Einen Christbaum zum Geburtstag
Porträt Theresia Osterlehner wird an Heiligabend 100 Jahre alt
Aislingen Der Christbaum ist Theresia Osterlehner aus Aislingen besonders wichtig. Andere setzen an ihrem Ehrentag auf Geschenke oder eine große Geburtstagstorte – doch wenn das Familienoberhaupt der Osterlehners Geburtstag feiert, gibt es Plätzchen und Christstollen. Heute, am 24. Dezember, wird Theresia Osterlehner 100 Jahre alt.
Dieses Jahr ist der Baum mit kleinen weißen Tauben mit Federn geschmückt, weiße Kugeln zieren die grünen Nadeln, dazwischen blinken elektrische Kerzen. Tochter Gabi schmückt ihn mittlerweile – „und meine Mutter sagt, wo ein Vogel hinmuss“, sagt die Tochter und lacht. Der Baum müsse vom Boden bis zur Decke reichen und immer der allerschönste sein. Sohn Bernhard kauft ihn ein, eine große Verantwortung. Bis Lichtmess bleibt der Christbaum dann stehen. „Früher hat man gespart. Ich hab immer das silberne Lametta gebügelt. Dazu hatten wir echte Kerzen und silberne Kugeln“, erinnert sich Theresia Osterlehner. Als zweites von neun Kindern kam sie 1918 zur Welt. Oft gab es nur kleine Geschenke. Aber eben immer einen Christbaum. Den holte der Vater aus dem Wald. Einmal brachte er so einen krummen mit, dass die kleine Theresia fast in Tränen ausbrach. „Da ging er noch mal los und holte einen neuen. Nur für mich. Das vergess’ ich nicht“, erzählt die Jubilarin. Von ihren acht Geschwistern lebt heute nur noch der jüngste Bruder. Theresia Osterlehner stammt aus Schnuttenbach. „Das war das schönste Dörfle, nur 16 Häuser“, sagt sie. Ihr Mann, ein Aislinger, wollte aber unbedingt im Heimatort leben. Der Umzug sei ihr nicht leichtgefallen, sagt die 100-Jährige. Sie arbeitete während des Krieges in einer Munitionsfabrik in Unterfahlheim und danach in einer Zuschneiderei in Lauingen. Nachdem der Ehemann schwer krank 1946 aus der Gefangenschaft heimgekehrt war, verbrachte er bis zu seinem Tod 1980 die meiste Zeit in Krankenhäusern und auf Reha. Theresia Osterlehner brachte das Geld nach Hause. Als sie selbst in jungen Jahren mal drei Monate ins Krankenhaus musste, betreute ihre Schwester, eine Nonne aus einem Dominikanerkloster in der Schweiz, den Sohn und die drei Töchter. „Das war schon happig, als einziger Bub“, erinnert sich Bernhard Osterlehner an seine Kindheit und lacht. Bei Abstimmungen habe er gegen seine Schwestern immer verloren. Ein bisschen verwöhnt habe man den einzigen Sohn aber schon, ergänzt seine Mutter und zwinkert. Inzwischen gibt es in dem Haus in Aislingen, das die Familie seit 1961 bewohnt, eine Geburtstagstradition: Morgens bekommt die „Oma“Theresia Osterlehner ihr Geburtstagsgeschenk. Zum Mittagessen isst die Familie Leberkäs und Omas Kartoffelsalat. „Das ist der Beste“, lobt Sohn Bernhard Osterlehner. Erinnert sich seine Mutter an ein besonderes Geschenk? „In 1970er-Jahren gab es eine Waschmaschine – das war eine Freude“, meint Tochter Gabi. Inzwischen sind alle ihre Kinder in Rente. Anita Osterlehner helfe mit, Gabi Osterlehner sei das „Mädchen für alles“, Ingeborg Aschenbrenner wohnt in Regensburg, Bernhard Osterlehner richtet Grillfeste aus.
Vier-, fünfmal sind alle zusammen mit einem Bus nach Bad Füssing zum Kurzurlaub gefahren. Das geht nicht mehr: Die Oma ist gestürzt und hat seit sechs Wochen eine Hüftprothese. Dank Hausarzt Michael Stegherr und seiner Frau Ilse sei das aber nicht so schlimm. Außerdem ist die Seniorin sportlich und diszipliniert: Jeden Morgen 7 Uhr steht sie auf und macht Gymnastik. Nach dem Frühstück um 8 Uhr folgt Lauftraining mit dem Rollator. Auch Treppensteigen wird geübt.
Heute, zu ihrem Ehrentag, schaut auch Bürgermeister Jürgen Kopriva vorbei. Seit zehn Jahren ist das für ihn und seine Tochter Lena, inzwischen 15 Jahre alt, eine feste Tradition. „Es geht schon ein bisschen ins Familiäre, das ist schön“, sagt Theresia Osterlehner.
Kein Wunder, dass sie sich dem Bürgermeister so verbunden fühlt. Der stammt nämlich auch aus Schnuttenbach.