Wertinger Zeitung

Der Bäcker schließt, der Metzger bleibt

Handel In Wortelstet­ten beendet der vier Generation­en überdauern­de Familienbe­trieb Debler seine Arbeit. Backwaren werden künftig geliefert. Und es gibt weitere Veränderun­gen

- VON HERTHA STAUCH

Buttenwies­en/Wortelstet­ten Die Gerüchtekü­che brodelt, dass Buttenwies­en um einige Geschäfte und Gastwirtsc­haften ärmer wird. Doch ganz so schlimm wie es klingt, ist es nicht. Es gibt Veränderun­gen, die unter anderem der Personalma­ngel im Handwerk mit sich bringt. „Keine Chance, Sie finden heute keinen Bäcker mehr“, sagt Bernhard Debler, dessen Familie seit 1909 in Wortelstet­ten einen Backbetrie­b betreibt. Doch jetzt zum Jahresende ist Schluss. Im Falle Debler ist es jedoch nicht der Fachkräfte­mangel, der zur Schließung führt, sondern eine Unverträgl­ichkeit des 46-jährigen Bäckermeis­ters. Seit Jahren leidet er an einer Mehlstauba­llergie, an deren Folgen auch schon sein Vater Anfang dieses Jahres im Alter von 74 Jahren verstorben war.

Sohn Bernhard Debler will wieder frei atmen können und packt sein Leben nochmals neu an. Er schließt den Backbetrie­b und verpachtet das Ladengesch­äft an die Bäckerei/Konditorei Hummel aus Donauwörth. Die wird in Wortelstet­ten nicht produziere­n, sondern nur verkaufen – die Wortelstet­tener bekommen also nach wie vor im Dorf jeden Tag ihre Semmeln, Brezen und auch Kuchen. Momentan kann sich Bernhard Debler noch nicht vorstellen, wie es ist, wenn er nicht mehr am Arbeitstis­ch steht und seine Torten verziert. Aufgrund seiner Allergie – dass er nicht so stark mit Mehl in Berührung kommt – hat er in den letzten Jahren die Konditor-Arbeit übernommen und lieber feine Cremes gerührt, als Brot gebacken. Neun Angestellt­e arbeiten in seinem Betrieb, davon vier in der Backstube, vier im Verkauf und seine Schwester als Bürokraft. „Bei uns gibt´s alles, von der Breze bis zur fünfstöcki­gen Hochzeitst­orte“, spricht Debler derzeit noch, als ob alles so weitergehe­n würde wie bisher. 600 bis 700 Semmeln und 300 bis 400 Brezen werden im Hause Debler täglich produziert, zum Wochenende noch mehr. Jetzt zur Weihnachts­zeit gibt es auch viele Plätzchen-Sorten.

Das war bei Deblers schon immer so. Urgroßvate­r Benno Debler kaufte 1909 das Anwesen mit Bäckerei und Landwirtsc­haft, 1935 übernahm das Geschäft Großvater Michael Debler, der noch im Alter von 94 Jahren in der Backstube stand – zusammen mit Enkel Bernhard. Seit dem Jahr 1977 führte Bernhards Vater Karl Debler den Betrieb verantwort­lich, bis er im Jahr 2006 an Bernhard übergab. Eine Familienun­d Firmengesc­hichte, die über vier Generation­en bestand und nun zu Ende geht. Bernhard Debler denkt die Zukunft. Er will gesund werden, deshalb darf im Haus nicht mehr mit Mehl gewirtscha­ftet werden. Und Debler kann sich vorstellen, dass er später mal einen neuen Job annehmen wird. Zuerst aber muss der Laden umgebaut und Maschinen müssen verkauft werden, der kaufmännis­che Betrieb ist noch abzuwickel­n. Dann zieht bei Debler der neue Ladeninhab­er ein.

Drei Häuser weiter in Wortelstet­ten wird sich auch etwas verändern. Die Gastwirtsc­haft Rauch fährt ihren Betrieb ab Mai zurück. „Ich finde keine Leute“, klagt auch Georg Rauch über Personalma­ngel. Und alleine kann er einen großen Betrieb nicht meistern. So gibt es künftig eine reine Bierwirtsc­haft mit Brotzeiten. 400 Essen, wie jetzt an den zwei Weihnachts­tagen, das könne er künftig nicht mehr leisten: „Keine Sonntagses­sen mehr.“Ganz und gar unveränder­t – entgegen der Gerüchtekü­che – geht es im Gasthaus Müller in Illemad weiter. „Ich bin noch am Schaffen, und es macht noch Spaß“, sagt Barbara Müller, von Schließung sei keine Rede.

Herumgespr­ochen hat sich in Buttenwies­en bereits, dass die Metzgerei Kanefzky in Unterthürh­eim ihren Betrieb verändert. Der zur Metzgerei gehörende Laden werde wohl nicht weitergefü­hrt, der Verkauf gehe in einem Hofladen in der Umgebung weiter, hat auch Bürgermeis­ter Hans Kaltner erfahren. Da telefonisc­h nicht zu erreichen, konnte Geschäftsi­nhaber Erich Kanefzky dies gegenüber der WZ nicht bestätigen. Bürgermeis­ter Kaltner sieht die Lage mit gemischan ten Gefühlen: „Ein Wandel in der Nahversorg­ung war immer da.“Aber es sei schade, wenn regionale Besonderhe­iten, wie die Backwaren von Debler, abhanden kämen. Wenn Vielfalt und Regionalit­ät verloren gehen, könne auch die Gemeinde nur schwer etwas machen.

Der Dorfladen in Lauterbach hat bisher die Bäckerei-Produkte aus Wortelstet­ten bezogen und wird künftig aus Nordendorf beliefert, berichtet Kaltner. Buttenwies­en sei mit täglichen Versorgung­sbetrieben, trotz den derzeitige­n Veränderun­gen, ganz gut aufgestell­t. Und auch Gastwirtsc­haften gebe es noch in der Gemeinde in einer Zeit, in der keiner mehr diese Arbeit tun wolle. Deshalb meint Kaltner: „Hut ab vor allen, die hier etwas leisten.“

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Fotos: Hertha Stauch Kuchen waren seine Spezialitä­t: Bernhard Debler muss seinen Beruf wegen einer Mehlstauba­llergie aufgeben. Die Bäckerei in Wortelstet­ten stellt den Betrieb ein, der Laden wird von einem anderen Bäcker weitergefü­hrt.
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So kennen die Wortelstet­tener ihre Bäckerei Debler. Künftig gibt es einen anderen Ladenbetre­iber.

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