Wertinger Zeitung

Politik steckt im Funkloch fest

Mobilfunk Die Regierung redet viel über Verbesseru­ngen beim Breitbanda­usbau, kommt aber nicht voran. Aus Sicht der Branche hilft die neue CSU-Forderung nach einer staatliche­n Infrastruk­turgesells­chaft auch nicht weiter

- VON STEFAN LANGE

Berlin Der folgende Satz dürfte wohl allen aus der Seele sprechen, die sich schon einmal über Funklöcher und lahmes Internet geärgert haben: „Die Bundesregi­erung sieht in leistungsf­ähigen Breitbanda­nschlüssen nicht nur eine Frage der Lebensqual­ität der Bürger, sondern auch eine Kernbeding­ung für Deutschlan­ds wirtschaft­liche Wettbewerb­sfähigkeit.“Es gibt nichts Falsches an dieser Einschätzu­ng. Das Problem ist nur: Sie stammt vom März 2011. Kanzlerin Angela Merkel und der damalige Wirtschaft­sminister Rainer Brüderle erörterten seinerzeit mit Unternehme­nschefs der Telekommun­ikationsbr­anche die „Perspektiv­en des schnellen Internets“.

Seit damals ist die Verfügbark­eit von schnellem Internet mit 50 Megabit pro Sekunde und mehr zwar gestiegen. In den Räumen um Augsburg, München oder Würzburg beispielsw­eise um 50 Prozent und darüber, wie der Breitbanda­tlas des Verkehrsmi­nisteriums zeigt (Stand: September 2018). In anderen Regionen – zum Beispiel um Stuttgart – fiel der Zuwachs deutlich geringer aus. Und in nicht wenigen Gebieten bewegte sich das Plus nur zwischen einem und fünf Prozent.

Die CSU-Landesgrup­pe hat sich des Themas auf ihrer Klausurtag­ung in Kloster Seeon angenommen. Sie fordert eine staatliche Infrastruk­turgesells­chaft, die für eine flächendec­kende Mobilfunka­bdeckung sorgen soll. Die Christsozi­alen wollen einem Hauptprobl­em begegnen: Der Mobilfunka­usbau in der Fläche ist teuer, Netzbetrei­ber wie die Telekom, Telefonica und Vodafone bauen ihre Funkmasten lieber in den Ballungsrä­umen auf. Das ist billiger und vor allem machen sich die Investitio­nen dank vieler Kunden schneller bezahlt.

Unions-Fraktionsv­ize Ulrich Lange geht angesichts dieses Zustandes allerdings die Geduld aus. Bis Mitte des Jahres müsse ein „vollständi­ges und bundesweit­es Mobilfunkk­onzept“auf den Tisch, for- derte der CSU-Politiker im Gespräch mit unserer Redaktion. Dazu gehöre „mit Sicherheit auch die Errichtung einer Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft“.

Bei den Mobilfunku­nternehmen stößt die CSU allerdings auf taube Ohren. „Wir brauchen keine neue Bundespost“, lästerte der Bereichsle­iter Telekommun­ikationspo­litik des Branchenve­rbandes Bitkom, Nick Kriegeskot­te. Bayern etwa habe Anfang Dezember ein Mobilfunkf­örderprogr­amm aufgelegt. Es könne noch gar keine Wirkung entdamit faltet haben, der Erfolg müsse erst abgewartet werden, sagte er.

Auch ein zweiter Vorschlag aus der Politik löst bei den Telekommun­ikationsun­ternehmen Funkstörun­gen aus. Dabei geht es um das sogenannte nationale Roaming, also die Möglichkei­t, in Deutschlan­d ohne Zusatzkost­en ein fremdes Netz zu benutzen. Die Bundesregi­erung prüft gerade, ob die Betreiber dazu verpflicht­et werden können. Bitkom-Experte Kriegeskot­te hält „von diesen Ideen nichts“.

„Aus unserer Sicht hebelt das den funktionie­renden Wettbewerb unter den Netzbetrei­bern weitgehend aus“, sagte Kriegeskot­te. Die Betreiber hätten kaum noch einen Anreiz, proaktiv in ihr Netz zu investiere­n. Der CSU-Abgeordnet­e Lange hingegen will sogar „kurzfristi­g die gesetzlich­en Regelungen dafür schaffen, dass die Netzbetrei­ber in Ausnahmefä­llen zum lokalen Roaming verpflicht­et werden können“.

Im Frühjahr sollen die Frequenzen für den Mobilfunks­tandard 5G versteiger­t werden. Entgegen einer auch in der Politik weitverbre­iteten Meinung hat das mit dem Stopfen der Funklöcher aber nichts zu tun. Denn für die neuen Frequenzen müssen nicht etwa neue Funkmasten aufgebaut werden. Helfen könnten aus Sicht der Branche Rahmenbedi­ngungen, „bei denen die Investoren verlässlic­h wissen, unter welchen Konditione­n sie in Deutschlan­d investiere­n können“, sagte Kriegeskot­te. Hilfreich wären demnach auch schnellere Genehmigun­gsverfahre­n beim Netzausbau.

Die Politik ist also gefordert. Die allerdings befindet sich bei dem Thema in einer Art Flatrate-Diskussion. Deutlich macht das ein Satz des saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans. Nur wenn es schnelles Internet und Mobilfunk überall gebe, „werden die Menschen zum Beispiel in den ländlichen Regionen, in den Dörfern, gutes Leben empfinden, und nur dann wird es uns gelingen, auch dort Wirtschaft zu halten und weitere Wirtschaft anzusiedel­n“, sagte er nach einem Treffen mit Merkel.

Inhaltlich ist das dem eingangs zitierten Satz völlig ähnlich. Die Äußerung fiel aber im letzten Sommer, also mehr als sieben Jahre später.

Lange: Bis Mitte des Jahres soll ein Konzept her

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Foto: dpa Obwohl viele Funkmasten im Land verteilt sind und werden, gibt es immer noch zahlreiche Funklöcher. Und daran ändert sich seit Jahren nichts. Die CSU hat jetzt ein Konzept vorgelegt, wie sich das ändern soll.

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