Lauinger in Polen, Polen in Lauingen
Austausch Wie Vorurteile schwinden und gemeinsam gefeiert wird: Berufsschüler berichten von Erfolgen und Feiern
Lauingen Stimmengewirr. Kraftvolle Oktobersonne. Bunte Blätter in den schönsten Herbstfarben tänzeln über den Asphalt. „Serdecznie witamy, czekali?my z rado?ci? i niecierpliwo?ci? na Wasz przyjazd“vernimmt man bei genauerem Hinhören. „Herzlich willkommen, voller Vorfreude haben wir euch erwartet.“Lauinger sind wieder in Polen. Und zwar Schüler der Staatlichen Berufsschule Lauingen.
Bereits zum achten Mal findet das Auslandspraktikum in Polen im Rahmen des Erasmus-plus-Projektes statt – ein Grund für die Auszeichnung der Staatlichen Berufsschule Lauingen zur Europa-Schule. „Jetzt weiß ich, was das Wort Vorurteile wirklich bedeutet. Das Praktikum hat mein ganzes Bild von Polen verändert. Früher habe ich das Land hauptsächlich mit Bauarbeitern verbunden. Jetzt denke ich an Gastfreundlichkeit und Knowhow“, schwärmt Steffen Kohout, Auszubildender zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik der Firma Elektro Kratochvil von der Begegnung mit den polnischen Jugendlichen. Den polnischen und deutschen Schülern wurde dieses Jahr die gemeinsame Aufgabe gestellt, eine industrielle Modellanlage aus vorgefertigten Teilen aufzubauen, elektrisch zu verdrahten und zu programmieren. Zum Austausch zwischen den deutschen und polnischen Schülern wurden neben dieser Teamarbeit Ausflüge und die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte arrangiert. Auch ein gemeinsames Fußballspiel wurde ausgerichtet.
„Mit unseren polnischen Kollegen die Aufgabe gemeinsam zu lösen war sehr spannend. Am Anfang hatten wir immer wieder Verständigungsprobleme. Aber mit Händen und Füßen ist uns die Kommunikation dann gelungen“, erklärt der angehende Mechatroniker Samuel Balletshofer. Sein Kollege Dominik Müller, ebenfalls in Ausbildung bei BSH Dillingen, ergänzt: „Wir alle wollten die Anlage ja unbedingt zum Laufen bringen. Da waren wir dann ehrgeizig. Natürlich haben wir unseren Erfolg auch gemeinsam gefeiert.“Der Betreuer für internationale Bildungsprojekte, Daniel Weber, lacht: „Das gehört auch dazu. Wer gemeinsam arbeitet, darf auch gemeinsam feiern.“Er plant und führt das Erasmus-plus-Projekt seit sieben Jahren an der Lauinger Berufsschule aus. 2010 hat der damalige Sozialkunde-Fachbetreuer Bernhard Lernhard das europäische Projekt ins Leben gerufen, 2011 erfolgte dann der erste Austausch. Ein neues Land kennenlernen, aber nicht als Tourist, sondern dort mit den Leuten den Alltag zu erleben, das macht für Johannes Korb, Auszubildender der Gropper GmbH, Schüleraustausche interessant. „Aber nur das gemeinsame Aufbauen und Programmieren der Anlage hat uns die Möglichkeit geboten, zu verstehen, wie die Berufswelt in einem anderen Land funktioniert“, bedankt sich der Teilnehmer bei seiner Schule und seinem Ausbildungsbetrieb für das Ermöglichen des Auslandspraktikums. Schulleiter Gottfried Göppel zeigt sich sichtlich erfreut über das Lob: „Durch diese Projekte verbessern unsere Jugendlichen ihre Beschäftigungsabsicht und lernen auch andere Kulturen kennen. Super, dass unsere Schüler das so wertschätzen.“
Neben dem Erasmus-plus-Projekt haben auch Lehreraustausche nach Finnland, Griechenland, Spanien und Frankreich eine entscheidende Rolle für die Auszeichnung zur Europa-Schule gespielt. Göppel sieht Auslandspraktika von Lehrern als eine weitere Säule der EuropaAktivität der Lauinger Bildungseinrichtung: „Denn die Lehrer bereiten Projekte vor, motivieren, begeistern und begleiten. Dadurch wird für den einzelnen Schüler der Auslandsaufenthalt lebendig und gewinnbringend.“Daneben arbeitet die Berufsschule im Rahmen einer strategischen Bildungspartnerschaft mit Universitäten in Rumänien, Slowenien und Ungarn im Bereich „Internet of Things“zusammen. Dabei wird an der Lauinger Schule ein Lehr-/Lernkonzept getestet, das Schülern unterschiedliche didaktische Zugänge in die Thematik „Vernetzung der Dinge“ermöglicht. Deshalb darf sich die Lauinger Bildungseinrichtung seit Schuljahresbeginn „Schule für Europa“nennen: Sie hat sich um die Verbreitung und Umsetzung des Europagedankens in besonderem Maße verdient gemacht. Der Schule wurde durch die Bayerische Staatskanzlei ein Logo und Schild als Geschenk zugestellt, das bereits am Eingangsbereich der Schule angebracht wurde. Auch in Zukunft bleibt die Staatliche Berufsschule Lauingen für Europa engagiert. Göppel sagt: „Nur wenn wir die jungen Menschen für die europäische Idee begeistern, können diese weltoffen und chancenreich das 21. Jahrhundert gestalten.“