Niemand muss an Heiligabend einsam sein
Heiligabend Rupert Ostermayer sperrt heute Abend das Wertinger Pfarrheim von 18 bis 20 Uhr auf. Wer will, kann mit dem Seelsorger und anderen gemeinsam unterm Christbaum Weihnachten feiern. Alle sind willkommen
Wertingens Stadtpfarrer Rupert Ostermayer lädt am heutigen Heiligabend Menschen ein, mit ihm zu essen und zu feiern.
Wertingen Die Idee entstand vor genau einem Jahr, an Weihnachten 2017 im Wertinger Pfarrhausteam. Dieses Jahr will Pfarrer Rupert Ostermayer sie umsetzen. Er sperrt am heutigen Heiligabend von 18 bis 20 Uhr das Pfarrheim auf und sagt: „Wer nicht alleine feiern will, kann zu mir kommen.“
Gut eine Woche vor Weihnachten stehen bereits zwei Kisten im Pfarrhaus bereit. In einer liegen Christbaumkugeln und Strohsterne neben Kerzen und Servietten, Lebkuchen und Plätzchen. In der anderen sammelt der 50-jährige Wertinger Stadtpfarrer Tannenzweige. Den Weihnachtsbaum stellt er gemeinsam mit seinem eigenen auf. „Es wird eine kleine einfache Fichte sein“, verrät er, „natürlich mit ein paar Kugeln drauf.“
Für Ostermayer wird es ganz traditionell ein einfaches Essen an dem Abend geben. „Würstchen, die der Herr Pfarrer selbst ins heiße Wasser wirft“, erzählt er. Dazu Kartoffelsalat, den seine Pfarrhaushälterin bereits am Vortag macht, Brot und als Nachtisch Plätzchen und Stollen.
In den vergangenen Jahren hat Rupert Ostermayer diese Zeit entweder alleine oder mit seinem Kaplan verbracht. Er selbst könne an dem Abend gut alleine sein, genießt aber auch das Zusammensitzen und gemeinsame Essen. Und das will er jetzt mit einem größeren Kreis im Pfarrheim machen.
Noch gut und gerne erinnert sich Rupert Ostermayer an das Weihnachten seiner Kindheit: „Essen, Bescherung, Beten, sich an Geschenken erfreuen – alles war ganz normal wie in jeder Familie.“Das veränderte sich, als er sich mit 26 Jahren dem Priesterdasein zuwandte. Fortan galt es an Heiligabend Messen zu feiern und in der Kirche präsent zu sein. Das wird selbstverständlich auch dieses Jahr so sein. Doch bleiben ihm zwischen Kindermette und Christmette zwei Stunden zum gemütlichen Feiern. „In dieser Zeit habe ich weder kirchliche Verpflichtungen noch bin ich familiär gebunden“, sagt der 50-jährige Pfarrer. Da er sich vorstellen kann, dass es für viele Menschen schwierig ist, ohne die gewohnheitsmäßigen Familienfeiern auszukommen, will er diese Menschen gerne willkommen heißen. Anmelden muss sich niemand. Kommen können alle – „ganz unabhängig von sozialen Schichten und Alter“. Das ist Ostermayer wichtig, denn er weiß: „Auch gut situierte Menschen können einsam sein.“So hofft und rechnet der Wertinger Stadtpfarrer damit, dass aus allen Richtungen Menschen den Weg ins Pfarrheim finden. Selbst wird er an dem Abend sicherlich die biblische Weihnachtsgeschichte lesen, dazu vielleicht noch eine andere passende Geschichte oder ein Gedicht. Singen und Musik gehören für ihn ebenfalls zu dem Abend.
Wer an dem Abend kommt, hat weder eine Kirchgangsverpflichtung, noch muss er oder sie katholisch sein. „Im Weihnachtsevangelium heißt es ’alle Menschen guten Willens’“, erinnert Ostermayer. So gehöre das Weihnachtsfest einerseits in die Kirchen, anderseits auch in die Häuser. „Das menschliche Zusammensein gehört ebenso zum Christsein.“
Und wenn ganz viele Menschen kommen? – „Dann brechen wir halt die Würstchen“, lacht Pfarrer Ostermayer. Und sollte niemand kommen, blickt er bereits aufs nächste Jahr: „Mein Motto ist, nach einem ersten Versuch gebe ich noch nicht auf.“
„Wer nicht alleine feiern will, kann am Heiligabend zu mir kommen.“
Rupert Ostermayer, Stadtpfarrer Wertingen