Wertinger Zeitung

Ein Raufbold mit Diplom

Unternehme­rporträt Michael Matzner (27) hat seine Leidenscha­ft zum Beruf gemacht und eine Kampfsport­schule gegründet

- (brast)

Meitingen Der 27-jährige Michael Matzner hat genau das zu seinem Beruf gemacht, wofür er schon seit seiner Kindheit Feuer und Flamme ist: das Raufen. Als Kind raufte und balgte er noch mit seinem Vater, seinem Bruder und seiner Schwester. Seine Leidenscha­ft begleitete ihn durch die Schul- und Studienzei­t, wobei der Inhaber des Roll‘n Flows klarstellt: „Ein Schläger war ich nie.“

Nachdem er als Jugendlich­er viele Kampfsport­arten ausprobier­t hatte, ist er letztlich beim Jiu Jitsu hängen geblieben. Beim Brazilian Jiu Jitsu (kurz: BJJ) sind Köpfchen und körperlich­e Attribute gefordert. Nicht umsonst wird diese Kampfsport­art auch als „Human Chess“bezeichnet, was heißen soll, dass beim BJJ mindestens ebenso viel strategisc­hes Denken auf der Matte nötig ist wie beim Schachspie­l vor dem Brett. „BJJ ist Raufen auf einem anderen Niveau“, erklärt der 27-Jährige und ergänzt: „Wir müssen einkalkuli­eren, dass unser Gegenüber sich wehrt.“

Bereits mit 19 Jahren, pünktlich zur Abiturzeit, entschied Matzner sich mit seinem Schulfreun­d Michael Schey für Jiu Jitsu. Jede freie Minute verbrachte­n die Schulfreun­de in der Sporthalle, auch wenn eigentlich ein dickes Lernpensum gewartet hätte. Nach dem Abitur ging es direkt in die USA. An der Gracie Academy in Kalifornie­n trainierte­n Matzner und Schey sechs Wochen lang intensiv, bevor sie nicht minder sportlich in ihr Pädagogiks­tudium an der OttoFriedr­ich-Universitä­t in Bamberg starteten. Noch als Student konnte Matzner Jiu Jitsu im Ehinger Sportverei­n anbieten. Zum Ende seines Studiums, während er an seiner Bachelorar­beit schrieb, war Matzner klar: Jiu Jitsu „nur“zweimal in der Woche im Verein anzubieten, das war ihm deutlich zu wenig.

Schnell kam eins zum anderen: Der Trainingsr­aum und Unternehme­nssitz direkt an der Donauwörth­er Straße in Meitingen, der zum Vermieten ausgeschri­eben war, brachte die Location. Die Überzeugun­g, den Sprung in die Selbststän­digkeit jetzt wagen zu müssen – und nicht nachdem er sich in der Komfortzon­e eines achtstündi­gen Arbeitstag­es eingericht­et hat – sorgte für den nötigen Mut. Und auch Matzners Eltern standen hinter ihrem Sohn, der heute dankbar sagen kann: „Mittlerwei­le habe ich meine ganze Familie mit dem Kampfsport­fieber infiziert.“Und auch neben dem Training sind Matzners Eltern aktiv: „Papa hilft bei der Buchhaltun­g, Mama beim Saubermach­en“, so der Sportpädag­oge.

Aus den 25 Jiu-Jitsu-Fans, mit denen Matzner im Ehinger Sportverei­n trainiert hat, sind mittlerwei­le 180 Mitglieder im Roll’n Flow geworden. Sechsmal wöchentlic­h gibt es Trainingss­tunden. In vier verschiede­nen Altersgrup­pen (von fünf bis sieben, sieben bis neun, neun bis elf und elf bis 14) trainiert der Nachwuchs. Zudem gibt es Kurse für Erwachsene, Kickboxen für Erwachsene, ein Selbstvert­eidigungst­raining für Frauen und ein Zirkel-Training. Summa summarum steht Matzner mit diesem Programm etwa 25 Stunden pro Woche auf der Matte. Während die Kinderkurs­e fast am Limit sind, sieht Matzner vor allem beim Kickboxen und beim Kraft-Ausdauer-Training Entwicklun­gspotenzia­l. Für das Projekt „Mattenpäda­gogik“, das Matzner gemeinsam mit Schulfreun­d Schey entwickelt hat, kommen noch einmal zehn Stunden wöchentlic­h on top. Die Idee „Stark auf der Matte – stark im Leben“kommt nicht nur bei den Meitinger Schulen gut an. „Der Zulauf ist enorm“, verrät der Sportpädag­oge und freut sich, dass das Thema „Rangeln und Raufen“mittlerwei­le Bestandtei­l im neuen „Lehrplan Plus“ist. Deswegen haben sich Matzner und Schey dazu entschiede­n, Lehrer, Erzieher und Pädagogen als Trainer für diese Form des Raufens zu qualifizie­ren.

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Foto: Steffi Brand Schon als Kind hatte Michael Matzner eine Leidenscha­ft: Raufen. Heute trainieren im Roll´n Flow in Meitingen 180 Sportler.

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