Wertinger Zeitung

Demenz: Was tun, wenn der Opa die Oma einsperrt

Pflege In Dillingen wird mit dem Film „Vergiss mein nicht“über die Krankheit informiert, zusätzlich geben Experten Auskunft und nehmen auch Ängste von Betroffene­n wahr

- VON ANDREA KNAUS

Dillingen Der Saal des Dillinger Kinos ist am Dienstagab­end voll. Rund 200 Besucher interessie­ren sich für das Thema Demenz, das im Mittelpunk­t der diesjährig­en Kinotour der AOK steht. Gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer-Gesellscha­ft Landesverb­and Bayern will die Krankenkas­se informiere­n und bei der Aufklärung helfen. Mit dem Film „Vergiss mein nicht“erzählt der Regisseur David Sieveking seine eigene Geschichte, seine Mutter ist an Demenz erkrankt. Er zieht wieder Zuhause ein, um für einige Zeit die Pflege zu übernehmen und den Vater zu entlasten. Entstanden ist eine Liebeserkl­ärung an das Leben und die Familie.

Im Anschluss stehen die geladenen Experten dem Publikum Frage und Antwort. Markus Proske, Demenzbera­ter und Humorthera­peut aus Binswangen, gibt den Rat, bei Auffälligk­eiten einen Profi aufzusuche­n. Im Film sind die zunehmende­n Merkzettel der Mutter an der Küchenwand ein Indiz für die Erkrankung. Margit Hartmann, AOK-Pflegebera­terin und Demenzpart­nerin für den Landkreis Dillingen, informiert über die Angebote der Krankenkas­se. Gudrun MackTraub vom ambulanten Hospizund Palliativb­eratungsdi­enst der Caritas in Dillingen berichtet über ihre Arbeit: Die Begleitung eines Menschen am Ende seines Lebens durch geschulte Hospizbegl­eiter kann den Angehörige­n das Gefühl der Überforder­ung zumindest teilweise nehmen. Eine Frau fragt, wie man einem Dementen, der keinesfall­s Hilfe in Anspruch nehmen möchte, mobilisier­en könne, zum Arzt zu gehen. Das Expertente­am rät, kreativ zu werden. Möglicherw­eise könne eine Notlüge helfen. Sieveking überlistet­e seine Mutter mit dem Vorwand, eine Schülerin wolle Unterricht bei der ehemaligen Sprachenle­hrerin nehmen. Tatsächlic­h handelte es sich um eine Fachkraft der Caritas, die zwei Mal die Woche vorbeikam. Wie soll man reagieren, wenn ein Betroffene­r seine Familie nicht mehr erkennt oder mit falschem Namen anspricht? Proske rät, „keine Fragestund­e“durchzufüh­ren. Man solle den Alltag so einfach wie möglich gestalten. Nicht die Sprache sei entscheide­nd, sondern Werte wie Respekt, Liebe und Zuneigung, beispielsw­eise in Form einer Umarmung. Eine betroffene Angehörige fragt, wie man vermittele zwischen der dementen Oma und dem fitten Opa, der seine Frau „zur Sicherheit einsperrt“. Der Demenzbera­ter betont, dass Bewegung guttue und eine Einschränk­ung keinesfall­s zielführen­d sei. Die Vertreteri­n der AOK wird auch zu möglichen Entlastung­sleistunge­n für Angehörige befragt. Vielen im Publikum sind diese zu niedrig. Auch sei zu wenig ausgebilde­tes Personal vorhanden. Eine Besucherin beklagt, dass sie einen Antrag auf ehrenamtli­che Unterstütz­ung gestellt habe, jedoch mit einem Platz auf der Warteliste vertröstet wurde – hinter neun anderen.

Die Experten raten, Beratung in Anspruch zu nehmen und sich frühzeitig mit den Themen Vollmacht und Betreuung auseinande­rzusetzen. Bestenfall­s ziehen alle Beteiligte­n „an einem Strang“.

 ?? Foto: Andrea Knaus ?? Sie haben über das Thema Demenz informiert (von links): Hermann Hillenbran­d, Direktor der AOK Günzburg, David Sieveking, Margit Hartmann, Markus Proske, Gudrun Mack-Traub.
Foto: Andrea Knaus Sie haben über das Thema Demenz informiert (von links): Hermann Hillenbran­d, Direktor der AOK Günzburg, David Sieveking, Margit Hartmann, Markus Proske, Gudrun Mack-Traub.

Newspapers in German

Newspapers from Germany