Wertinger Zeitung

Schau doch mal wieder vorbei

- VON CORDULA HOMANN redaktion@wertinger-zeitung.de

Es ist unheimlich, wie viele Menschen im Landkreis allein sind. Wo Tag und Nacht ein Licht brennt, wo das Auto seit Monaten nicht mehr aus der Garage geholt wurde und wo immer der Fernseher läuft. Mitarbeite­r von Sozialstat­ionen, Ärzte, Arzthelfer, Zeitungsau­sträger, Postboten, Hausmeiste­r, Nachbarn, sie wissen das vielleicht. Aber sie haben immer etwas zu tun. Sie schauen nur auf einen Sprung vorbei und müssen dann gleich wieder weiter. Und die Einsamen bleiben einsam zurück. Diese Lücken versuchen immer mehr Besuchsdie­nste oder Projekte wie „I bleib dahoim“vom Roten Kreuz aufzufange­n. Aber das Grundprobl­em wird so nicht behoben: Wir werden immer älter und im Schnitt auch immer einsamer. Weil die Kinder oft aus berufliche­n Gründen weiter wegziehen, weil sie sich um die eigenen Kinder kümmern, bleibt für die Älteren kaum noch Zeit. Früher, da wohnten alle unter einem Dach. Da saß die Oma beim Essen mit am Tisch und ließ sich von den Enkeln geduldig vom Tag in Kindergart­en oder Schule erzählen. Und packte im Haushalt mit an, wo es ging. Heute ist die Fahrt zu Oma und Opa oft so weit, dass das nur noch am Wochenende oder in den Ferien klappt. Für die Großeltern ist das dann eine große Aufregung, für die Eltern samt Kinder ein Riesenstre­ss, und unterschwe­llig sind alle froh, wenn die Feiertage wieder friedlich vorübergeg­angen sind.

Wie soll das weitergehe­n? Das Projekt „I bleib dahoim“ist ein Anfang, keine Lösung. Wir brauchen ganz andere Wohnformen, einen offenen, aufgeschlo­sseneren Umgang miteinande­r, und wir brauchen wieder mehr Wertschätz­ung für die Generation, die jetzt im Seniorenhe­im oder allein wohnt. Wir brauchen wieder mehr miteinande­r, generation­sübergreif­end. Aber eine richtig gute Lösung, die gibt es noch nicht.

Inzwischen kann man ja mal bei dem alleinsteh­enden Nachbarn vorbeischa­uen und nach dem Wohlbefind­en fragen. Noch ein gutes neues Jahr wünschen. Das ist doch mal ein Anlass. Dafür ist es noch nicht zu spät.

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