Auf zum Nordschwäbischen Literaturfestival?!
Kultur Was im Allgäu funktioniert, soll auf die Region übertragen werden. Doch das Konzept begeistert nicht alle
Dattenhausen Stell’ Dir vor, ein Promi kommt, und keiner geht hin. Der Albtraum eines jeden Veranstalters (und Promis), passiert auch im Allgäu. Eine kanadische Schriftstellerin, nominiert für den alternativen Literaturnobelpreis 2018, las im Kloster Irsee. Kim Thúy hat „Bächlein“und „Der Klang der Fremde“geschrieben und mehrere Preise bekommen. Zu ihrer Lesung kamen zwölf Leute.
Das war einmal. Inzwischen werden solche Veranstaltungen unter dem Dach „Allgäuer Literaturfestival“vermarktet. Die Veranstaltungsräume füllen sich, sagte Sylvia Heudecker, Projektleiterin des Festivals, am Montag in Dattenhausen. Knapp drei Wochen dauerte das Allgäuer Festival heuer. Lesungen, Inszenierungen, Kabarettsvorstellungen oder auch ein Poetry Slam gehörten dazu. In der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses stellte Heudecker das Konzept für ein Nordschwäbisches Literaturfestival vor. „Das Allgäuer Festival läuft so gut, dass der Bezirk die Idee hatte, so etwas auch in Nordschwaben zu entwickeln.“
Dabei gehe nicht nur um erfolgreiche Autoren, anspruchsvolle Literatur oder niveauvolle Sachbücher, sondern auch um unterhaltsame Lesungsformate, Inszenierungen und ein Schulprogramm. Das Programm soll in der Region verankert werden an architektonisch und kulturhistorisch bedeutsamen Veranstaltungsorten stattfinden. „So wie zum Beispiel hier im Zehnstadel“, nannte die Referentin ein Beispiel. Das Programm soll für die einheimische Bevölkerung sein, für jedes Alter und jeden Geschmack. Ziele sind die Vernetzung von Kultur- und Bildungsinstitutionen, geballte mediale Aufmerksamkeit und die Erzeugung von Synergieeffekten. Das Festival sollte mit vorhandenen Freizeit- und Tourismuskonzepten gekoppelt und ein neuer Höhepunkt im Veranstaltungsjahr werden. Den Landkreis Dillingen würde das 5000 Euro kosten. Die Beiträge der Veranstalter sind laut Heudecker bei 1000 Euro gedeckelt – was im Allgäu bislang nicht abgerufen worden sei. Zusammen mit einem Zuschuss vom Kultusministerium in Höhe von 7600 Euro, den Eigenmitteln des Trägers – der Schwabenakademie Irsee – von 13500 Euro, Sponsorengeldern und dem Erlös von Eintrittskarten würde sich das Festival finanziell tragen.
Die Bezirkseinrichtung Schwabenakademie als Trägerin würde sich um das Projektmanagement, Autorenengagement, die Erstellung von Werbemitteln und umfassende (über-)regionale Öffentlichkeitsarbeit kümmern, die lokale Öffentlich- keitsarbeit unterstützen, Förderund Sponsorenmittel einwerben und verwalten und sich um die Gesamtabrechnung kümmern. Die lokalen Mitveranstalter hätten folgende Aufgaben: Abstimmung der Arbeit im Netzwerk, Organisation und Betreuung des Autoren, Bereitstellung eines Veranstaltungsraums inklusive Technik, lokaler Ticketverkauf, Abwicklung des Autorenvertrags.
Erwartet werden insgesamt zehn bis 15 Auftritte. Das Festival würde zwischen zehn Tagen und maximal drei Wochen dauern. Der Veranstaltungsraum sollte Platz für mindestens 40 Personen bieten, mit maximal 200 pro Termin wird gerechnet.
Die Startbedingungen bezeichnete Sylvia Heudeck als optimal: Die LEW wollen das Festival sponsern, potenzielle Veranstalter hätten Inte- resse. Der zuständige Ausschuss im Nachbarlandkreis Donau-Ries hat dem Konzept bereits zugestimmt. Zudem werde der Bezirk Schwaben zum 1. Januar kommenden Jahres eine Stelle an der Schwabenakademie mit Schwerpunkt Festivalverwaltung einrichten. „Das ist eine Idee, die in der Region mit den Akteuren weiterentwickelt werden müsste“, betonte sie. Das Risiko der Veranstalter sei überschaubar.
Alfred Sigg (CSU) aus Wertingen äußerte gewisse Bedenken. „Wertingen hat rund 9000 Einwohner und wir werden fast erschlagen von Veranstaltungen. Vieles überschneidet sich. Wir sind nicht viele. Und zu den Veranstaltungen kommen immer die Gleichen.“Auf die Frage von Thomas Demel (CSU) nach dem Start des Festivals sagte Heudecker, sie rechne mit 2020. Friedrich Käßmeyer (CSU) verwies ebenfalls auf das starke Kulturleben im Kreis und fragte, inwieweit das Allgäu und Nordschwaben vergleichbar sind. „Wir haben schon die Landkreiskulturtage Kultur und Wir. Gibt es so etwas überhaupt im Allgäu?“Er warnte auch: Leere Säle seien keine Motivation für Veranstalter. Da erinnerte Heudeck daran, dass es nicht um eine zusätzliche Veranstaltungsreihe geht, sondern um die Bündelung – etwa von bereits bestehenden Terminen in Schulen, Kultureinrichtungen, Buchhandlungen oder Büchereien. „Es soll ein Mehrwert sein.“
Mirjam Steiner (SPD) schlug einen Kompromiss vor. Sie würde das Projekt auf drei Jahre befristen und 2019 erst mal das Interesse im Rahmen des Kulturmanagements des Landkreises abfragen. 2020 sollte das Literaturfestival dann stattfinden und ein Jahr später nach einer Evaluation beschlossen werden, ob es eine Neuauflage gibt. Immer so versetzt im Zwei-Jahres-Rhythmus, dass man Kultur und Wir keine Konkurrenz mache. Martin Bannert (Grüne) und Jakob Kehrle (FW) konnten die Diskussion nicht verstehen. Das Risiko sei begrenzt. „Da ist eine einmalige Chance, die sollten wir ergreifen“, meinten beide. Kehrle sah bei der Professionalität in der Vermarktung Vorteile. „Einen Versuch ist es wert“, schloss sich Landrat Leo Schrell an. Legte aber Wert auf eine Befristung und Evaluation. Einstimmig beschloss der Kulturund Sportausschuss schließlich, das Projekt befristet auf zwei Jahre im Landkreis umzusetzen.