Wertinger Zeitung

Auf zum Nordschwäb­ischen Literaturf­estival?!

Kultur Was im Allgäu funktionie­rt, soll auf die Region übertragen werden. Doch das Konzept begeistert nicht alle

- VON CORDULA HOMANN Archivfoto­s: Walter Müller, Brigitte Hefele-Beitlich, Gabriele Schroth, Ralf Lienert

Dattenhaus­en Stell’ Dir vor, ein Promi kommt, und keiner geht hin. Der Albtraum eines jeden Veranstalt­ers (und Promis), passiert auch im Allgäu. Eine kanadische Schriftste­llerin, nominiert für den alternativ­en Literaturn­obelpreis 2018, las im Kloster Irsee. Kim Thúy hat „Bächlein“und „Der Klang der Fremde“geschriebe­n und mehrere Preise bekommen. Zu ihrer Lesung kamen zwölf Leute.

Das war einmal. Inzwischen werden solche Veranstalt­ungen unter dem Dach „Allgäuer Literaturf­estival“vermarktet. Die Veranstalt­ungsräume füllen sich, sagte Sylvia Heudecker, Projektlei­terin des Festivals, am Montag in Dattenhaus­en. Knapp drei Wochen dauerte das Allgäuer Festival heuer. Lesungen, Inszenieru­ngen, Kabarettsv­orstellung­en oder auch ein Poetry Slam gehörten dazu. In der jüngsten Sitzung des Kulturauss­chusses stellte Heudecker das Konzept für ein Nordschwäb­isches Literaturf­estival vor. „Das Allgäuer Festival läuft so gut, dass der Bezirk die Idee hatte, so etwas auch in Nordschwab­en zu entwickeln.“

Dabei gehe nicht nur um erfolgreic­he Autoren, anspruchsv­olle Literatur oder niveauvoll­e Sachbücher, sondern auch um unterhalts­ame Lesungsfor­mate, Inszenieru­ngen und ein Schulprogr­amm. Das Programm soll in der Region verankert werden an architekto­nisch und kulturhist­orisch bedeutsame­n Veranstalt­ungsorten stattfinde­n. „So wie zum Beispiel hier im Zehnstadel“, nannte die Referentin ein Beispiel. Das Programm soll für die einheimisc­he Bevölkerun­g sein, für jedes Alter und jeden Geschmack. Ziele sind die Vernetzung von Kultur- und Bildungsin­stitutione­n, geballte mediale Aufmerksam­keit und die Erzeugung von Synergieef­fekten. Das Festival sollte mit vorhandene­n Freizeit- und Tourismusk­onzepten gekoppelt und ein neuer Höhepunkt im Veranstalt­ungsjahr werden. Den Landkreis Dillingen würde das 5000 Euro kosten. Die Beiträge der Veranstalt­er sind laut Heudecker bei 1000 Euro gedeckelt – was im Allgäu bislang nicht abgerufen worden sei. Zusammen mit einem Zuschuss vom Kultusmini­sterium in Höhe von 7600 Euro, den Eigenmitte­ln des Trägers – der Schwabenak­ademie Irsee – von 13500 Euro, Sponsoreng­eldern und dem Erlös von Eintrittsk­arten würde sich das Festival finanziell tragen.

Die Bezirksein­richtung Schwabenak­ademie als Trägerin würde sich um das Projektman­agement, Autoreneng­agement, die Erstellung von Werbemitte­ln und umfassende (über-)regionale Öffentlich­keitsarbei­t kümmern, die lokale Öffentlich- keitsarbei­t unterstütz­en, Förderund Sponsorenm­ittel einwerben und verwalten und sich um die Gesamtabre­chnung kümmern. Die lokalen Mitveranst­alter hätten folgende Aufgaben: Abstimmung der Arbeit im Netzwerk, Organisati­on und Betreuung des Autoren, Bereitstel­lung eines Veranstalt­ungsraums inklusive Technik, lokaler Ticketverk­auf, Abwicklung des Autorenver­trags.

Erwartet werden insgesamt zehn bis 15 Auftritte. Das Festival würde zwischen zehn Tagen und maximal drei Wochen dauern. Der Veranstalt­ungsraum sollte Platz für mindestens 40 Personen bieten, mit maximal 200 pro Termin wird gerechnet.

Die Startbedin­gungen bezeichnet­e Sylvia Heudeck als optimal: Die LEW wollen das Festival sponsern, potenziell­e Veranstalt­er hätten Inte- resse. Der zuständige Ausschuss im Nachbarlan­dkreis Donau-Ries hat dem Konzept bereits zugestimmt. Zudem werde der Bezirk Schwaben zum 1. Januar kommenden Jahres eine Stelle an der Schwabenak­ademie mit Schwerpunk­t Festivalve­rwaltung einrichten. „Das ist eine Idee, die in der Region mit den Akteuren weiterentw­ickelt werden müsste“, betonte sie. Das Risiko der Veranstalt­er sei überschaub­ar.

Alfred Sigg (CSU) aus Wertingen äußerte gewisse Bedenken. „Wertingen hat rund 9000 Einwohner und wir werden fast erschlagen von Veranstalt­ungen. Vieles überschnei­det sich. Wir sind nicht viele. Und zu den Veranstalt­ungen kommen immer die Gleichen.“Auf die Frage von Thomas Demel (CSU) nach dem Start des Festivals sagte Heudecker, sie rechne mit 2020. Friedrich Käßmeyer (CSU) verwies ebenfalls auf das starke Kulturlebe­n im Kreis und fragte, inwieweit das Allgäu und Nordschwab­en vergleichb­ar sind. „Wir haben schon die Landkreisk­ulturtage Kultur und Wir. Gibt es so etwas überhaupt im Allgäu?“Er warnte auch: Leere Säle seien keine Motivation für Veranstalt­er. Da erinnerte Heudeck daran, dass es nicht um eine zusätzlich­e Veranstalt­ungsreihe geht, sondern um die Bündelung – etwa von bereits bestehende­n Terminen in Schulen, Kultureinr­ichtungen, Buchhandlu­ngen oder Büchereien. „Es soll ein Mehrwert sein.“

Mirjam Steiner (SPD) schlug einen Kompromiss vor. Sie würde das Projekt auf drei Jahre befristen und 2019 erst mal das Interesse im Rahmen des Kulturmana­gements des Landkreise­s abfragen. 2020 sollte das Literaturf­estival dann stattfinde­n und ein Jahr später nach einer Evaluation beschlosse­n werden, ob es eine Neuauflage gibt. Immer so versetzt im Zwei-Jahres-Rhythmus, dass man Kultur und Wir keine Konkurrenz mache. Martin Bannert (Grüne) und Jakob Kehrle (FW) konnten die Diskussion nicht verstehen. Das Risiko sei begrenzt. „Da ist eine einmalige Chance, die sollten wir ergreifen“, meinten beide. Kehrle sah bei der Profession­alität in der Vermarktun­g Vorteile. „Einen Versuch ist es wert“, schloss sich Landrat Leo Schrell an. Legte aber Wert auf eine Befristung und Evaluation. Einstimmig beschloss der Kulturund Sportaussc­huss schließlic­h, das Projekt befristet auf zwei Jahre im Landkreis umzusetzen.

 ??  ?? Konstantin Wecker, Alice Schwarzer (oben von links) oder auch Heiner Geißler und Dominique Horwitz (unten von links) waren beim Allgäuer Literatufe­stival schon zu Gast. In Nordschwab­en könnte es künftig ebenfalls so ein Festival im Zwei-Jahres-Rhythmus geben.
Konstantin Wecker, Alice Schwarzer (oben von links) oder auch Heiner Geißler und Dominique Horwitz (unten von links) waren beim Allgäuer Literatufe­stival schon zu Gast. In Nordschwab­en könnte es künftig ebenfalls so ein Festival im Zwei-Jahres-Rhythmus geben.
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