Die Frage der Woche
Heikel, heikel. Man könnte es sich einfach machen und auf Selbstständige verweisen. Die gehen (manchmal schleppen sie sich sogar) wenn irgend möglich auch sehr krank noch in ihr Geschäft. Weil sie wollen, weil sie müssen. Ich kenne einen Buchhändler, der hat seit ewigen Zeiten null Fehltage im Jahr, auch wenn er immer wieder mal mit Erkältungen, Grippe und übleren Leiden zu kämpfen hat. Aber, versprochen: die tapferen Selbstständigen bleiben hier nun außen vor.
Wenden wir uns dem Angestelltenmilieu zu. Heikel, heikel. Deshalb noch einmal eine Vorbemerkung: Wir reden hier nicht von schlimmen, ernsthaften, bösen Erkrankungen. Bei so was ist klar: Daheim bleiben, Arzt, was sonst. Ausrufezeichen. Aber es gibt da ja noch das weite Feld der Unpässlichkeit, des Unwohlseins, Kränkelns, Irgendwieschwächegefühls und Schwerstverschnupftseins. Da ist die Sache eben nicht alternativlos. Man kann sich lieber mal krank melden – oder trotzdem arbeiten gehen. Ist einer, der humpelnd oder hustend und mit roten Augen zum Schreibtisch kommt, immer gleich Opfer von Jobangst in Zeiten neoliberaler Globalisierungskälte? Oder muss man ihn als „Märtyrer light“verspotten, als verbohrten Arbeitssüchtigen? Ist, wer trotzdem kommt, zwangsläufig ein Gefährder, weil er einen Kollegen anstecken könnte, der doch übermorgen nach Ibiza fliegt? Dagegen: Wer unter dem Label „krank“wegbleibt, hat immer recht und macht nichts falsch. Er gehört zur Kaste der Unantastbaren. So ist es im Alltag. Alle jene aber, denen das zu einfach ist, die ein robusteres Ethos und andere Selbstansprüche pflegen sowie (vielleicht: fälschlicherweise) glauben, sich und die Kollegen nicht im Stich lassen zu können, die sollten wir mit Respekt gewähren lassen. Tut allen gut.