Darts trifft den German Nerv
Um in Dortmund 25 000 Menschen in eine Halle zu bringen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die sicherste Variante wäre Freibier. Ein Comeback-Konzert von Wolfgang Petry, logisch. Und Fußball, klar. Fußball zieht immer. Danach wird’s aber schon etwas schwierig. Seit kurzem wissen wir: Darts funktioniert auch. Bei der Europameisterschaft, die am Wochenende in der Westfalenhalle stattfand, jubelten 25 000 Menschen Männern zu, die Metallpfeile auf eine Zielscheibe warfen.
Anlass für die Volksfeststimmung war die Darts-EM – und der Umstand, dass es nun einen deutschen Spieler gibt, der das Zeug dazu hat, bei der Titelvergabe ein Wörtchen mitzureden. Der Hesse Max Hopp hielt sich streng an seinen Spitznamen „Maximiser“(Maximierer) und zog überraschend ins Halbfinale der EM ein, wo er nur knapp gegen den späteren Champion James Wade verlor.
Die zumeist deutschen Fans bejubelten jeden Punkt ihres Lieblings wie einen Sieg – und verhielten sich im britisch-australischen Duell im Finale eher ruhig.
Das deutsche Interesse an dem Sport ist immens: Zur Weltmeisterschaft, die im Dezember in London startet, ging schon im vergangenen Jahr jedes vierte Ticket an einen deutschen Fan. Der Sender Sport1 fuhr mit der Übertragung der Weltmeisterschaft zweistellige Marktanteile ein.
Die Frage, welches Detail an diesem britischen Sport den German Nerv trifft, ist ein weites Feld. Ist es der Umstand, dass Darts eine Kneipensportart ist? Dass die Sportler nicht aussehen wie Profi-Athleten, sondern wie die Kneipenwirte? Dass die Zuschauer aussehen wie die Gäste einer Kneipe, in der gerade Fasching oder Karneval gefeiert wird? Oder auch schlicht daran, dass Darts ein spannender Sport ist? Alles zusammen? Wer weiß.
Sollte der 22 Jahre alte Max Hopp seine Form halten und am Ende sogar die Sehnsucht nach einem deutschen Titelträger befriedigen, könnte die Sportart hierzulande weiteren Aufschwung erfahren. Auch wenn er ein Merkmal eines Darts-Profis vermissen lässt: Bis jetzt sieht er weder aus wie ein Kneipenwirt noch wie einer dessen Stammgäste.
Das kann aber noch werden.