Leser wollen Tempolimit auf A 8
Umfrage Das Ergebnis ist deutlich. Doch so einfach lässt sich der Verkehr nicht ausbremsen. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und was der Verkehrsminister davon hält
Landkreis Augsburg Das Ergebnis unserer aktuellen Umfrage ist deutlich: Genau die Hälfte wünscht sich ein striktes Tempolimit auf der ausgebauten A8 für mehr Verkehrssicherheit. Etwa 1600 Leser hatten sich online oder telefonisch beteiligt. Sie konnten eine Woche lang abstimmen. Auch wenn die Umfrage keinen repräsentativen Charakter hat: Die hohe Beteiligung zeigt, dass das Thema viele Menschen hinterm Steuer beschäftigt. Der Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz sieht sich bestätigt: „Es muss dringend etwas getan werden.“Er fordert, dass die ins Auge gefasste Telematik auf den gesamten Großraum Augsburg ausgeweitet wird. Die Technik kann zum Beispiel vollautomatisch die Geschwindigkeit regeln oder auf Gefahrensituationen reagieren. Bislang ist sie nur für den A-8-Abschnitt zwischen Friedberg und Neusäß im Gespräch.
Der Grund, warum derzeit nur eine Teillösung ins Auge gefasst wird, ist eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Die Autobahndirektion Südbayern hat sie in Auftrag gegeben. Die Analyse zeigt auf, welche Kosteneinsparung sich durch vermiedene Unfälle und Staus ergeben und in welchem Verhältnis sie zu den Herstellungs- und Betriebskosten einer Anlage stehen. Durz sieht beim volkswirtschaftlichen Schaden nach Unfällen einen gewissen „Spielraum“. Denn immer häufiger werde die Autobahn komplett für den Verkehr gesperrt – so wie vor einer Woche. In Zusmarshausen waren sechs Fahrzeuge in einen Unfall verwickelt. Vier Menschen wurden verletzt, zwei davon schwer. Die A 8 war in Fahrtrichtung München für über vier Stunden gesperrt. Für den Chef der Autobahnpolizei Josef Sitterer war der Unfall ein weiterer Beleg für eine Entwicklung, die er schon lange beobachtet: Durch die höheren Geschwindigkeiten, die seit dem Ausbau auf der Autobahn möglich sind, gebe es eine andere „Qualität“von Unfällen. Will heißen: Die Folgen sind dramatischer. Aber wie lässt sich die Verkehrssicherheit erhöhen? Diese Frage stellte die Redaktion den Lesern. Die Antwort: Ein striktes Tempolimit muss her.
Anordnen müsste es die Autobahndirektion als zuständige Straßenverkehrsbehörde. Doch das kann sie nicht so einfach. Bei einer gut ausgebauten und neuen Strecke werde eine Beschränkung nur ausnahmsweise in Betracht kommen, teilte das bayerische Innenministerium gestern auf Anfrage mit. Für eine Geschwindigkeitsbeschränkung oder ein Überholverbot müsse generell eine Gefahrenstelle vorliegen. Die wiederum müsse die Unfallkommission erkennen, die aus Mitgliedern der Polizei, der Verkehrsbehörde und des Baulastträgers besteht.
Von einem generellen Tempoli- mit auf deutschen Autobahnen sieht auch die Bundesregierung ab. Die Begründung dafür hat Feuerwehrmann Stefan Vogg aus Streitheim im April von Verkehrsminister Andreas Scheuer bekommen. In einem Schreiben teilte der CSU-Politiker dem Dritten Bürgermeister von Zusmarshausen mit: „Obwohl auf Autobahnen rund 31,4 Prozent der Gesamtfahrleistungen erbracht werden, ereignen sich hier weniger als 6,0 Prozent der Unfälle mit Personenschaden.“Das Unfallgeschehen auf Autobahnen werde im Wesentlichen durch individuelles Fehlverhalten oder örtliche Verkehrsverhältnisse beeinflusst. Kurzum: Die Bundesregierung hält ein Tempolimit für weniger sinnvoll. Stattdessen gibt sie auf Autobahnen einer „situationsangepassten Geschwindigkeitsregelung“den Vorzug.
Mit der neuen Technik kann gezielt der Verkehr gesteuert werden: Es geht um die Geschwindigkeit genauso wie um Warnhinweise, Überholverbote oder auch die Freigabe von Fahrstreifen. Die Technik hat allerdings auch ihren Preis: Für die Telematik im Augsburger Süden wurden zum Beispiel fünf Millionen Euro investiert. Auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Königsbrunn und Augsburg stehen eine große Schilderbrücke und sechs „Kragarme“mit Displays über der Straße. Dazu kommen Leitungen, ein Rechensystem und zwei zusätzliche Fahrstreifen zwischen Messe und Stadion. Rettungskräfte sind von den Möglichkeiten, die die Telematik bietet, überzeugt. Schließlich geht es auch um ihre eigene Sicherheit. Der Neusässer Feuerwehr-Kommandant Christian Kannler hat es schon selbst erlebt: „Oft rasen Autofahrer an der Unfallstelle vorbei.“Auch Feuerwehrmann Stefan Vogg verfolgt die Berichte über gefährliche Situationen. Er appelliert jetzt an die Allianz der Anliegergemeinden zwischen Sulzemoos und Ulm, die sich für die Telematik in ihrem Bereich starkmacht. Vogg sagt: „Die Allianz darf mit einer Teillösung nicht zufrieden sein.“