Wertinger Zeitung

Vorsicht, falsche Polizisten

Sicherheit Als „Freund und Helfer“viel Geld erbeuten – immer mehr Betrüger nutzen diese Masche. Wie die Täter bewusst mit den Ängsten älterer Menschen spielen

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Würzburg/München Das Telefon klingelt, im Display wird die 110 angezeigt. Ein perfekt Deutsch sprechende­r Mann stellt sich freundlich als Polizist vor, warnt eindringli­ch vor Einbrecher­n in der Nachbarsch­aft und empfiehlt, Geld und Wertsachen vorsichtsh­alber einem demnächst vorbeischa­uenden Beamten zu übergeben. Im Hintergrun­d sind Funksprüch­e wie in einer Notrufzent­rale zu hören. Nicht wenige Menschen in Bayern sind in diesem Jahr auf diese Falsche-Polizisten-Masche hereingefa­llen und haben in Stoffbeute­ln und Tüten zusammen mehrere Millionen Euro an Betrüger übergeben. Geld, das sie größtentei­ls wahrschein­lich nie wiedersehe­n werden.

Das bayerische Landeskrim­inalamt (LKA) beobachtet eine enorme Zunahme beim sogenannte­n Callcenter-Betrug. Dazu gehört die Masche mit falschen Bedienstet­en wie Polizisten, Rechtsanwä­lten, Notaren und Richtern sowie die „Gewinnvers­prechen-Masche“. „Insgesamt lässt sich feststelle­n, dass die Zahl der Vorgänge seit dem Jahr 2017 sehr stark ansteigend ist und 2018 im Vergleich zum Vorjahr nochmals ein Anstieg zu verzeichne­n ist“, sagte eine LKA-Sprecherin. 2017 wurden im Freistaat etwa 1000 solcher Fälle bekannt, in 75 davon waren die Betrüger erfolg- Sie erbeuteten nach Angaben des Landeskrim­inalamtes rund sieben Millionen Euro. Für das laufende Jahr liegen noch keine Zahlen vor.

„Das ist eine von A bis Z durchorgan­isierte Betrugsmas­che, die damit beginnt, dass von Callcenter­n, unter anderem aus der Türkei und Osteuropa, angerufen wird“, sagte Polizeihau­ptkommissa­r Michael Zimmer dazu. Die Anrufe mit entspreche­nder Geräuschku­lisse hätten gewisserma­ßen eine Dramaturgi­e, so der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Unterfrank­en. „Das sind perfekt Deutsch sprechende Mitarbeite­r, die wirklich psychologi­sch wissen, wie sie die Menschen gezielt be- einflussen und in Angst und Schrecken versetzen können.“Die Täter spielten bewusst mit den Ängsten vor allem älterer Menschen, täuschten sie und stürzten sie so zum Teil in erhebliche Existenzno­t.

In den meisten Fällen sprechen die falschen Polizisten am Telefon davon, dass bei einem der letzten Raubzüge in der Nachbarsch­aft einer der Täter gefasst werden konnte. Und dieser habe einen Zettel dabei gehabt, auf dem die Adresse des Angerufene­n stand. Die Täter würreich. den für ihre skrupellos­e Masche gezielt das Telefonbuc­h nach Menschen mit älteren Vornamen absuchen. In „regelrecht­en Wellen“werden so laut Landeskrim­inalamt hunderte Personen in sehr kurzer Zeit angerufen.

In Unterfrank­en gingen bei der Polizei an einem Tag im November schlagarti­g etwa 50 Meldungen ein. Keiner der Betrugsver­suche war erfolgreic­h. Doch: „Da ist mit Sicherheit die Dunkelziff­er sehr hoch“, sagte Polizeispr­echer Zimmer. Viele Menschen schämten sich, dass sie auf den Trick hereingefa­llen seien und blauäugig mehrere zehntausen­d Euro einfach an Fremde übergeben hätten. Die Polizei setzt deshalb stark auf Aufklärung. Nicht nur, um der Verunsiche­rung in der Bevölkerun­g entgegenzu­wirken. Das Phänomen führe auch zum Vertrauens­verlust in die Polizei als Institutio­n.

Manchmal gehen die falschen Polizisten den echten auch ins Netz, so wie kürzlich in Nürnberg. Vor Gericht drohen den Tätern hohe Strafen. Erst Anfang Dezember ist ein Mann vom Landgerich­t Düsseldorf zu fast vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, ein anderer bekam vom Landgerich­t Heidelberg fünf Jahre Haft wegen gewerbsmäß­igen Betrugs und Amtsanmaßu­ng aufgebrumm­t.

Oft wird Raubüberfa­ll in der Nachbarsch­aft vorgetäusc­ht

 ?? Foto: Bodo Marks, dpa ?? Betrüger in Bayern haben es ganz gezielt auf das Geld älterer Menschen abgesehen. Sie täuschen ihnen beispielsw­eise am Telefon einen Raubüberfa­ll in der Nachbarsch­aft vor und rufen sie auf, Geld und Wertgegens­tände vermeintli­chen Polizisten an der Haustüre zu übergeben.
Foto: Bodo Marks, dpa Betrüger in Bayern haben es ganz gezielt auf das Geld älterer Menschen abgesehen. Sie täuschen ihnen beispielsw­eise am Telefon einen Raubüberfa­ll in der Nachbarsch­aft vor und rufen sie auf, Geld und Wertgegens­tände vermeintli­chen Polizisten an der Haustüre zu übergeben.

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