„In zehn Jahren sitzen wir im Bundestag“
Interview Hubert Aiwanger gibt sich mit der Regierungsbeteiligung der Freien Wähler in Bayern nicht zufrieden. Wie er verhindern will, dass seine Partei in der Koalition zermürbt wird
Herr Aiwanger, am Montag werden Sie und einige Ihrer Parteifreunde zu Ministern vereidigt. Macht Sie die Aussicht nervös?
Hubert Aiwanger: Nein, ich freue mich darauf. Endlich können wir noch mehr bewegen und bekommen Zugang zu Fachwissen und Personal, das wir bisher nicht hatten. Damit wollen wir viele Versprechen umsetzen.
Sie hoffen auch auf einen bundesweiten Rückenwind für Ihre Partei. Aber schon die Hessenwahl zeigte, dass die Freien Wähler wohl nur ein bayerisches Phänomen sind.
Oder?
Aiwanger:
Nein. Bundesweit interessieren sich die Leute immer mehr für uns. Alle haben die Vision bürgerlicher Koalitionen für Deutschland, ohne SPD und Grüne. Wir Freien Wähler müssen dazu nur so stark werden wie die FDP im Bund oder knapp drunter. Den Anfang werden weitere Landtage machen. In zehn Jahren werden wir im Bundestag sitzen. Wir werden aber immer eine eigene Partei bleiben und nicht wie die CSU als weitere kleine Schwester der CDU in der Unionsfraktion aufgehen.
Warum hatten Sie bundesweit bislang so wenig Erfolg?
Aiwanger: Hatten wir ja gar nicht. Unsere kommunale Basis passt, wir sind sogar im Europaparlament und werden das auch nächstes Jahr wiederholen. Bundesweit haben andere Parteien wie die Piraten und die AfD in den vergangenen Jahren zu viel Aufmerksamkeit bekommen. Hätten wir die gehabt, wären wir jetzt schon im Bundestag. Die Freien Wähler sind innerlich gefestigt, wir können jetzt aus der Stabilität Bayerns heraus die nächsten Schritte gehen. Es ist der richtige Zeitpunkt. Kleine Koalitionspartner werden in Bündnissen ja oft zermürbt. Wie wollen Sie das verhindern?
Aiwanger: Es stimmt, davor gefeit ist niemand. Wir wollen das Risiko minimieren, indem wir gute Arbeit leisten, Themen bewegen, Akzente setzen und Versprechen durchsetzen. Schon der Koalitionsvertrag zeigt das. Ohne uns gäbe es weder die Neuerungen bei der Kinderbetreuung noch die zusätzlichen Millionen zur Rückerstattung der Straßenausbaubeiträge. Wir müssen jetzt liefern.
Apropos „Strabs“, wie funktioniert das mit der Rückerstattung? Aiwanger: Über einen Härtefonds können alle Bürger, die zwischen 2014 und 2017 Beiträge für Straßenarbeiten zahlen mussten, eine Rückerstattung beantragen. Eine Kommission wird dann nach sozialen Gesichtspunkten, dem Zeitpunkt der Zahlung oder der persönlichen Betroffenheit entscheiden, wer wie viel zurückbekommt.
Sie haben auf dem Parteitag in Regensburg ein Ministeramt als notwendiges Übel dargestellt, weil „die da oben“keine gute Politik machen. Endet damit der Regierungsanspruch der Freien Wähler, wenn dann aus Ihrer Sicht alles besser läuft?
Aiwanger: Der Freie Wähler geht nicht hin, um was zu werden, sondern um was zu bewegen. Wir wollen nicht warten, bis etwas besser wird, sondern Verantwortung übernehmen und es besser machen. Nach den Kommunen und dem Land müssen wir auch im Bund versuchen, den Fuß in die Tür zu kriegen und eine bessere Politik machen.
Was müssen Sie persönlich für den Alltag als Minister noch lernen? Aiwanger: Mein Anspruch ist es, Menschen zufrieden zu machen. Ich will einen offenen Stil pflegen, kein Diktator sein. Natürlich bin ich kein fertiger Minister, jeder muss in die Aufgabe hineinwachsen. Es gibt dabei tausend Dinge zu beachten und zu lernen, aber mit meinem Pragmatismus, Optimismus und Selbstbewusstsein wird das schon werden.