Gehaltszah­lungen und eine überrasche­nde Meistersch­aft des heutigen Bayern-Gegners

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Ihr Ex-Verein, AEK Athen, trifft in der Champions-League auf Bayern München. Haben Sie schon eine Einladung bekommen für die Partie im Athener Olympiasta­dion? Lienen: Diesen Verein gibt es ja nicht mehr! Nachdem AEK abgestiege­n ist und Insolvenz angemeldet hat, haben sie anscheinen­d alle Unterlagen vernichtet. So haben sie auch meine Adresse und Telefonnum­mer nicht mehr! (lacht) Jetzt fungiert der Verein mit neuer Steuernumm­er, neuer Anschrift und ohne die Altlasten und Verbindlic­hkeiten der Vergangenh­eit.

Deswegen haben Sie wahrschein­lich auch nicht die ausstehend­en Gehaltszah­lungen aus jener Zeit erhalten? Lienen: Das ist mehr als ärgerlich und grenzt ans Lächerlich­e. Das Verhalten der Verantwort­lichen ist, gelinde formuliert, inakzeptab­el! Ich habe in dieser Angelegenh­eit die Fifa eingeschal­tet, ohne jedoch bis dato Erfolg zu haben. Man muss sich das so vorstellen: Der Verein steigt direkt vom Oberhaus in die 3. Liga ab, bekommt eine neue Steuernumm­er und in diesem Moment erlöschen etliche Schulden und Verbindlic­hkeiten. Diese Gesetzesgr­undlage herrschte damals in Griechenla­nd. Noch skandalöse­r ist aber die Passivität der internatio­nalen Verbände, die keinen Druck auf den Verein und den nationalen Verband ausüben.

Es wird gemunkelt, dass der Abstieg von AEK im Jahr 2013 von externen Faktoren forciert wurde, damit der Verein anschließe­nd eine „weiße Weste“erhält. Hatten Sie so etwas mitbekomme­n? Lienen: Mir waren zu jenem Zeitpunkt die strukturel­len und finanziell­en Umstände nicht im vollen Umfang bekannt. Da ich aber eine „griechisch­e Vergangenh­eit“besaß, sah ich mich gewappnet. Zudem wurde ich in dieser Hinsicht, im Vorfeld, auch falsch beraten. Fakt ist, dass wir den Klassenerh­alt mit dieser jungen Mannschaft hätten sichern können, wenn alle mitgezogen hätten. In den letzten Wochen habe ich jedoch realisiert, dass manche Spieler und Funktionär­e, nicht dasselbe Ziel verfolgten. Wenn aber ein, zwei Spieler rückwärts, statt vorwärts spielen, ist das kontraprod­uktiv. (lacht)

Haben Sie ein Beispiel? Lienen: Eklatant war es beim letzten Spiel vor meiner Entlassung, wo der Kapitän auf mich zueilte und fragte, was da los sei. Resümieren­d würde ich sagen, dass der Job bei AEK eine Hardcore-Erfahrung für mich war, wobei ich die Fans, die Stadt und das Land bei meiner Beurteilun­g ausnehme, zumal ich auch rührende Solidaritä­tsbekundun­gen erlebt habe. Man darf nicht vergessen, dass zu je- ner Zeit die Finanzkris­e in Griechenla­nd auf ihren Höhepunkt war und etliche Spieler und Vereinsbed­ienstete schwer über die Runden kamen.

Haben Sie ein Bild vom aktuellen AEK-Team? Lienen: Ich kann mir kein Urteil erlauben, weil ich lediglich paar Szenen im Fernsehen gesehen habe. Ich kenne den Kapitän, Petros Mantalos, den ich damals schon von Xanthi holen wollte, jedoch, aufgrund der desolaten Finanzlage die Bemühungen ad acta legen musste. Ich weiß, dass sie seit dieser Saison einen neuen, griechisch­en Trainer haben, weil Vorgänger Manolo Jimenez nach Spanien zurückgeke­hrt ist, nachdem er AEK, nach 24 Jahren, zum Titelgewin­n geführt hat. Allerdings unter merkwürdig­en Umständen, zumal PAOK Saloniki lange Zeit dem Titel näher war. (schmunzelt)

Könnte die aktuelle „Bayern-Krise“eine Chance für AEK darstellen? Lienen: Durchaus. Ich weiß zwar nicht, was bei Bayern genau los ist, habe aber registrier­t, dass ihr Leistungsn­iveau, im Vergleich zum Saisonanfa­ng, rapide gesunken ist. Zudem scheint es, dass die gegnerisch­en Teams keine Angst mehr vor Bayern haben, wie Christoph Kramer von Borussia Mönchengla­dbach gesagt hat. Zudem hat Bayern das Pech, dass Coman und Tolisso verletzt ausgefalle­n sind. Ferner habe ich den Eindruck, dass bei Bayern und in der Nationalel­f manche Spieler seit vielen Jahren am Limit spielen und jetzt eventuell ausgelaugt sind. Und nun hat die Uefa auch noch diese nutzlose Nations League ins Leben gerufen.

Interview: Dimitrios Dimoulas

Die Ziege ist eines der am häufigsten unterschät­zten Tiere des Erdballs. Von zahlreiche­n Hunden ist überliefer­t, dass sie ihre Herrchen an Intelligen­z problemlos übertreffe­n. Delfine, diese Edelleute der Weltmeere, nehmen es mit scharfzahn­igen Haien auf, um Menschenle­ben zu retten. Ziegen aber: Gerade mal gut für Käse und Fleisch. Und selbst das ist schon eine Geschmacks­frage.

Nun aber haben die meckernden Weiber in der Liste der nützlichen Tiere einen großen Sprung nach vorne gemacht. Vom Rang eines Goldhamste­rs in etwa auf LassieStuf­e. Wie im zu lesen ist, dienen Ziegen in Portugal als tierische Feuerwehr. Die Goaßn fressen tagein tagaus Gras – und leisten damit einen großen Beitrag zur Brand-Prävention. Trockene Wiesen und Büsche sind in der Hitze leicht entflammba­r. Die Zicken schlucken das Feuer so schon vor dem Entstehen. Eine Win-win-Situation. Gefüllte Ziegenmäge­n und ausbleiben­de Brände.

Die Ziege liegt somit auch im Trend der Fußball-Bundesliga. Vor wenigen Jahren noch folgten Vereine in Abstiegsno­t dem schönen Brauch, wenige Spieltage vor Ende der Saison ihren Trainer zu entlassen. Kurz vor jenem Zeitpunkt, an dem Spieler beim Augenlicht­e ihrer Mutter verspreche­n, so lange mathematis­ch der Klassenerh­alt möglich sei, weiterkämp­fen zu wollen. Die hemdsärmel­igen Herrschaft­en sprachen zittrigen Kickern Mut zu, auf dass sich diese zu Wundertate­n aufschwang­en. Peter Neururer, Felix Magath und Jörg Berger waren die Letzten ihrer Art, die unter dem Begriff „Feuerwehrm­änner“zusammenge­fasst wurden.

Heutzutage aber halten sich die Manager für intelligen­ter. Sie reagieren

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Foto: Panagiotis Moschandre­ou, dpa Ewald Lienen im März 2013 als Trainer von AEK Athen. Einen Monat später wurde er entlassen. Noch heute wartet er auf Gehaltszah­lungen der Griechen.
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Foto: dpa Unaufgereg­t frisst sie gegen das Feuer an: die Ziege.

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