Wo sehen Sie rot?
Verkehr Die erste Ampel der Welt ging vor 150 Jahren in Betrieb. Technisch hat sich seitdem viel getan. Kritik an einzelnen Anlagen gibt’s aber immer, auch im Landkreis Dillingen. Warum man etwa am Taxispark lange warten muss
Landkreis Rot heißt stehen bleiben, Grün heißt gehen. Das lernen bereits kleine Kinder – doch wie lange ist das eigentlich schon so? Genau 150 Jahre. Die erste Ampel der Welt ging am 10. Dezember 1868 in Betrieb. Am Londoner ParliamentSquare, in der Nähe des damals zehn Jahre alten Big Ben, wurde eine acht Meter hohe Säule aufgestellt. Gasbetriebene Lampen in Rot und Grün sollten das Verkehrschaos aus Pferdekutschen in den Griff bekommen. Ein Polizist bediente die Hebel.
Inzwischen sind Ampeln zwar als gutes Instrument zur Verkehrsregulierung anerkannt – einzelne Anlagen sind aber umstritten. Dass es auch im Landkreis Dillingen Ampeln gibt, die nicht nur Beruhigung, sondern auch Ärger hervorrufen, war anzunehmen. Ein Aufruf auf der Facebook-Seite unserer Zeitung bestätigte das: Unsere Leser konnten sofort von Ampeln berichten, die zu kurz Grün oder zu lange Rot sind – mehr, als in diesem Artikel erwähnt werden können.
Ein Beispiel aus Wertingen: „Wenn man auf der Donauwörther Straße von Augsburg kommt und auf die Gottmannshofer Straße an der OMV links in Richtung Städtle abbiegen möchte, muss man ewig warten“, erklärt ein Nutzer aus Autofahrersicht. Eine Nutzerin kritisiert hingegen, die Fußgängerampel dort schalte zu schnell wieder auf Rot und sei daher eine Gefahr, gerade für ältere Menschen.
Kritik gab es auch an der Ampel im Lauinger Osten, wo es über die alte B16 zum Gewerbegebiet geht. Ein Nutzer erklärt, diese bremse „ziemlich jeden Autofahrer aus, da sowohl Grün- als auch Rotphasen viel zu oft und kurz geschaltet sind“.
Besonders viel diskutiert wurde die Ampelanlage am Dillinger Taxispark, wo Georg-Hogen-Ring und Prälat-Hummel-Straße auf die Große Allee treffen. Facebooknutzer monierten sowohl lange Wartezeiten als auch kurze Grünphasen, vor allem für Fußgänger. Da heißt es etwa: Die „ganze Kreuzung steht, nur die links Abbiegespur auf Grün und kein Fahrzeug kommt“, oder „Lange Rotlicht-Zeit, Grünphase hingegen zehn Sekunden.“
Für diese Ampelanlage ist das Staatliche Bauamt Krumbach zuständig, in Person von Andreas Reiser. Der erklärt, warum wie geschaltet wird. Es gab an der Taxispark-Kreuzung 2012 einen tödlichen Unfall. Damals hatte ein Lastwagenfahrer, der vom Georg-Hogen-Ring kam, beim Rechtsabbiegen in Richtung Lauingen einen
Besonders viel Kritik an der Taxispark-Kreuzung
17-jährigen Fahrradfahrer überfahren. Danach wurde die Kreuzung umgebaut und die Ampelanlage komplett überarbeitet, erklärt Reiser. In der Prälat-Hummel-Straße wurde eine Rechtsabbiegerspur geschaffen. Vor allem aber wurden „die Fußgängerströme separat geschaltet“. Das heißt, dass während der Grünphase der Fußgänger keine Rechtsabbieger fahren dürfen. „Zum Schutz der Fußgänger hat man hier dem Kfz-Verkehr längere Wartezeiten zugemutet“, sagt Reiser. Das habe die Sicherheit erhöht, bestätigt auch die Polizei in Dillingen. Zwar ist die viel befahrene Kreuzung in Dillingen 2018 der verkehrsunfallträchtigste Ort in der großen Kreisstadt, doch Fußgänger und Radfahrer waren bei diesen Unfällen nicht betroffen. „Hierbei kam es in den meisten Fällen zu Auffahrunfällen aus Unachtsamkeit (neun), in seltenen Fällen zu Verkehrsunfällen aufgrund Missachtung von Rotlicht (vier)“, teilt die Dillinger Polizei mit. Insgesamt wurden bei den Unfällen vier Personen verletzt, darunter keine Fußgänger oder Radfahrer. In dieser Statistik taucht ein Unfall vom vergangenen Donnerstag noch nicht auf. Da hatte ein Lastwagenfahrer an der Kreuzung einen Radler übersehen – allerdings nicht an der Ampel, sondern beim Ausfahren aus der Tankstelle. Laut Polizei kam es nicht zu einer Berührung, der Radfahrer stürzte jedoch beim Ausweichen und musste mit einer verletzten Schulter ins Krankenhaus gebracht werden.
Reiser erklärt, es handele sich an der Kreuzung um ein komplexes Anlagenprogramm. Es ist verkehrsabhängig, im Boden sind Kontaktschleifen verlegt, zudem spielt es eine Rolle, zu welcher Tageszeit ein Autofahrer an die Kreuzung fährt. „Deswegen kann es sein, dass die Rotphasen unterschiedlich und auch einmal länger sind.“
Die Kontaktschleifen dürften der
Die „Freigabezeit“ist länger als die „Grünzeit“
Grund einer weiteren Beschwerde auf Facebook sein: „Wenn man vom Taxispark kommt und nach links Richtung Lauingen will, schaltet die Ampel viel zu schnell wieder auf Rot! Wie viele Autos/Lkw kommen durch? Sind es drei oder vier?“Die Polizei Dillingen weist darauf hin, dass Autofahrer bis zur Haltelinie fahren sollten – wozu diese auch durch ein Schild aufgefordert werden. Wenn zwischen den Autos viel Abstand gehalten wird, oder etwa ein Lkw langsam anfährt, könne die Grünphase kurz ausfallen.
Und dann noch die Sache mit den kurzen Grünphasen für Fußgänger. Dieses Problem wurde nicht nur an der Taxisparkkreuzung angesprochen, sondern auch an anderen Stellen im Landkreis.
Die Polizei Dillingen bestätigt, dass die gefühlte Zeit, eine Straße bei Grünlicht als Fußgänger zu überqueren, relativ kurz bemessen ist. „Das liegt daran, dass die Ampelphase in einer ,Grünzeit‘ und einer ,Freigabezeit‘ unterteilt ist.“Die „Grünzeit“sei relativ kurz gehalten, sodass diese bei starker Verkehrsfrequenz oft schon während des Überquerens auf Rotlicht umschaltet. „Zeitgleich haben auch der querende und abbiegende Verkehr ebenfalls Rotlicht“– es sei also gewährleistet, dass Fußgänger die Straße überqueren können. Die Frequenzen sind in den „Richtlinien für Lichtsignalanlagen“festgelegt.
Im Übrigen war die Geschichte der ersten Ampel nicht gerade erfolgreich. Die gasbetriebene Ampel in London löste mehrfach Explosionen aus, im Januar 1889 wurde ein Polizist verletzt. Die Ampel wurde deshalb schnell wieder abgeschaltet. Erfolg stellte sich erst mit der ersten elektrischen Ampel ein, die 1914 in Cleveland, USA aufgestellt wurde.
Über explodierende Ampeln im Landkreis Dillingen hat sich auf Facebook glücklichweise niemand beklagt.