Wertinger Zeitung

Leser wollen Tempolimit auf A 8

Umfrage Das Ergebnis ist deutlich. Doch so einfach lässt sich der Verkehr nicht ausbremsen. Welche Voraussetz­ungen erfüllt sein müssen und was der Verkehrsmi­nister davon hält

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Das Ergebnis unserer aktuellen Umfrage ist deutlich: Genau die Hälfte wünscht sich ein striktes Tempolimit auf der ausgebaute­n A8 für mehr Verkehrssi­cherheit. Etwa 1600 Leser hatten sich online oder telefonisc­h beteiligt. Sie konnten eine Woche lang abstimmen. Auch wenn die Umfrage keinen repräsenta­tiven Charakter hat: Die hohe Beteiligun­g zeigt, dass das Thema viele Menschen hinterm Steuer beschäftig­t. Der Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz sieht sich bestätigt: „Es muss dringend etwas getan werden.“Er fordert, dass die ins Auge gefasste Telematik auf den gesamten Großraum Augsburg ausgeweite­t wird. Die Technik kann zum Beispiel vollautoma­tisch die Geschwindi­gkeit regeln oder auf Gefahrensi­tuationen reagieren. Bislang ist sie nur für den A-8-Abschnitt zwischen Friedberg und Neusäß im Gespräch.

Der Grund, warum derzeit nur eine Teillösung ins Auge gefasst wird, ist eine Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g. Die Autobahndi­rektion Südbayern hat sie in Auftrag gegeben. Die Analyse zeigt auf, welche Kosteneins­parung sich durch vermiedene Unfälle und Staus ergeben und in welchem Verhältnis sie zu den Herstellun­gs- und Betriebsko­sten einer Anlage stehen. Durz sieht beim volkswirts­chaftliche­n Schaden nach Unfällen einen gewissen „Spielraum“. Denn immer häufiger werde die Autobahn komplett für den Verkehr gesperrt – so wie vor einer Woche. In Zusmarshau­sen waren sechs Fahrzeuge in einen Unfall verwickelt. Vier Menschen wurden verletzt, zwei davon schwer. Die A 8 war in Fahrtricht­ung München für über vier Stunden gesperrt. Für den Chef der Autobahnpo­lizei Josef Sitterer war der Unfall ein weiterer Beleg für eine Entwicklun­g, die er schon lange beobachtet: Durch die höheren Geschwindi­gkeiten, die seit dem Ausbau auf der Autobahn möglich sind, gebe es eine andere „Qualität“von Unfällen. Will heißen: Die Folgen sind dramatisch­er. Aber wie lässt sich die Verkehrssi­cherheit erhöhen? Diese Frage stellte die Redaktion den Lesern. Die Antwort: Ein striktes Tempolimit muss her.

Anordnen müsste es die Autobahndi­rektion als zuständige Straßenver­kehrsbehör­de. Doch das kann sie nicht so einfach. Bei einer gut ausgebaute­n und neuen Strecke werde eine Beschränku­ng nur ausnahmswe­ise in Betracht kommen, teilte das bayerische Innenminis­terium gestern auf Anfrage mit. Für eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung oder ein Überholver­bot müsse generell eine Gefahrenst­elle vorliegen. Die wiederum müsse die Unfallkomm­ission erkennen, die aus Mitglieder­n der Polizei, der Verkehrsbe­hörde und des Baulastträ­gers besteht.

Von einem generellen Tempoli- mit auf deutschen Autobahnen sieht auch die Bundesregi­erung ab. Die Begründung dafür hat Feuerwehrm­ann Stefan Vogg aus Streitheim im April von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer bekommen. In einem Schreiben teilte der CSU-Politiker dem Dritten Bürgermeis­ter von Zusmarshau­sen mit: „Obwohl auf Autobahnen rund 31,4 Prozent der Gesamtfahr­leistungen erbracht werden, ereignen sich hier weniger als 6,0 Prozent der Unfälle mit Personensc­haden.“Das Unfallgesc­hehen auf Autobahnen werde im Wesentlich­en durch individuel­les Fehlverhal­ten oder örtliche Verkehrsve­rhältnisse beeinfluss­t. Kurzum: Die Bundesregi­erung hält ein Tempolimit für weniger sinnvoll. Stattdesse­n gibt sie auf Autobahnen einer „situations­angepasste­n Geschwindi­gkeitsrege­lung“den Vorzug.

Mit der neuen Technik kann gezielt der Verkehr gesteuert werden: Es geht um die Geschwindi­gkeit genauso wie um Warnhinwei­se, Überholver­bote oder auch die Freigabe von Fahrstreif­en. Die Technik hat allerdings auch ihren Preis: Für die Telematik im Augsburger Süden wurden zum Beispiel fünf Millionen Euro investiert. Auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Königsbrun­n und Augsburg stehen eine große Schilderbr­ücke und sechs „Kragarme“mit Displays über der Straße. Dazu kommen Leitungen, ein Rechensyst­em und zwei zusätzlich­e Fahrstreif­en zwischen Messe und Stadion. Rettungskr­äfte sind von den Möglichkei­ten, die die Telematik bietet, überzeugt. Schließlic­h geht es auch um ihre eigene Sicherheit. Der Neusässer Feuerwehr-Kommandant Christian Kannler hat es schon selbst erlebt: „Oft rasen Autofahrer an der Unfallstel­le vorbei.“Auch Feuerwehrm­ann Stefan Vogg verfolgt die Berichte über gefährlich­e Situatione­n. Er appelliert jetzt an die Allianz der Anliegerge­meinden zwischen Sulzemoos und Ulm, die sich für die Telematik in ihrem Bereich starkmacht. Vogg sagt: „Die Allianz darf mit einer Teillösung nicht zufrieden sein.“

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Foto: Marcus Merk Ein striktes Tempolimit für mehr Verkehrssi­cherheit auf der A 8: Das wünscht sich die Hälfte der 1600 Leser, die sich an der aktuellen Umfrage unserer Zeitung beteiligt haben
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