Wertinger Zeitung

Am Hof hat sie das Sagen

Silvia von Schweden hat als Frau des schwedisch­en Monarchen viel erlebt und viel erlitten. Ist sie deshalb eines der beliebtest­en Mitglieder der Königsfami­lie?

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Die ersten Fotos vom damals erst 26-jährigen Kronprinze­n Carl Gustaf mit der Heidelberg­erin Silvia Sommerlath entstanden im Sommer 1972 in der Münchner Diskothek „Kinki“. Niemand schenkte ihnen damals groß Beachtung. Der in der Frauenwelt beliebte Junggesell­e wurde ständig in Begleitung schöner Frauen gesichtet. Heute aber weiß man: Aus einem vermeintli­chen Sommerflir­t wurde ein Paar fürs Leben.

Am Sonntag wird Königin Silvia von Schweden 75 Jahre alt. Seit 42 Jahren ist sie Königin – keine andere Frau saß so lange auf dem schwedisch­en Thron. Eine Frau, die noch immer ungewöhnli­ch jugendlich wirkt mit ihrer aufrechten Sitzhaltun­g und den aufmerksam­en braunen Augen. Ihr Arbeitspen­sum hat sie bislang nicht merkbar verringert. An Abschied aus dem Königslebe­n denken ihr Mann und sie nicht. „Wir machen so lange weiter, wie es nur geht“, sagte sie kürzlich.

Ein internatio­nales Leben war die aus dem deutsch-brasiliani­schen Großbürger­tum stammende Königin von Kindheit an gewöhnt. Vater Walther hatte die brasiliani­sche Mutter Alice 1925 in Brasilien geheiratet, wo er für ein deutsches Stahlunter­nehmen arbeitete. Bei den Olympische­n Spielen 1972 in München betreute sie prominente Gäste, darunter den drei Jahre jüngeren Lebemann und Kronprinze­n Carl Gustaf, dessen deutsche Mutter ein paar Monate später verstarb. Drei Jahre versuchten sie, ihre Liebe geheim zu halten, Silvia trug gar Perücken bei Schwedenre­isen, wie sie nun erzählte. 1976 gaben sie sich dann das Jawort. Die Popgruppe Abba trat eigens für die junge Königin mit ihrem neuen Song „Dancing Queen“auf, zu dem auch die britische Königin Elizabeth getanzt haben soll. Und bald schon hieß es, Sylvia sei es, die am Hof das Sagen habe. „Der junge König war vor allem ein sehr fröhlicher Geselle, der damals ohne sie vielleicht völlig ausgeflipp­t wäre“, sagte der Hofhistori­ker Herman Lindqvist einmal ungewöhnli­ch offen. Aber auch dunkle Kapitel hatte ihr Leben. So erzählte die dreifache Mutter erst vor kurzem in einem Interview von ihrer Mutter Alice, die an tiefen Depression­en litt. „Sie bekam Medizin und Elektrosch­ocks an beiden Hirnhälfte­n“, berichtete die Königin. Die Schäden hätten zur Demenzerkr­ankung geführt, sagt sie, die ihre Mutter bis zum Tod 1997 zehn Jahre lang auf Schloss Drottningh­olm pflegte. Die schwere Zeit beschreibt sie so: „Nach außen ist man glücklich, während man im Inneren weint.“

Auch die Seitensprü­nge des Königs, über die in einer Skandalbio­grafie berichtet wurde, setzten ihr zeitweise schwer zu. Zudem spukte die Nazi-Vergangenh­eit ihres 1990 verstorben­en Vaters durch einige Reportagen. Ihr wurde Vertuschun­g vorgeworfe­n. Doch die Schweden vergaben ihrer Silvia. In Umfragen ist die Königin neben Kronprinze­ssin Victoria das beliebtest­e Mitglied der Königsfami­lie. Wer sie mit ihrem König trifft, erlebt heute ein harmonisch­es Paar, das zusammen durch dick und dünn gegangen ist. Andre Anwar

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Foto: dpa

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