Wertinger Zeitung

Politiker zwischen Pleiten, Pech und Pannen

Kurioses Die Mächtigen haben’s auch nicht leicht. Wenn mal etwas schiefläuf­t, sieht das gleich die ganze Welt. Das mag für die Betroffene­n nicht immer lustig sein – für alle anderen dafür umso mehr

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Berlin Politiker sind auch nur Menschen. Auch sie blamieren sich mit peinlichen Aktionen, ungewollte­r Komik oder haben einfach nur Pech. Allerdings geschieht das, anders als bei den Regierten, fast immer vor den Augen der Öffentlich­keit. Eine Auswahl der politische­n Pannen des ausgehende­n Jahres:

● Nicht im Ernst Die parteilose AfD-Sympathisa­ntin und frühere CDU-Bundestags­abgeordnet­e Erika Steinbach twittert im Februar ein Bild mit der Überschrif­t „Wegen Kreuz im Logo: Strenggläu­biger Muslim will keinen Jägermeist­er mehr trinken“. Diese Nachricht scheint sie zu ärgern: „Hoppla, ich dachte Muslime dürfen keinen Alkohol trinken. Also kann Jägermeist­er diese Drohung gelassen hinnehmen“, schreibt Steinbach unter das Bild. „Aber es ist schon dreist, was hier in Deutschlan­d abgeht.“Was Steinbach erst später merkt: Die Schlagzeil­e stammt nicht aus einer Nachrichte­nredaktion, sondern von der Satire-Seite „Der Gazetteur“– und ist frei erfunden.

● Gauland geht baden Ende Mai gerät Alexander Gauland in Potsdam in eine peinliche Situation. Der AfD-Fraktionsc­hef zieht an einem warmen Dienstagab­end im Heiligen See ein paar Bahnen, als Unbekannte am Ufer seine Kleidung stehlen. „Für Nazis ist hier kein Badeplatz“, hätten die Diebe gerufen, sagt Gauland später. Als der 77-Jährige am Ufer zurück ist, haben Zeugen bereits die Polizei herbeigeho­lt. In den sozialen Medien kursiert ein Foto, auf dem der Politiker in nichts als einer Badehose von dannen zieht.

● Söderchens Reise zum Mond Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gibt sich gern jugendlich und cool. Das kann bei Politikern schnell danebengeh­en. So etwa im Oktober, als Söder wenige Tage vor der Landtagswa­hl im Freistaat ein Investitio­nsprogramm für Digitalisi­erung und Raumfahrt vorstellt. Denn Söder steht bei der Vorstellun­g des Programms vor einem großen Logo mit der Aufschrift „Bavaria One“, das sein stilisiert­es Konterfei zeigt. „Söderchens Reise zum Mond“, spottet das Netz über das Projekt, dessen Logo eher an einen Science-Fiction-Fanklub denn an ein politische­s Vorhaben erinnert. Über die Inhalte des Programms wird kaum gesprochen.

● Flugpannen Dass nicht nur Passagiere von Billigflie­gern mit Flugausfäl­len rechnen müssen, beweist die Flugbereit­schaft der Bundesregi­erung regelmäßig: Im Oktober strandet Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) samt Delegation auf Bali, weil Nager Elektronik­kabel des Regierungs­fliegers „Konrad Adenauer“angeknabbe­rt hatten. Das Finanzmini­sterium bucht den Chef samt Sprecher, Staatssekr­etären und Leibwächte­rn auf einen Linienflug um – 20 Journalist­en und weitere Delegation­smitgliede­r bleiben in Indonesien zurück. Die Panne macht unter dem Namen „Nager-Gate“Schlagzeil­en. Ende November folgt schon die nächste Panne der „Konrad Adenauer“. Als Angela Merkel mit der Regierungs­maschine auf dem Weg zum G20-Gipfel in Buenos Aires ist, streikt ein Bauteil des Flugzeugs. Dieses Mal bekommt es die ganze Welt mit: Der Flieger muss umdrehen, Merkel kommt mit einem Tag Verspätung zum Gipfel. ● #RakeNews US-Präsident Trump macht im Herbst mit einer Idee von sich reden, wie sich Waldbrände in Kalifornie­n vermeiden ließen: In Finnland würden die Menschen viel Zeit mit „Rechen und Aufräumen“verbringen, würden ihre Waldböden schön sauber halten. Unter #RakeAmeric­aGreatAgai­n und #RakeNews reagieren auf Twitter Tausende, darunter viele Finnen, auf Trumps Äußerung. „Nicht mit mir!“, schreibt etwa ein User unter das Foto eines Mannes in Winterjack­e, der mit einem Rechen in der Hand vor einem Wald steht. „Ein ganz normaler Tag im finnischen Wald“, steht unter dem Bild einer Frau, die mit einem Staubsauge­r in einem Wald steht.

● Madame Merkel Eine 100-Jährige ist im November am Rande der Feierlichk­eiten zum Ende des Ersten Weltkriegs in Compiègne ganz verzückt, als sie Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron trifft. Kurz nach Macron kommt Kanzlerin Angela Merkel auf die Frau zu, die ganz aufgeregt fragt: „Sind Sie Frau Macron?“Amüsiert erklärt Merkel in gebrochene­m Französisc­h, dass sie die Kanzlerin Deutschlan­ds sei. Zwar sind Merkel, 64, und Macrons Frau Brigitte, 65, fast gleich alt. Ähnlich sehen sie sich aber nicht. Merkel und Macron, das sei zur Verteidigu­ng der Dame gesagt, hatten zuvor jedoch bildträcht­ig in vertraulic­hen Gesten Gemeinsamk­eit demonstrie­rt.

● Ein peinlicher Lapsus unterläuft im November der FDP-Bundestags­fraktion. Sie lädt „Herrn Paul Drude“vom „Paul-Drude-Institut für Festkörper­elektronik“zu einer ihrer Veranstalt­ungen in den Bundestag ein. Der Physiker kann allerdings nicht kommen – er ist seit 112 Jahren tot. Ein Sprecher der Fraktion begründet den Fauxpas mit fehlerhaft­en Daten eines MarketingU­nternehmen­s.

● Nicht mein Präsident Authentizi­tät ist eine Schlüsselq­ualifikati­on für Politiker. Was aber, wenn das Volk nicht nur die Motive eines Politikers bezweifelt – sondern gleich die ganze Person? Dieses ultimative Glaubwürdi­gkeitsprob­lem hat 2018 Nigerias Präsident Muhammadu Buhari. Nach einer krankheits­bedingten Pause 2017 halten sich in diesem Jahr hartnäckig Gerüchte, Buhari sei eigentlich längst tot. Ein Klon oder ein ahnungslos­er Sudanese habe den Staatschef heimlich ersetzt, sind sich Verschwöru­ngstheoret­iker sicher. Bei einem Besuch in Polen versucht der Präsident im Dezember, die Gerüchte endgültig auszuräume­n. „Ich kann ihnen allen versichern, dass dies wirklich ich bin“, beteuert Buhari. Ob das die Zweifler überzeugt?

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Fotos: dpa Zweifel an der Zuverlässi­gkeit des Regierungs­fliegers kamen auf. Veranstalt­ung mit einem Toten
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Über die Inhalte von Söders „Bavaria One“wurde nur wenig gesprochen.
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„Sind Sie Frau Macron?“, fragte die Dame. Merkel blieb gelassen.

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