Mit dem E-Bike ins neue Jahr
Jahreswechsel Aus einem von unserer Zeitung begleiteten Coaching im vergangenen Jahr hat sich für Wertingens Stadtpfarrer Rupert Ostermayer mancher Blickwinkel verändert. Wie es dazu kam, dass er sich ein Fahrrad gekauft hat
Während der Fastenzeit haben Sie sich vergangenes Jahr spontan auf ein Coaching eingelassen, bei dem wir als Zeitung Sie begleiten durften. Wenn Sie zum Jahreswechsel nochmals reflektieren, wie sind Sie im Moment drauf? Was machen die Laune und der Schwung?
Rupert Ostermayer: Meine Laune ist wie bei den meisten Menschen wechselnd. Zum überwiegenden Teil geht es mir allerdings gut. Gerade im Advent bin ich wieder in Schwung gekommen. Vielleicht löst das ja diese Jahreszeit bei mir aus. Zum einen gibt es da viel zu tun. Zum anderen hat die Zeit etwas mit Aufbruch zu tun.
Eine Zeit, die viele Menschen auch als stressig empfinden. Finden Sie zwischendurch Zeit zum Durchschnaufen? Ostermayer: Ich nehme mir Zeit zum Durchschnaufen. Die kann ich mir mittlerweile etwas bewusster und gelassener nehmen. Das verdanke ich auch meinem Kätzchen, das meine Aufmerksamkeit einfordert.
Apropos. Wie geht es Ihrer Katze „Mariele“?
Ostermayer: Wunderbar. Kürzlich hat sie mich allerdings in Schrecken versetzt. Als die Marktplatz-Katze Pamuk auf der Nachbarschaft verschwunden war (wir berichteten), kam auch meine Katze stundenlang nicht nach Hause. Ich hatte schon etwas Panik, dass in Wertingen jetzt jemand die Katzen einsammelt. – Doch sie kam wohlbehalten zurück, ihr geht’s gut und sie tut mir nach wie vor gut.
Sie hatten während der Fastenzeit immer mal wieder mit „Durchhängern“zu kämpfen. Wie sieht es damit aus? Ostermayer: Die gibt es immer noch, sind nicht weggezaubert. Doch mein Gewissen ist besser geworden. Weil ich weiß, dass ich genug leiste in meinem Beruf. Das ist mir im vergangenen Jahr nochmals sehr bewusst geworden. Genauso wie mir klar geworden ist, dass ich immer wieder kleine Phasen der Bewegung brauche.
Sie hatten während der Fastenzeit Ihr Trampolin und die Walkingstöcke ausgepackt. Hüpfen und laufen Sie noch?
Ostermayer: Nein. Das Trampolin habe ich wieder in die Höhe gekippt, die Laufstöcke weggepackt.
Kommen Sie auf andere Weise noch ins Schwitzen?
Ostermayer: Ins Schwitzen komme ich ganz oft. Weil ich von Grund auf schnell schwitze, hat mich der heiße Sommer viel zum Schwitzen gebracht. Inzwischen weiß ich, dass mich angespannte Situationen ziemlich ins Schwitzen bringen. Und auch durch Bewegung komme ich ins Schwitzen.
Wie sieht Ihre Bewegung im Alltag aus?
Ostermayer: Nach wie vor verbringe ich meine freien Tage in meinem ehemaligen Elternhaus und bewege mich dort viel bei der Haus- und Gartenarbeit. Außerdem habe ich mir Ende August ein E-Bike gekauft. Zu vielen Terminen radle ich seitdem.
Hat Sie Ihr Schulkamerad und Coach Markus Kratzer dazu bewegt? Haben Sie gemeinsam tatsächlich noch eine E-Bike-Tour gemacht? Das stand ja noch aus...
Ostermayer: Eine gemeinsame Tour gab es nicht. Zwischen uns herrschte den Sommer über Sommerpause. Erst im Herbst hatten wir nochmals Kontakt. Dabei erzählte ich ihm von meinem E-Bike, was ihn zufrieden- stellte. Er hatte mir Appetit auf ein E-Bike machen wollen. Doch den hat es nicht mehr gebraucht. Den hatte ich schon.
Wie kam’s zu dem Kauf? Was hat sie dazu bewegt?
Ostermayer: Das E-Bike habe ich mir von dem Geschenkegeld gekauft, das ich zu meinem 50. Geburtstag im Juli erhalten hatte. Appetit darauf hatte ich eigentlich schon länger. Die Phase mit Markus hat meinen Appetit erhöht, er hat mich gewissermaßen zum Zuschnappen gebracht. Irgendwie hat- te ich immer Zweifel, ob E-BikeRadeln überhaupt als Sport anzuerkennen ist. Als er mir sagte, dass man damit ganz viel machen könne und viele Menschen dadurch auch ins Machen kommen, hatte ich das Gefühl, dass es jetzt abgesegnet ist.
Somit hat Ihnen die begleitete Fastenzeit gewisse Anreize gegeben? Haben Sie womöglich ihre persönliche Balance zwischen Anspannung und Entspannung gefunden?
Ostermayer: Angespannt und entnervt sein kann ich noch immer sehr schnell. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ich mich wesentlich schneller als früher wieder entspannen kann. Die Frage lässt mich nachdenken, ob das was mit aktiv und passiv sein zu tun hat. Vielleicht spielen ja auch das Alter und die Lebenserfahrung hierbei eine Rolle.
Sie habe offen über depressive Phasen gesprochen, die es in Ihrem Leben gibt. Hat sich hier etwas verändert? Ostermayer: Die bleiben mir wohl, hin und wieder gibt es sie. Manchmal zeigt sich zuerst körperliches Unwohlsein, ein „Akku-Ende“, das mich zum Pausieren anregt. Meist sind dann auch meine Seele und Psyche in Unordnung. In so einem Fall sage ich alle Termine ab und nehme mich für einige Tage raus. Dann bin ich leer, fehlt mir die Kraft, laufe ich auf dem Reservetank. An solchen Tagen muss ich mich einfach selbst aushalten. Ich bin dankbar, dass ich so damit klarkomme.
„Meiner Katze Mariele geht es gut und sie tut mir nach wie vor gut.“
Rupert Ostermayer, Stadtpfarrer
Zu kämpfen hatten Sie während unserer Serie auch mit einem Rucksack, den Sie mittragen sollten. Was ist von dieser Erfahrung hängen geblieben? Ostermayer: Nochmals einige Kilo mehr mit mir rumzuschleppen hat mir klargemacht, was wir mit unserem Gewicht dem Organismus zumuten. Das merke ich auch, wenn ich bergauf in die Pedale meines E-Bike trete.
Was macht Ihr Gewicht? Sie hatten ja 16:8 ausprobiert – acht Stunden Essen, 16 Stunden fasten.
Ostermayer: Wiegen tue ich mich das ganze Jahr nicht. Vom Empfinden her – und meinen Gürtellöchern – wiege ich wieder das Gleiche wie vorher. Ich esse einfach gerne, vermehrt
„Angespannt und entnervt sein kann ich noch immer sehr schnell. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ich mich wesentlich schneller als früher wieder entspanne.“
Rupert Ostermayer, Stadtpfarrer
„Ich wundere mich noch immer, wie mutig ich war, mich darauf einzulassen. Das war wirklich spontan. Ein Experiment, das mich staunen lässt.“
Rupert Ostermayer, Wertinger Pfarrer
auch das Süße. Dafür trinke ich keinen Alkohol.
Sie hatten während der Serie an einem Tag Muskelkater vom Bowlen und erzählten, wie viel Spaß Ihnen das gemacht hat. Waren Sie nochmals? Ostermayer: Nein, bisher hatte ich keine Gelegenheit. Doch wenn mich jemand mitnimmt, gehe ich gerne mit. Das war wirklich ein netter Abend mit den Ministranten.
Wenn Sie nochmals drauf schauen – was bleibt hängen von unserer gemeinsamen Fastenzeit-Serie? Ostermayer: (lacht) Es gibt mittlerweile viele Co-Coaches um mich herum. Einige aus der Vhs-Gymnastikgruppe drängen mich, dort mitzumachen. Das werde ich im neuen Jahr wohl machen. – Allgemein werde ich immer noch auf die Serie angesprochen.
Was bewirkt das bei Ihnen? Ostermayer: Ich wundere mich noch immer, wie mutig ich war, mich darauf einzulassen. Das war wirklich spontan. Unser Zusammensein empfand ich jedes Mal als sehr bereichernd. Ein Experiment, das mich staunen lässt...
Birgit Alexandra Hassan