„Goldfinger“: Anwälte angeklagt
Es geht um Steuerbetrug von hunderten Millionen
Augsburg Vor einem Jahr haben rund 100 Millionäre und rund 20 Rechtsanwälte und Berater in Deutschland, Österreich und der Schweiz unerwarteten Besuch bekommen. Am Morgen des 17. Januar 2018 standen Staatsanwälte, Steuerfahnder und Polizisten vor der Tür. Sie stellten bohrende Fragen, wie es die Herrschaften so mit der „Gestaltung“ihrer Steuern halten. Und sie beschlagnahmten massenweise Unterlagen.
Die Operation trug die Bezeichnung „Goldfinger“, inspiriert vom gleichnamigen James-Bond-Film. Denn die Augsburger Staatsanwaltschaft geht in diesem riesigen Ermittlungsverfahren dem Verdacht nach, dass rund 100 Reiche zwischen 2009 und 2016 mittels eines speziellen Konstruktes hunderte Millionen Euro Steuern am Fiskus vorbeigeschleust haben. Den Namen „Goldfinger“bekam die Masche, weil sich die Spitzenverdiener zur Erzeugung steuerlicher Verluste häufig einer eigens dafür gegründeten Goldhandelsfirma im Ausland bedienten.
Über Jahre hinweg hatte der deutsche Gesetzgeber ein rechtliches Schlupfloch offengelassen, doch seit 2013 ist die Steuervermeidung über dieses Modell verboten. Der Bundesfinanzhof in München hatte 2017 allerdings zwei spezielle „Goldfinger“-Modelle unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig akzeptiert.
In diesem Fall ist die Augsburger Staatsanwaltschaft aber der Ansicht, dass es sich um ein illegales Konstrukt handelt. Die Ermittler sehen sich durch ihre Arbeit und die Auswertung von Dokumenten bestätigt. Deshalb haben sie jetzt in einem ersten Schritt 19 Personen angeklagt, die im Zentrum der Affäre stehen. Das sind vor allem Rechtsanwälte und Berater aus München, die das Modell aufgesetzt und teils an ihre reichen Mandanten vertrieben haben sollen. Einige davon saßen in Untersuchungshaft, sind aber bis zu einem möglichen Prozess gegen Kaution auf freiem Fuß. Eine der betroffenen Kanzleien hat ihren Betrieb eingestellt. Die Anklageschrift umfasst 180 Seiten.
Wie ein Insider unserer Redaktion berichtete, sollen in der Hochphase des „Goldfinger“-Modells ganze Lufthansa-Flieger voll mit „Steuersparern“morgens aus Deutschland nach London geflogen sein, um für den Fiskus mittels Flugticket, TaxiRechnung und Spesen für Essen den Anschein einer echten Geschäftstätigkeit zu erwecken.