Immer erreichbar
Sicher nehmen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch heute das Telefon zur Hand, um Ihre Gedanken in die weite Welt zu senden. Aber heute sollten Sie bei dieser Tätigkeit nicht nur an die Gebühren, sondern auch an Johann Philipp Reis denken. Er, der Erfinder der fernmündlichen Kommunikation, wurde heute vor 185 Jahren geboren. Ihm verdanken wir die Glückseligkeiten der Vernetzung.
Weil sich Johann Philipp Reis mit der „Fortpflanzung von Tönen auf beliebige Entfernungen durch Vermittlung des galvanischen Stroms“beschäftigt hat, bleibt uns viel Langeweile erspart. Immer wieder reißt uns das Telefon aus unproduktivem Schlaf, immer wieder demonstrieren uns redselige Gesprächspartner die Kunst des Zeitvertreibs durch Small Talk. Wenn ein Mann Liebe erleben will, muss er nicht mehr unter der Dorflinde nach gleichgesinnten Mädchen rufen, sondern einfach eine Partnervermittlung anrufen.
Die Weiterentwicklung des Telefons zum Smartphone hat den kulturellen Wert noch gesteigert. Jetzt kann man auch befreundete Spaziergänger, Urlauber und Schlafmützen jederzeit mit Nachrichten über die eigenen Krankheiten informieren. Und für Instruktionen seines Chefs ist der Mensch sogar im Wirtshaus erreichbar. Allerdings hat das schon Joachim Ringelnatz vorausgesehen: In der Szene „Zusammenstoß“zeigt er, wie Generaldirektor Kanin seinen Chauffeur Brandmair in einen Biergarten schickt und hinzufügt: „Erwarten Sie dort meinen Anruf. Lassen Sie sich zwei Bier geben.“