Die kleinen und großen Sünden unserer Vorfahren
Heimatgeschichte „Mordsgeschichten“heißt eine Sammlung von Kriminalfällen aus der Zeit um 1900. Im neuen Buch gibt es spannende Verbindungen von Vergangenheit und Gegenwart
Landkreis Augsburg Wie ein Lauffeuer sprach sich 1905 in Dinkelscherben herum, was sich unweit des Bahnhofs zugetragen hatte: Dort wurden zwei Senioren erschlagen in ihrem Haus gefunden. Der brutale Doppelmord wird im neuen Buch „Mordsgeschichten – die kleinen und großen Sünden unserer Vorfahren“beschrieben. Autor Maximilian Czysz, Redakteur beim Augsburger Landboten, hat über 200 „Mordsgeschichten“aus dem Augsburger Land, Mittelschwaben und dem angrenzenden Unterallgäu zusammengetragen und nacherzählt: Das sind Kriminalfälle, Unglücke und Unfälle, die sich in den letzten Jahren von Kini und Co. zugetragen haben. „Das Buch gibt einen facettenreichen Einblick in das Leben der Menschen auf dem Land“, schrieb Jürgen Marks, Mitglied der Chefredaktion der Augsburger Allgemeinen, im Vorwort. Die Heimatzeitung habe damals schon als ein wichtiger Navigator gewirkt. Marks: „Sie brachte das politische Weltgeschehen in die Region und lieferte gleichzeitig verlässliche Informationen, über die man sonst nur aus dritter oder vierter Hand im Wirtshaus hörte.“Tatsächlich lieferte die Heimatzeitung auch schon 1905 sehr detaillierte Berichte über den Dinkelscherber Doppelmord. Der Täter wurde Tage nach dem Verbrechen gefasst – ein junger Mann, der es auf das Vermögen der ehemaligen Landwirte abgesehen hatte. Er wurde später zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt – absitzen musste er die Strafe in Niederschönenfeld. Wie dort der Vollzugsdienst aussah, wird im Buch geschildert. KarlHeinz Gerner, der Leiter des allgemeinen Vollzugs in Niederschönenfeld, hat sich intensiv mit der Vergangenheit des Hauses befasst und berichtet im Interview, wie die jungen Gefangenen lebten. Erhalten ist auch der Speiseplan der Anstalt von 1908: Montags gab es zum Beispiel Brotsuppe, 70 Gramm Schweinebraten, 400 Gramm Kartoffelsalat und am Abend Reissuppe. An Freitag wurde wieder Brotsuppe aufgetischt, dazu 100 Gramm Fisch und 500 Gramm saure Kartoffeln, am Abend 70 Gramm Käse. Autor Czysz hat die alten Berichte aus den Lokalblättern mit vielen Interviews flankiert und so eine spannende Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart hergestellt. Beispielsweise berichtet der frühere Leiter der Rechtsmedizin in München, Prof. Dr. Wolfgang Eisenmenger, über die Entwicklung der Rechtsmedizin und das perfekte Verbrechen. Prof. Dr. Stephan Vogt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Ärztlicher Direktor der Hessing-Kliniken, geht auf alte und neue Behandlungsmethoden ein – angelehnt an eine Rauferei mit Folgen in Deubach. Und Dr. Johann Kreuzpointner, Präsident des Landgerichts Kempten, erklärt beispielhaft an einem Fall, in welchem Rahmen und wer auf Verbrecherjagd gehen darf. Jürgen Marks: „Um Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden, befragte Czysz kundige Experten. Das ist ein gutes Rezept für modernen Geschichtsjournalismus, den die Augsburger Allgemeine seit vielen Jahren pflegt und dafür auch schon mehrfach ausgezeichnet wurde.“
Maximilian Czysz kennt sich aus mit der Geschichte des Augsburger Landes. In seiner Zeitungs-Serie „Hitlers Wunderwaffe aus dem Wald“beschrieb er das geheime Flugzeug-Werk Kuno im Scheppacher Forst. Dafür erhielt er 2016 den renommierten Konrad-Adenauer-Preis.
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Verkauf Erhältlich sind die „Mordsgeschichten“bei allen Service-Partnern der Augsburger Allgemeinen, ausgewählten Buchhandlungen wie Thalia, Pustet und Hugendubel in Augsburg, unter der kostenfreien Bestellhotline 0821/777-4444, im AZ-Online-Shop sowie am Empfang der in der Curt-Frenzel-Straße 2 in Augsburg zum Preis von 12,95 Euro.