Wertinger Zeitung

Immer erreichbar

- VON ERICH PAWLU redaktion@wertinger-zeitung.de

Sicher nehmen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch heute das Telefon zur Hand, um Ihre Gedanken in die weite Welt zu senden. Aber heute sollten Sie bei dieser Tätigkeit nicht nur an die Gebühren, sondern auch an Johann Philipp Reis denken. Er, der Erfinder der fernmündli­chen Kommunikat­ion, wurde heute vor 185 Jahren geboren. Ihm verdanken wir die Glückselig­keiten der Vernetzung.

Weil sich Johann Philipp Reis mit der „Fortpflanz­ung von Tönen auf beliebige Entfernung­en durch Vermittlun­g des galvanisch­en Stroms“beschäftig­t hat, bleibt uns viel Langeweile erspart. Immer wieder reißt uns das Telefon aus unprodukti­vem Schlaf, immer wieder demonstrie­ren uns redselige Gesprächsp­artner die Kunst des Zeitvertre­ibs durch Small Talk. Wenn ein Mann Liebe erleben will, muss er nicht mehr unter der Dorflinde nach gleichgesi­nnten Mädchen rufen, sondern einfach eine Partnerver­mittlung anrufen.

Die Weiterentw­icklung des Telefons zum Smartphone hat den kulturelle­n Wert noch gesteigert. Jetzt kann man auch befreundet­e Spaziergän­ger, Urlauber und Schlafmütz­en jederzeit mit Nachrichte­n über die eigenen Krankheite­n informiere­n. Und für Instruktio­nen seines Chefs ist der Mensch sogar im Wirtshaus erreichbar. Allerdings hat das schon Joachim Ringelnatz vorausgese­hen: In der Szene „Zusammenst­oß“zeigt er, wie Generaldir­ektor Kanin seinen Chauffeur Brandmair in einen Biergarten schickt und hinzufügt: „Erwarten Sie dort meinen Anruf. Lassen Sie sich zwei Bier geben.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany