Die Macht des Gänsebratens
Jetzt, im Advent, soll sich der Mensch auf Weihnachten vorbereiten. Hervorragend auf die Festtage vorbereitet sind aber vorerst nur die großen Kaufhausketten. Seit Monaten erinnern sie uns daran, dass wir Lebkuchen, Kerzen und Plastiksterne kaufen sollen.
Tatsächlich versorgen sich Millionen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Kunst und Kitsch, um ein harmonisches Fest zu sichern. Das kostet Kraft. Laut „Statista“-Umfrage empfindet ein Drittel aller Deutschen die Adventswochen als „stressigste Zeit des Jahres“. Und inzwischen hat sich auch herumgesprochen, dass in vielen Familien die Bereitschaft zunimmt, unterm Lichterbaum grimmig zu streiten.
Dabei wäre alles so einfach: Für mehr als 70 Prozent der Deutschen verbindet sich die Vorstellung von einem schönen Weihnachten mit „einem richtig guten Essen“. Das erklärt den rasant steigenden Absatz exquisiter Fleischwaren. Unter vielen Dächern erwacht die Hoffnung, dass sich mit einer perfekt gebratenen Tiefkühlgans samt Glöckchengeklingel und Festgetränk jeder Zwist vermeiden lässt. Im Bratenduft verzichtet der weihnachtsselige Mensch auf eine Debatte zur Frage, welche Begleitmusik Alexa bei elektrischem Kerzenlicht spielen soll und ob sich mit Einschaltung des Fernsehgeräts die Feststimmung verstärken lässt. So erfüllt der Weihnachtsbraten einen alten Traum, den der Dichter Max von Schenkendorf in den Satz gegossen hat: „Es ist ja frohe Weihnachtszeit, / Engleins und Kindleins Lust; / Verbanne Streit und Herzeleid / Nur schnell aus deiner Brust.“