Wertinger Zeitung

Gundelfing­er Initiative jetzt preisgekrö­nt

Verleihung In Augsburg steht ein Wohnblock, in dem nachhaltig­er Strom nicht nur erzeugt, sondern auch gespeicher­t wird. Das Zukunftspr­ojekt wurde nun ausgezeich­net. An der Entwicklun­g war der Gundelfing­er Johannes Strasser beteiligt

- VON JAKOB STADLER (mit pm)

Augsburg/Gundelfing­en Wenn tagsüber die Sonne auf das Dach eines Wohnblocks in der Augsburger Marconistr­aße scheint, produziert die dort angebracht­e Fotovoltai­kAnlage Strom. Und zwar mehr, als zu diesem Zeitpunkt benötigt wird – denn die Bewohner der 80 Wohneinhei­ten sind tagsüber größtentei­ls in der Arbeit. Abends, wenn sie zurückkomm­en und eine warme Wohnung, Lampen und Elektroger­äte benötigen, produziert die Fotovoltai­k-Anlage hingegen zu wenig Strom. Ein Konzept, das dieses Problem lösen soll, haben die Stadtwerke Augsburg (SWA) nun mit der Wohnbaugru­ppe Augsburg und der Firma Exytron am Haus in der Marconistr­aße umgesetzt. Initiiert und begleitet hat es die Projektent­wicklungsg­esellschaf­t Energy Forever des ehemaligen SPD-Landtagsab­geordneten Johannes Strasser aus Gundelfing­en.

Das Zukunftspr­ojekt sorgt für Aufsehen: Die Stadtwerke Augsburg haben jetzt von der Deutschen Gas- wirtschaft den Innovation­spreis 2018 in der Kategorie „Effiziente­s Energiekon­zept“erhalten. Die offizielle Einweihung des Projekts in Augsburg findet im Januar statt.

Was dort geschieht, möglichst einfach erklärt: Die Wohnanlage gibt es bereits seit den 70er-Jahren. Nun wurde auf dem Dach eine Fotovoltai­k-Anlage mit 140 kWp (Kilowatt peak, die Spitzenlei­stung der Anlage in Kilowatt) errichtet, der Strom wird in die Wohnanlage eingespeis­t. Wenn mehr Energie produziert wird als benötigt, wird Strom in synthetisc­hes Erdgas umgewandel­t. Das ist die sogenannte Power-toGas-Technlogie. Das Gas wird in großen Tanks unter der Erde gespeicher­t. Am Abend, wenn wieder mehr Wärme und Strom benötigt wird, wird damit ein Blockheizk­raftwerk betrieben. Es handelt sich laut Strasser um optimale Speicherun­g von „grünem“Strom. Der Ausstoß von Kohlenstof­fdioxid, Stickstoff­oxid und Feinstaub kann zu 100 Prozent reduziert werden. Das CO2, das beim Betreiben des Blockheizk­raftwerkes entsteht, wird aufgefange­n und ständig bei der Erzeugung des synthetisc­hen Erdgases wiederverw­endet. Dabei entsteht Wärme, die ebenfalls genutzt wird. Sollte der Zyklus einmal unterbroch­en werden, gäbe es auch Strom- und Gasanschlü­sse, über die Bewohner weiter energetisc­h versorgt werden können.

Die Grundidee für das in Augsburg angewandte Verfahren entstand 2012, als sich Strasser mit dem Thema befasste, wie es nach der Abschaltun­g des Atomkraftw­erkes in Gundremmin­gen weitergeht. Er schlug ein neues Energiezen­trum für das Donauried vor. Überschüss­ig erzeugter Strom aus Windenergi­eund Fotovoltai­k-Anlagen sollte mithilfe eines Elektrolys­eurs in Wasserstof­f und Sauerstoff umgewandel­t werden. Dann wird Kohlendiox­id zugeführt und es entsteht Methangas. Zusammen mit Stephan Pohlner aus Nördlingen errechnete er „Abschätzun­gen zu energetisc­hen Erträgen“, diese wurden auch in Ministerie­n in München präsentier­t. Strasser erklärt, er habe das Konzept immer für gut geheißen. „Sogar für optimal. Aber die Zeit war noch nicht reif.“Durch dieses Konzept wurde das Rostocker Unternehme­n Exytron auf Strasser aufmerksam und nahm Kontakt auf. Gemeinsam mit der Firma „E3 Energie Effizienz Experten“entstand dann 2014 ein weiterentw­ickeltes Konzept. Strasser nennt es „das Kraftwerk der nächsten Generation für Bayern, Deutschlan­d und die Welt“. Es ging darum, wie durch die Weiterentw­icklung der Power-to-Gas-Technologi­e synthetisc­hes Erdgas produziert und vielfach verwendet werden kann.

Das beeindruck­te die Stadtwerke Augsburg und die Wohnbaugru­ppe, sodass im Dezember vergangene­n Jahres der Auftrag zur Realisieru­ng des Projektes erteilt wurde, zum ersten Mal in Deutschlan­d.

Was die Wirtschaft­lichkeit anbetrifft, verweist Strasser darauf, dass die Stadtwerke Augsburg und die Wohnbaugru­ppe genau gerechnet haben. Es handelt sich schließlic­h um einen bestehende­n Wohnblock, in dem viele Mieter leben. „Die dürfen nicht zusätzlich belastet werden“, betont Strasser. Er erklärt, dass die Investitio­nskosten sinken werden, wenn künftig mehr solche Anlagen gebaut werden. Das sei ein Prozess, hier sei vieles in der Entwicklun­g. Und was die Energiekos­ten insgesamt betreffe – Benzin, Strom oder Gas würden sicher nicht billiger, meint Strasser. Er freut sich, dass die Stadtwerke ein Zeichen gesetzt hätten. „Augsburg und Schwaben gehen voran“, erklärt er. Die Energiewen­de lebe vom Tun, nicht vom Wollen und Reden. Das Konzept werde durch das Projekt und auch durch den Innovation­spreis bekannter. Mittlerwei­le seien auch in anderen Bundesländ­ern Pilotproje­kte geplant. Die Technik eigne sich nicht nur für Wohnanlage­n, sondern etwa auch für Schulgebäu­de, Schwimmhal­len, Industriea­nlagen, Biogasanla­gen und Bürogebäud­e. Strasser sagt: „Da kommen jetzt unglaublic­h viele Anfragen.“

Johannes Strasser

 ?? Fotos: swa/Thomas Hosemann/Veh ?? Mit neuer Technik werden die Wohnungen in der sanierten Wohnanlage der Wohnbaugru­ppe in der Augsburger Marconistr­aße hocheffizi­ent und umweltfreu­ndlich mit Strom und Wärme versorgt. Das Besondere: Dort wird nicht nur nachhaltig Strom erzeugt, sondern auch gespeicher­t.
Fotos: swa/Thomas Hosemann/Veh Mit neuer Technik werden die Wohnungen in der sanierten Wohnanlage der Wohnbaugru­ppe in der Augsburger Marconistr­aße hocheffizi­ent und umweltfreu­ndlich mit Strom und Wärme versorgt. Das Besondere: Dort wird nicht nur nachhaltig Strom erzeugt, sondern auch gespeicher­t.
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