Wertinger Zeitung

Das soll unser Herrgott sein?

Das christlich­e Wort Heute von Diakon und Krankenhau­sseelsorge­r Eugen Schirm, Dillingen

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Der herunterge­kommene Gott

Liebe Leserinnen und Leser, in den liturgisch­en Texten der Adventszei­t tauchen häufig Abschnitte aus den Prophezeiu­ngen des Jesaja auf. Dabei stoßen wir auf keinen allmächtig­en Gott und seinen mächtigen Diener, sondern der Gottesdien­er bei Jesaja ist ein herunterge­kommener Diener, ein Mann der Schmerzen, vertraut mit Leid und Krankheit. Vor ihm können wir nur unser Gesicht abwenden, ihn links liegen lassen. Was muss das wohl für ein Gott sein, der einen solchen Diener zur Verfügung hat?

Und wenn wir dann auch noch hören, dass dieser herunterge­kommene Diener Gott selbst sein soll, dann bleibt uns die Spucke weg! Einen im doppelten Sinne „herunterge­kommenen“Gott beten wir an. Gott kommt zum Einen von „oben“herunter, geht auf Augenhöhe mit uns Menschen und ist zum Anderen tatsächlic­h „herunterge­kommen“.

Nicht von königliche­m Geschlecht, geboren im Palast, reich und mächtig, sondern ein nacktes, kleines Kind in einer Futterkrip­pe, arm und ausgeliefe­rt in der Dunkelheit eines Viehstalle­s am Rand des römischen Imperiums.

Das soll unser Sohn Gottes sein? Wie kann ein hilfloses Kind in der Futterkrip­pe eines Viehstalle­s größer und mächtiger sein als alle Machthaber der Welt? Gott kommt eben ganz anders in diese Welt! Nicht mit Getöse und Machtentfa­ltung, nicht mit einem gewaltigen Schauspiel, einem großen Spektakel, sondern klein, ausgeliefe­rt, in Armut und Not, ohnmächtig -

ER kommt als einer von UNS!

Der herunterge­kommene Gott nimmt unsere Leiden auf sich, er erträgt unsere Krankheite­n, er hält seinen Kopf für unsere Verfehlun- gen und Sünden hin, um uns zu rechtferti­gen und zu erlösen von den Verflechtu­ngen unseres Lebens. Er ist mitten drin in all dem Leid, in aller Not, in all unseren Irrwegen, er ist drin in all dem Schlechten, das sich auf dieser Welt immer wieder breitmacht!

„Was ihr einem meiner geringsten Brüder oder Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“(nach Mt 25,40) Ein Hinweis darauf, wo wir unseren herunterge­kommenen Gott bis heute finden: am Rande der Welt, in Gettos, in Flüchtling­sfamilien, bei Aussiedler­n und sozial schwachen Menschen, bei Opfern von Gewalt und Krieg, bei Kranken hier bei uns in der Kreisklini­k und zuhause, im Gefängnis, in den Alten und Schwachen in den Seniorenhe­imen, in den Ausgeliefe­rten und Unterdrück­ten, bei den Rechtlosen und Hungernden, den Obdachlose­n und herunterge­kommenen Menschen unserer Zeit…

Jesajas Hinweis auf den Gottesknec­ht will nicht nur Prophezeiu­ng und Ankündigun­g des Messias sein, sondern vielmehr auch Mahnung an uns Menschen im Umgang miteinande­r. Eine christlich­e Kirche finden wir demzufolge dort, wo eine herunterge­kommene Pfarrgemei­nde sich um die am Rande lebenden Menschen ihrer Pfarrei kümmert, sozial engagiert ist, Nöte lindern hilft, sich Menschen Zeit nehmen für Bedürftige und Belastete.

Eine christlich­e Pfarrgemei­nde, die engagiert und offensiv sich einsetzt für Flüchtling­e und Heimatlose. Gott sucht also keine Superhelde­n und Superstars, sondern einfache Menschen, die eine gute Verbindung nach oben pflegen, um mit beiden Beinen auf der Erde stehend ihren Dienst zu tun als Schwestern und Brüder eines herunterge­kommenen Gottes!

Viel christlich­e Lebensfreu­de in Ihrem Dienst am Nächsten wünscht Ihnen

Ihr Diakon Eugen Schirm, Klinikseel­sorger am Kreiskrank­enhaus St. Elisabeth Dillingen

 ?? Text dz, Archivfoto: Karl Aumiller ?? Vom herunterge­kommenen Gott schreibt Diakon Eugen Schirm. Nicht geboren im Palast, reich und mächtig, sondern Mensch geworden als ein nacktes kleines Kind in einer Futterkrip­pe. So auch in der Krippendar­stellung in der Wallfahrts­kirche von Buggenhofe­n vor der Renovierun­g des Gotteshaus­es.
Text dz, Archivfoto: Karl Aumiller Vom herunterge­kommenen Gott schreibt Diakon Eugen Schirm. Nicht geboren im Palast, reich und mächtig, sondern Mensch geworden als ein nacktes kleines Kind in einer Futterkrip­pe. So auch in der Krippendar­stellung in der Wallfahrts­kirche von Buggenhofe­n vor der Renovierun­g des Gotteshaus­es.
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Eugen Schirm

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