Orgien in der Teeküche
VVON SANDRA BAUMBERGER
ielleicht kaufe ich demnächst doch noch so eine Wildtierkamera. Einfach, um mal dokumentieren zu können, was da nachts los ist in unserer Teeküche. Ich habe nämlich den Verdacht, dass insbesondere die Tassen ein Eigenleben führen, und zwar ein überaus reges, wenn nicht sogar ausschweifendes. Ich will ihnen nicht unrecht tun, aber Orgien nicht ausschließen. Denn wie sonst ist erklärbar, dass einige wirklich angeschlagen sind, und vor allem, dass sie sich derart zügellos vermehren? Es werden nämlich immer mehr. Erst ist mir das natürlich nicht aufgefallen. Ich habe die Tassen aus der Spülmaschine geräumt und sie auf das Regalbrett gestellt, das ein ordnungsliebender Mensch mit „Tassen“beschriftet hat. Wenige Wochen später musste ich die Tassen jedoch bereits ineinanderstapeln – was möglicherweise ein verhängnisvoller, da das Problem verschärfender Fehler war, aber wer weiß über die Vermehrung von Tassen schon Bescheid? Gestern nun half auch das Ineinanderstapeln nicht mehr. Es waren einfach zu viele. Kurz habe ich überlegt, die restlichen Tassen zu den Gläsern zu gesellen. Vielleicht hätten wir dann künftig gläserne Punschtassen. Dann aber habe ich beschlossen, mich für etwaige Zuchtversuche zunächst auf die noch wichtigeren, da häufiger gebrauchten, Messer zu konzentrieren. Auch deren Fach wird immer voller – nur die scharfen, die sind anscheinend zeugungsunfähig oder setzen sich in der Zucht nicht durch. Sie meinen, ich habe nicht alle Tassen im Schrank? Ja, das ist es ja. Aber nur, weil es zu viele sind.