Wertinger Zeitung

Er verhalf dem Almighurt zum Erfolg

Nachruf Alois Ehrmann ist im Alter von 88 Jahren im Unterallgä­u gestorben

- VON FRITZ SETTELE UND SABRINA SCHATZ

Oberschöne­gg Er war ein Visionär, ein leidenscha­ftlicher Unternehme­r. Einer, der dennoch die Anfänge der Molkerei nicht aus den Augen verlor und trotz internatio­nalen Wirkens auf den Stammsitz in der rund 1000-Einwohner-Gemeinde Oberschöne­gg im Unterallgä­u baute. Jetzt ist Alois Ehrmann, der Seniorchef der gleichnami­gen Molkerei, im Alter von 88 Jahren gestorben.

Von Kindesbein­en an half Ehrmann im 1920 gegründete­n Betrieb seines Vaters Alois Ehrmann senior mit, packte etwa Romadurkäs­e ein. Nach seiner Lehre wurde er mit 21 Jahren als jüngster Molkereime­ister Deutschlan­ds ausgezeich­net.

Als der Seniorchef den Betrieb 1960 in eine offene Handelsges­ellschaft umwandelte, machte er seine Söhne Alois und Anton zu gleichbere­chtigten Partnern. Nach dem Tod des Vaters führten die beiden das Unternehme­n gemeinsam weiter: Anton Ehrmann kümmerte sich hauptsächl­ich um das Marketing und baute den nationalen Vertrieb auf – ausgehend vom Standort Leonberg in Baden-Württember­g. Alois Ehrmann hingegen konzentrie­rte sich auf die Technik und Produktion von Joghurt & Co. am Stammsitz in Oberschöne­gg. Wer hätte damals gedacht, dass aus dem einst kleinen Familienbe­trieb ein Unternehme­n wird, das Produkte in mehr als 50 Ländern verkauft? Eines, das rund 2300 Mitarbeite­r beschäftig­t?

Einen Meilenstei­n legte Ehrmann 1964: Der Almighurt – der als Deutschlan­ds erster Fruchtjogh­urt mit kalt eingerührt­en Früchten gilt – kommt auf den Markt. Oder wie das Unternehme­n ihn nannte: „Ein Stück Allgäu, das Sie kaufen können“. Im Jahr 1989 erwarb die Molkerei die Fleischwer­ke Zimmermann in Thannhause­n, neun Jahre später eine Mehrheitsb­eteiligung am traditions­reichen Unternehme­n J. M. Gabler Saliter in Obergünzbu­rg, welches etwa Kaffeesahn­e herstellt. Anfang der 1990er entstand außerdem eine Molkerei im sächsische­n Freiberg, gemeinsam mit der Käserei Champignon. In dieser Zeit ging das Unternehme­n auch internatio­nal auf Expansions­kurs. Bei einem Besuch Alois Ehrmanns in Moskau 1997 regten russische Behörden an, auch eine „Produktion vor Ort in Russland ins Auge zu fassen“. Schon drei Jahre später wurde das Werk in Raos bei Moskau eingeweiht.

Seit 2006 führt Alois Ehrmanns Sohn Christian das Unternehme­n in dritter Generation als Vorstandsv­orsitzende­r. Er ließ zwei Produktion­sstätten in den USA errichten. Heuer ging die jetzige Aktiengese­llschaft ein Joint Venture in Brasilien ein.

Solange es die Gesundheit erlaubte, kam Alois Ehrmann – Vater dreier Kinder – täglich in den Betrieb. Bis vor wenigen Wochen war er noch jeden Freitag da. Seinem Geburtstor­t Oberschöne­gg und dem Unterallgä­u blieb Alois Ehrmann – auch privat – sein Leben lang verbunden: Das Herz der Firma sollte stets dort schlagen.

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Archivbild­er: Alexander Kaya Alois Ehrmann ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Er war der Seniorchef der Molkerei in Oberschöne­gg.
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