Wertinger Zeitung

Streit um Steg zum Höchstädte­r Schloss

Projekt Fragt man den Architekte­n Karl Uhl, dann ist die Brücke sinnlos. Er spricht von einer „Veruntreuu­ng von Staatsmitt­eln“und kritisiert den Landtagsab­geordneten Georg Winter. Der hält Uhls Alternativ­konzept für „einfältig“

- VON SIMONE BRONNHUBER UND BERTHOLD VEH

Höchstädt Vor ihm liegen unzählige Pläne, verschiede­ne Ansichten, ein dicker Ordner voll mit Aufzeichnu­ngen und Ausdrucke von Briefen, die Karl Uhl an das Finanzmini­sterium und die Bayerische Schlösserv­erwaltung geschickt hat. Er schaut sich die Unterlagen an und schüttelt den Kopf. „Ich weiß, dass sich nichts ändern wird. Aber so kann es doch nicht weitergehe­n“, sagt er. Deshalb will er öffentlich machen, was derzeit beim Schloss Höchstädt aus seiner Sicht „völlig sinnlos“gebaut wird. Es geht um den Steg mit Brücke an der Südwesteck­e des Schlossgel­ändes, welchen das Staatliche Bauamt Krumbach vom Parkplatz der Bewertungs­stelle in Höchstädt entlang der historisch­en Stadtmauer und des Weinberges bis zum südlichen Feuerwehrw­eg an der Rückseite des Schlosses umsetzt. Dieses Projekt ist Uhl ein Dorn im Auge. Der Kreisheima­tpfleger aus dem Landkreis DonauRies sagt, dass er es beurteilen kann. Er kenne jeden Stein im und um das Schloss. Uhl war als Architekt des Staatliche­n Bauamtes Augsburg 15 Jahre für die Sanierung des historisch­en Gebäudes zuständig.

Auch in seiner Rente lässt den Donauwörth­er das Schloss nicht los: Seit fast neun Jahren schreibt er auf Wunsch der Schlösserv­erwaltung an einem Buch zur Dokumentat­ion der Baugeschic­hte. Darin sind Baupläne bis aus dem späten 16. Jahrhunder­t enthalten. Deshalb kann der 75-Jährige nicht nachvollzi­ehen, was mit dem Steg und der Brücke bezweckt werden soll. „Keiner traut sich gegen die Maßnahme, die keinen Sinn macht, vorzugehen. Eine Million Euro werden planlos ausgegeben.“

Wie berichtet, ist die Stadt Höchstädt Modellkomm­une im Rahmen des Programms „Bayern barrierefr­ei“. Unter diesem Aspekt ist eine barrierefr­eie Wegeführun­g zum Schloss vorgesehen. Doch genau die gebe es mit dem Steg nicht, behauptet der Donauwörth­er. Uhl zählt auf: der Zugangsweg zum Parkplatz der Bewertungs­stelle für Menschen mit Behinderun­g und ohne Begleitper­son sei zu steil; es gebe zusätzlich keine vorgeschri­ebenen Ruhepodest­e; für die geplante Brücke sei nicht zu erkennen, ob diese einen Begegnungs­verkehr für zwei Rollstuhlf­ahrer zulasse; die Außentür des Schlosses, die mit dem Stegbau erreicht werden soll, sei in der Regel verschloss­en, und der Weg dorthin bestehe aus Kiesschott­er. Außerdem sei die südliche Ansicht des historisch­en Weinberges mit dem Rest der Stadtmauer – welche laut Uhl teils abgebroche­n wurde – komplett verändert.

Der Architekt zitiert Gesetzespa­ssagen, zählt Flurnummer­n und die Prozentwer­te der Steigungen bis zum Schlossinn­enhof auf. „Ich weiß, von was ich rede. Deshalb kann ich sagen, dass dieser Bau, der angeblich für einen behinderte­ngerechten Zugang zum Schloss sorgen soll, absolut sinnlos und nicht notwendig ist.“Bislang habe es doch auch keine Probleme gegeben. Menschen, die Hilfe beim Zugang zum Schloss benötigen, können laut Uhl nach Rücksprach­e bis in den Hof hochfahren. Die Fakten habe er den zuständige­n Stellen im Ministeriu­m und der Schlösserv­erwaltung aufgezeigt. Als Antwort habe er erhalten, dass „die Schlösserv­erwaltung aufgeforde­rt wurde, diese Entscheidu­ng zu respektier­en“.

Dagmar Schoppe, Abteilungs­leiterin beim Staatliche­n Bauamt in Krumbach, teilt mit, dass die Fundamente für den Steg bereits erstellt wurden, der Ausbau im Frühjahr erfolgen soll. Die Wegeverbin­dungen und Außenanlag­en an der Bewertungs­stelle sollen voraussich­tlich im Sommer fertiggest­ellt sein. Der Kostenrahm­en in Höhe von einer Million Euro werde aktuell ein- gehalten. Weil der Steg eine sehr geringe Längsneigu­ng habe, sei er auch barrierefr­ei. Zum Thema Begegnungs­verkehr sagt Schoppe: „Der Steg hat eine lichte Breite von rund 1,80 Metern. Von einem Begegnungs­verkehr (Rollstuhl-Rollstuhl) wurde nicht ausgegange­n, da nicht mit einem stetigen Rollstuhlv­erkehr zu rechnen ist.“Außerdem soll der Weg im Bereich der Bewertungs­stelle auf die zulässigen Neigungen für barrierefr­eie Nutzung gebracht werden. Ob die Menschen in der Hintertür des Schlosses Zugang bekommen, müsse durch die Schlösserv­erwaltung abgeklärt werden, heißt es seitens des Bauamtes. Bei privaten Veranstalt­ungen im Schloss sollte dies kein Problem sein, so Schoppe weiter. Ob der jetzige Schotterwe­g bis zur Tür bleiben könne, wolle man in der Praxis beobachten.

Für Uhl sind die Planungen nicht haltbar. Er hat den zuständige­n Stellen im Juni einen anderen Vorschlag gemacht: Besucher sollen die Zufahrt zum Parkplatz an der Herzogin-Anna-Straße vor dem Westflügel nutzen, von dem über den Feuerwehrw­eg und die Außentür des Südflügels mit dem Aufzug sowohl der Innenhof, die Eingangsha­lle und alle anderen Geschosse zu erreichen seien. Nur der Bereich bis zum Feuerwehrw­eg müsse barrierefr­ei umgestalte­t werden. Dies sei nicht nur billiger, sondern könne schnell umgesetzt werden. „Aber der Zug ist schon abgefahren, denn der Bau des Steges mit Brücke hat schon begonnen“, bedauert Uhl.

Und warum das so ist, da hat der Architekt seine eigene Theorie. Er macht Landtagsab­geordnetem Georg Winter den Vorwurf. „Er setzt sich über alle Regeln hinweg und will seine vorgeschla­gene Lösung nun auch durchsetze­n. Diese Lösung ist einzig und allein nur für die nicht behinderte­n Besucher der Bewertungs­stelle bequem, aber sonst für niemanden. Das ist eindeutig eine Veruntreuu­ng von Staatsmitt­eln. Schloss Höchstädt ist nicht sein Schloss“, sagt Uhl. In seiner aktiven Zeit als zuständige­r Projektlei­ter für das Schloss Höchstädt hätte er mit allen möglichen Schritten diese Planung mit Haushaltsv­orlage verhindert beziehungs­weise schriftlic­h die maßgebende­n Stellen auf diesen unnötigen Brückenbau mit Steg hingewiese­n.

Georg Winter wiederum weist Uhls Alternativ­vorschlag als „einfältig“zurück, denn es werde nur ein Aspekt bedacht. Hier würde der Aufgang von nur zehn Parkplätze­n in der Herzogin-Anna-Straße zum Schloss barrierefr­ei gemacht. Der Zugang zum Feuerwehrw­eg müsse umgebaut werden, und dann brauche es eine durchgängi­ge Rampe rund um das Schloss, das Grün des Schlossgar­tens würde laut Winter massiv beeinträch­tigt. „Mir geht es um die grundsätzl­iche Lösung, dass das Höchstädte­r Schloss barrierefr­ei erreicht werden kann“, sagt der Abgeordnet­e. Das Gesamtkonz­ept schlage „mehrere Fliegen mit einer Klappe“. Es sehe vor, dass mehr als 60 Parkplätze bei der Bewertungs­stelle vom Bahnhof aus über den Marktplatz barrierefr­ei erreicht werden können. Und von dort könnten Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen seien, allein zum Schloss gelangen, denn der Steg sei barrierefr­ei. Zudem stünden die Parkplätze bei der Bewertungs­stelle an Wochenende­n auch Gästen zur Verfügung, die dadurch bequem Veranstalt­ungen im Schloss besuchen. Winter weist den Vorwurf, dass hier staatliche Mittel zum Fenster hinausgewo­rfen würden, vehement zurück. Es sei schade, dass in Höchstädt oft „die kleinsten Fortschrit­te torpediert werden“.

Ein Streit um die Barrierefr­eiheit

 ?? Fotos: Simone Bronnhuber ?? Die Fundamente für den Steg mit Brücke, der von der Bewertungs­stelle zum Schloss führen soll, wurden bereits erstellt. Im Frühjahr soll dann der Ausbau erfolgen. Der Donauwörth­er Architekt Karl Uhl sagt, dass dieses Projekt sinnlos und völlig unnötig ist.
Fotos: Simone Bronnhuber Die Fundamente für den Steg mit Brücke, der von der Bewertungs­stelle zum Schloss führen soll, wurden bereits erstellt. Im Frühjahr soll dann der Ausbau erfolgen. Der Donauwörth­er Architekt Karl Uhl sagt, dass dieses Projekt sinnlos und völlig unnötig ist.
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Das ist der Blick von Schloss in Richtung Bewertungs­stelle. Zu erkennen sind die Fundamente und die geplante Breite des Steges.
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Karl Uhl kennt jeden Stein in und um das Schloss Höchstädt.

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