Schau doch mal wieder vorbei
Es ist unheimlich, wie viele Menschen im Landkreis allein sind. Wo Tag und Nacht ein Licht brennt, wo das Auto seit Monaten nicht mehr aus der Garage geholt wurde und wo immer der Fernseher läuft. Mitarbeiter von Sozialstationen, Ärzte, Arzthelfer, Zeitungsausträger, Postboten, Hausmeister, Nachbarn, sie wissen das vielleicht. Aber sie haben immer etwas zu tun. Sie schauen nur auf einen Sprung vorbei und müssen dann gleich wieder weiter. Und die Einsamen bleiben einsam zurück. Diese Lücken versuchen immer mehr Besuchsdienste oder Projekte wie „I bleib dahoim“vom Roten Kreuz aufzufangen. Aber das Grundproblem wird so nicht behoben: Wir werden immer älter und im Schnitt auch immer einsamer. Weil die Kinder oft aus beruflichen Gründen weiter wegziehen, weil sie sich um die eigenen Kinder kümmern, bleibt für die Älteren kaum noch Zeit. Früher, da wohnten alle unter einem Dach. Da saß die Oma beim Essen mit am Tisch und ließ sich von den Enkeln geduldig vom Tag in Kindergarten oder Schule erzählen. Und packte im Haushalt mit an, wo es ging. Heute ist die Fahrt zu Oma und Opa oft so weit, dass das nur noch am Wochenende oder in den Ferien klappt. Für die Großeltern ist das dann eine große Aufregung, für die Eltern samt Kinder ein Riesenstress, und unterschwellig sind alle froh, wenn die Feiertage wieder friedlich vorübergegangen sind.
Wie soll das weitergehen? Das Projekt „I bleib dahoim“ist ein Anfang, keine Lösung. Wir brauchen ganz andere Wohnformen, einen offenen, aufgeschlosseneren Umgang miteinander, und wir brauchen wieder mehr Wertschätzung für die Generation, die jetzt im Seniorenheim oder allein wohnt. Wir brauchen wieder mehr miteinander, generationsübergreifend. Aber eine richtig gute Lösung, die gibt es noch nicht.
Inzwischen kann man ja mal bei dem alleinstehenden Nachbarn vorbeischauen und nach dem Wohlbefinden fragen. Noch ein gutes neues Jahr wünschen. Das ist doch mal ein Anlass. Dafür ist es noch nicht zu spät.