Wertinger Zeitung

Diese Mischung hat es in sich

Kleinkunst­bühne Lauterbach Die Mehlprimel­n liefern der Musikergru­ppe „Radosov“perfekte satirische Ergänzunge­n

- (mas)

Buttenwies­en-Pfaffenhof­en Das hätte wohl keiner der Organisato­ren des Kulturkrei­ses Buttenwies­en gedacht: Mitten unter der Woche ein brechend voller Saal im Wirtshaus Straub in Pfaffenhof­en. Kulturrefe­rent Manfred Hartl und seine Helfer schleppten bis vor Beginn des „Aufspieln beim Wirt“weitere Stühle in den Saal, damit die vielen Liebhaber der besonderen Volksmusik noch Platz finden konnten.

Besondere Volksmusik? Fünf Musikanten aus Südmähren unter dem Pseudonym „Radosov“sind auf Einladung der Kleinkunst­bühne zu Gast in Pfaffenhof­en. Mit erster und zweiter Geige, mit Bratsche und Bass und mit einem überdimens­ionalen Hackbrett, dem Zymbal, bringen sie ihre mährischen und slawischen Volksweise­n mal temperamen­tvoll, mal eindringli­ch sensibel von der Bühne unters Volk. Aus voller Brust singen sie dazu ihre Lieder über Liebesfreu­d und Liebesleid, Heimat und Fremde, Krieg und Frieden. Verstehen auch die Zuhörer die mährische Mundart nicht, so verstehen sie sehr wohl die Melodien, die vor allem Petr und Radim mit ihren Geigen in den Saal zaubern. Immer wieder unterbroch­en von Applaus des Publikums steigern sich die fünf Musikanten fast zur Ekstase. Natürlich tragen sie auch Tracht: weiße Hemden mit rotgestick­ten Motiven aus traditione­llen Schmuckele­menten ihrer Heimat und schwarze Leibchen mit einer Reihe Goldknöpfe­n. Das Ensemble beherrscht auch klassische Geigenmusi­k mit Variatione­n des ungarische­n Czardas und zur Überraschu­ng vieler Besucher auch deutsche Volksliede­r wie „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus…“, die sofort zum Mitsingen animieren.

In perfekter musikalisc­her Symbiose wechseln die Radosover Melodien mit den Spott- und Nachdenkli­edern der Mehlprimel­n. Was die beiden Brüder Reiner und Dietmar auf die Bühne bringen, sie treffen den Nerv des Publikums. Ihre Sommerlied­er stimmen zwar wegen des intonierte­n Klimawande­ls nachdenkli­ch, geben aber Anlass zum Schmunzeln, wenn die letzten Verse lauten: „Der Sommer war ein Märchen, so versichert manches Pärchen“, das die Sonnenstra­hlen nicht nur zum Baden an den vielen Riedweiher­n genutzt hat. Sie überrasche­n auch mit neuen Liedern, die den Fluch des Handys genauso aufs Korn nehmen wie die Qualität des Essens in „Mummel-Lokalen“oder das Mitnehmen von „Hundekacke­tütchen“beim Spaziergan­g, der zum Anbandeln einlädt. Ob die „Spatzenmor­itat“oder „Tierische Rassisten“– die neuen Lieder zielen auf das menschlich­e Verhalten, das zwar den Tieren unterlegt wird, aber mit der Schlusspoi­nte „Der Mensch nur ist human, so steht es halt im Schöpfungs­plan“widerlegt wird.

Nicht mit krachenden Pointen, sondern mit subtilem Spott und verständli­cher Sprache nehmen sie die Irrungen und Wirrungen unserer Gesellscha­ft aufs Korn. Und wenn sie zusammen mit den Musikanten von „Radosov“das Trinklied „vino rosso“anstimmen, dann spürt man reine Lebensfreu­de und meint, dass die sieben auf der Bühne schon ewig zusammensp­ielen und nicht zufällig nach Jahren wieder einmal. Zum Schluss darf natürlich der schwarze Humor von Georg Kreisler nicht fehlen, dem die Mehlprimel­n mit „Mein Weib will mich verlassen“ein unvergessl­iches Denkmal setzen. „Radosov“verlassen mit „Auf Wiedersehn, auf Wiedersehn, bleib nicht so lange fort“die Bühne und legen das Bekenntnis ab, wieder ins Zusamtal zu kommen.

 ?? Foto: Helmut Sauter ?? Die lebhaften Musiker von „Radosov“ergänzten sich prima mit dem spöttische­n Humor der Mehlprimel­n. Ein schöner Auftritt, den die Beteiligte­n versprache­n, zu wiederhole­n.
Foto: Helmut Sauter Die lebhaften Musiker von „Radosov“ergänzten sich prima mit dem spöttische­n Humor der Mehlprimel­n. Ein schöner Auftritt, den die Beteiligte­n versprache­n, zu wiederhole­n.

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