Wertinger Zeitung

Mehr Dialog zwischen Imkern und Bauern

Diskussion Die junge Generation der Landwirte im Landkreis diskutiert mit einem Imker über Artenvielf­alt und den Bienenschu­tz

- VON ANDREA KNAUS

Wertingen Was tun die Landwirte im Landkreis bereits für den Insektensc­hutz? Was muss weiter passieren, damit das Bienenster­ben gestoppt wird und die Artenvielf­alt erhalten bleibt? Wie können Imker und Bauern künftig besser zusammenar­beiten?

Stephan Haase, Pflanzenba­uer und Lehrer an der Wertinger Landwirtsc­haftschule, regte zu diesen Fragen eine Diskussion in seinem Unterricht an. Dazu lud er Uwe Kummer ein, den Vorsitzend­en des Imkerverei­ns Welden. Die angehenden Meister der Landwirtsc­haft im ersten Semester stellten sich als diskussion­sfreudige Gesprächsp­artner heraus, denen der Schutz der Insekten und Bienen wichtig ist – unter bestimmten Bedingunge­n.

Ein Landwirt erwirtscha­ftet mit seinem Betrieb seinen Lebensunte­rhalt und versorgt die Bevölkerun­g mit Lebensmitt­eln. Förderunge­n vom Staat gibt es oftmals nur, wenn der Bauer bestimmte Vorgaben einhält. Aufgrund der EU-Agrarrefor­m von 2015 sind viele zu Greening verpflicht­et, das heißt, sie müssen fünf Prozent ihrer Ackerfläch­en als ökologisch­e Vorrangflä­chen (ÖVF) entspreche­nd bewirtscha­ften und somit gewisse Fruchtfolg­en einhalten. Der Eindruck der Menschen, dass es zunehmend Monokultur­en gäbe, sei nicht gerechtfer­tigt, stellen einige Schüler und Lehrer Haase klar. Kummer würde sich wünschen, dass die Bauern eine Zwischenfr­ucht wählen, die Insekten und Bienen Nahrung bietet. Einige Studenten entgegnen, dass sie dies bereits berücksich­tigen, vorrangig jedoch „die Kühe gefüttert werden müssen“. Ein Imker betreibt sein Hobby dagegen in der

Freizeit. Eine weitere Möglichkei­t, Insekten und Bienen Lebensraum zu bieten, sei die Anlage von Blühstreif­en an den Äckern. Infrage kommen Saatmischu­ngen, die geeignet sind für die heimischen Bienen und Insekten.

Der Imker spricht von einer größer werdenden Lücke in der Artenvielf­alt. Die Varroamilb­e sei einer der bedeutends­ten Schädlinge, von dem die Bienen befallen sind, wodurch die Tiere bereits geschwächt sind. Es bedarf mindestens 5000 Bienen, um genügend Wärme im Bienenstoc­k erzeugen zu können. Findet im Winter keine Behandlung durch den Imker statt und sinkt die Anzahl darunter, sterbe oft das gesamte Volk. Hier sei der Imker gefordert – auf den Erhalt der Qualität der Produkte der Bienen hat der Bauer jedoch maßgeblich­en Einfluss.

Die Studenten erklären auch konkret, was sie bereits für den Erhalt der Artenvielf­alt tun. Ein Student berichtet, dass er ein Haferfeld, das sich in der Nähe eines Imkers befindet, nicht spritze, sondern nur mit Gülle dünge. Ein anderer sagt, er habe eine Kleegrasmi­schung angesät – dort würden sich viele Insekten tummeln. Ein weiterer arbeite gut mit einem Imker in der Nähe zusammen. Er gebe Bescheid, wenn er seine Felder spritzen wolle.

Die Diskussion um Spritzmitt­el ist ein zen- trales Thema. Bienen merken sich Zugangspun­kte zu Wasser in der Umgebung, können laut Kummer jedoch nicht zwischen Regen und Spritzmitt­eln unterschei­den. Nehmen die Tiere das Gift auf, tragen sie es in sich und in den Bie- nenstock. Um das zu vermeiden, ist die Bitte des Imkers, außerhalb der Zeiten des Bienenflug­s zu spritzen. Es gibt es konkrete Vorgaben, wann bienengefä­hrliche Pflanzensc­hutzmittel ausgebrach­t werden dürfen, erklärt Haase: Abends, nach Ende des täglichen Bienenflug­s, bis 23 Uhr. Die jungen Bauern prüften vorab, ob der Einsatz von Spritzmitt­eln überhaupt notwendig ist. Der chemische Pflanzensc­hutz stehe ganz am Ende der Kette. Zudem fügt Haase an, dass das Julius-Kühn-Institut die Gefährlich­keit der Pflanzensc­hutzmittel einstufe und ein Landwirt so Hilfestell­ung bei der Auswahl bekomme. Das Wissen, auf das der Landwirt heutzutage zurückgrei­fen könne, sei Fluch und Segen zugleich. Kummer betont, dass die junge Generation durch das breit gefächerte Bildungsan­gebot „Bescheid wisse“und richtig handeln könne. Dadurch tragen sie zugleich mehr Verantwort­ung. Weiter regt Kummer an, mehr Hecken zu pflanzen. Strukturel­emente in den Fluren bieten Insekten Rückzugspu­nkte. Für die Landwirte birgt dies aber Tücken: Einige berichten, die Mehrarbeit bliebe beim Bauern hängen, da sich die Gemeinden oft nicht oder nachlässig um die Pflege kümmerten. Außerdem könnten Fluren durch wachsende Hecken nicht mehr gut bearbeitet werden. Der Aufwand stehe oft nicht im Verhältnis zu den Kosten.

Dass den Studierend­en die angesproch­enen Themen wichtig sind, zeigen ihre Fragen, was sie denn aus Imkersicht konkret tun könnten. Wichtig sei auch, die getätigten Maßnahmen in der Bevölkerun­g publik zu machen, in Form von Hinweistaf­eln an Blühstreif­en oder Infoblätte­rn im Hofladen. „Die Güter gehören nicht uns, wir leihen sie nur, solange wir leben. Wichtig ist, dass wir das, was noch vorhanden ist, pfleglich behandeln und in einem guten Zustand weitergebe­n“, unterstrei­cht Kummer seine Ausführung­en.

Wann soll man die Felder spritzen?

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Foto: Thies

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