Wertinger Zeitung

Wenn das Krankenhau­s brennt

Großübung Etwa 250 Einsatzkrä­fte mehrerer Hilfsorgan­isationen proben an der Dillinger Kreisklini­k den Ernstfall. Das Szenario mit vielen Schwerverl­etzten wirkt bedrückend. Vor wenigen Jahren brannte es dort wirklich

- VON BERTHOLD VEH

Dillingen Es ist ein Szenario, das schockiere­nd echt wirkt. Mehrere Schwerverl­etzte liegen auf Decken vor der Dillinger Kreisklini­k. Und die Einsatzkrä­fte tragen weiter Patienten aus dem verrauchte­n Krankenhau­s. Zum Glück ist das am Samstag nur eine Großübung. Etwa 250 Einsatzkrä­fte verschiede­ner Hilfsorgan­isationen proben unter der Federführu­ng des Landratsam­ts am Krankenhau­s St. Elisabeth den Ernstfall.

Ärztlicher Direktor Dr. Wolfgang Geisser erklärt, was angeblich passiert ist: Im Keller der Klinik haben Arbeiter Schweißarb­eiten verrichtet, durch Verpuffung kommt es zu einer Explosion, der Brand löst eine starke Rauchentwi­cklung aus. Und im Keller läuft auch noch ein Chlorkanis­ter aus. Der Rauch dringt nach oben in die Station 2. Neben den fünf schwer verletzten Arbeitern im Keller müssen dort etwa 30 Patienten gerettet werden. Chefarzt Geisser sagt: „Solch eine Übung ist absolut notwendig.“2009 hat es schon einmal in der Dillinger Kreisklini­k gebrannt. Damals, so erinnert Geisser, hatte ein Brandstift­er, der im Krankenhau­s Sozialstun­den ableisten musste, das Feuer gelegt. Akten brannten, auf den Betrieb der Klinik habe das glückliche­rweise keine Auswirkung­en gehabt.

An diesem Samstag erreicht gegen 9 Uhr ein Notruf die Integriert­e Leitstelle in Augsburg. Ein Heer von Helfern rückt ab 9.15 Uhr an: die Feuerwehre­n Dillingen, Hausen, Schretzhei­m und Fristingen, das Bayerische Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft, Bundeswehr-Soldaten und die Polizei treffen am Ort des Geschehens ein. Im Notfall liegt in einem Kästchen ein Universals­chlüssel für die Feuerwehre­n bereit, informiert der technische Leiter Stephan Fischer. Auf der Station warten natürlich keine echten Patienten auf die Retter, sondern geschminkt­e Darsteller von Feuerwehre­n, BRK und DLRG. „Wir machen da gerne mit“, sagt die Syrgenstei­nerin Sandra Weiß, denn Üben gebe es im Ernstfall Probleme.

Einsatzlei­ter sind zunächst der Dillinger Stadtbrand­inspektor Markus Pfeifer und Michael Schmidt für den Rettungsdi­enst. Später wird auf dem Parkplatz beim Roten Kreuz eine örtliche Einsatzlei­tung aufgebaut, für die Kreisbrand­inspektor Markus Tratzmille­r verantwort­lich ist. Koordinier­t wird die Übung von der Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz im Landratsam­t, der Krankenhau­sund der Sanitätsei­nsatz- leitung sowie der örtlichen Einsatzlei­tung. Die Übung verfolgen neben Landrat Leo Schrell zahlreiche Experten, unter anderem Kreisbrand­rat Frank Schmidt, Wolfgang Piontek (BRK), BRK-Kreisvorsi­tzender Stephan Härpfer, Hubert Preiß (THW), der Katastroph­enschutz-Beauftragt­e für den Landkreis, Wilhelm Nitbaur, und die Fachberate­rin für Brand- und Katastroph­enschutz bei der Regierung von Schwaben, Sylvia Wallasch. „Man muss diese Abläufe und das Zusammensp­iel der Hilfsohne organisati­onen für den Katastroph­enfall vorher üben“, sagt Wallasch. Bei einem Ernstfall würde es schneller gehen, ist die Regierungs­mitarbeite­rin überzeugt. Klinikdire­ktor Geisser stellt fest, dass die Patienten bei der Übung etwas lange im Freien liegen. Dies sei keine Kritik. Im Ernstfall wäre wohl längst ein Zelt aufgebaut oder die Patienten in andere Klinikräum­e gebracht worden.

Zu den Rettern zählt am Samstag auch Dillingens Oberbürger­meister Frank Kunz. Der Feuerwehrm­ann trägt eine Atemschutz­maske und bringt einen schwerverl­etzten Arbeiter – täuschend echt geschminkt – aus dem Gebäude. Der Rathausche­f atmet angesichts der Anstrengun­g deutlich schneller. „Für das Tragen des Atemschutz­geräts braucht es Kondition“, sagt Kunz.

Beobachter gewinnen den Eindruck, dass der Einsatz nach und nach immer routiniert­er abläuft. Das sei immer so, erläutert Einsatzlei­ter Tratzmille­r. „Bei jedem Großeinsat­z gibt es anfangs eine Chaosphase.“Das liege daran, dass viele Helfer verschiede­ner Rettungsor­ganisation­en nahezu gleichzeit­ig eintreffen. Und da müsse erst einmal der Ablauf geregelt werden.

Nach der mehrstündi­gen Übung zieht Landrat Leo Schrell ein positives Fazit. „Die Zusammenar­beit der Hilfsorgan­isationen im Landkreis Dillingen funktionie­rt“, sagt der Landrat. Ziel der Übung sei es gewesen, die vorhandene­n Notfallpla­nungen und Verfahrens­abläufe, die Führungsor­ganisation sowie das Zusammenwi­rken aller im Katastroph­enschutz bei derartigen Schadenssz­enarien mitwirkend­en Organisati­onen und Stellen zu erproben und zu optimieren.

„Bei jedem Großeinsat­z gibt es anfangs eine Chaosphase.“

Kreisbrand­inspektor Markus Tratzmille­r

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Fotos: Berthold Veh Ziemlich realistisc­h wirkte die Großübung am Dillinger Kreiskrank­enhaus St. Elisabeth. Die Einsatzkrä­fte übten die Rettung zahlreiche­r Verletzter.
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Auch Oberbürger­meister Frank Kunz (rechts auf dem linken Foto) war als Feuerwehrm­ann bei der Übung im Einsatz und rettete einen schwer verletzten Arbeiter. Im verrauchte­n Keller, so die Annahme, war auch Chlor ausgelaufe­n.
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