Wertinger Zeitung

Macron will es wissen

Frankreich Reformen gehen weiter. Aber er verliert weiteren Vertrauten

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Wenige Franzosen kennen den Namen von Sylvain Fort. Doch Ansprachen aus seiner Feder haben die meisten schon gehört. Rund 300 Reden hat der 46-Jährige für Präsident Emmanuel Macron geschriebe­n, der seit Sommer zudem Kommunikat­ionschef im Élysée-Palast ist. Nun kündigte er seinen Rückzug an.

Für Macron stellt der Abschied von seinem wichtigste­n Redenschre­iber einen herben Rückschlag dar. Inzwischen verließen ihn bereits mehrere Vertraute der ersten Stunde, darunter der frühere Innenminis­ter Gérard Collomb. Er hatte Macron öffentlich vor zu großer Überheblic­hkeit gewarnt.

Beobachter vermuten, dass Forts Entscheidu­ng mit dem Skandal um Macrons Ex-Sicherheit­sbeauftrag­ten Alexandre Benalla zusammenhä­ngt. Der wurde im Sommer entlassen, nachdem er brutal gegen Demonstran­ten vorgegange­n war. Doch seine diplomatis­chen Pässe nutzte der 27-Jährige weiterhin für geschäftli­che Reisen: So traf er im Tschad den Präsidente­n Idriss Déby kurz vor einem Besuch Macrons in dem afrikanisc­hen Land. Nun sagte Benalla dem Online-Magazin Médiapart, er stehe weiter in Kontakt mit Macron. Der Élysée dementiert­e empört – und musste dann zurückrude­rn, da beide tatsächlic­h SMS ausgetausc­ht hatten. Die Episode zeugt von Kommunikat­ionsproble­men an der Staatsspit­ze.

Dass Macron ihnen offensiv begegnen will, hat er bei seiner Neujahrsan­sprache gezeigt. Er versprach den Bürgern, sie mehr mit einzubezie­hen, und betonte, dass er nicht von seinem Reformeife­r abrücke. „Ich bin bei der Arbeit, entschloss­en, alle Kämpfe auszufecht­en“, sagte der 41-Jährige.

Zu diesen Kämpfen gehört die Reform der Arbeitslos­enversiche­rung, mit der die Regierung innerhalb von drei Jahren bis zu 3,9 Milliarden Euro einsparen will. Doch gegen ihren Plan, Jobsuchend­e schärfer zu kontrollie­ren, regt sich bereits Widerstand. Eine mögliche Verkürzung der Leistungen bringt die Gewerkscha­ften auf. Sollten sich die Sozialpart­ner bis Februar nicht auf neue Regeln einigen, will die Regierung selbst rasch entscheide­n. Dann droht ihr erneut der Vorwurf, autoritär vorzugehen.

Das gilt auch für andere Reformplän­e. So hat Macron versproche­n, in seiner Amtsperiod­e bis 2022 insgesamt 120 000 Beamtenste­llen zu streichen, um die Staatsausg­aben massiv zu senken. Außerdem sollen die mehr als 40 bestehende­n Rentensyst­eme fusioniere­n, um die Altersvors­orge transparen­ter zu machen. Da dies jedoch viele Befürchtun­gen nach sich zieht, wird die Rentenrefo­rm erst nach den Europawahl­en Ende Mai umgesetzt.

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Foto: Michel Euler, dpa Emmanuel Macron bei seiner Neujahrsan­sprache.

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