Nackter Diskuswerfer entsetzt den Pfarrer
Objekt des Monats Als in Wertingen Fußball- und Turnverein noch getrennte Wege gingen. Und wie die Fahnenweihe der Sportvereinigung letztendlich vor knapp 100 Jahren doch noch stattfinden konnte
Wertingen In frischem „Glanz“erstrahlt zum neuen Jahr 2019 die Fahne der Sportvereinigung Wertingen, die knapp 100 Jahre alt ist. Sie kam am 4. Januar restauriert von der Textilrestauratorin Laura Klama aus Waal ins Wertinger Heimatmuseum zurück. Mit der Fahne verbindet sich in Wertingen ein kleiner Skandal, ist auf ihr doch ein nackter Diskuswerfer abgebildet.
Die Sportvereinigung Wertingen wurde nach dem Ersten Weltkrieg 1920 gegründet. Damals gab es in Wertingen bereits den Turnverein, den Vorläufer des heutigen TSV Wertingen. Die aus dem Krieg
Der Pfarrer sah die Fahne erst am Abend vor der Feier
heimkehrenden Soldaten hatten das Fußballspielen in der Fremde kennengelernt und setzten dieses zu Hause fort. Der Turnverein wollte damit nichts zu tun haben, so gründeten die Heimkehrer die Sportvereinigung Wertingen, damit sie ihrem neuen Hobby frönen konnten.
Da eine Fahne für stattfindende Feste benötigt wurde, ließ die Vereinigung eine anfertigen und plante für September 1924 eine feierliche Fahnenweihe auf dem Gelände vor der Turnhalle. Der amtierende Pfarrer sah die Fahne einen Abend vor der Feier und war von der Darstellung des nackten Diskus-Werfers auf der Fahne derart entsetzt, dass er die Weihe verweigerte. Flugs wurde über Nacht eine Näherin engagiert, die den nackten Diskuswerfer mit einer Badehose ausstattete. So konnte die Fahnenweihe doch noch „anstandslos“beziehungsweise anständig vollzogen werden. Die Abbildung (oberes Bild) zeigt den ursprünglichen Zustand, die Badehose ist nicht erhalten geblieben. Auf der alten Fotografie, die anlässlich der Fahnenweihe am 14. September 1924 entstand, kann man die Badehose noch erkennen. Der damalige Pfarrer hieß Johann Evangelist Merk. Er stammte aus Gabelbach und war Stadtpfarrer, Dekan und Geistlicher Rat. In Wertingen wirkte er von 1917 bis 1928. Die eilig herbeigerufene Näherin namens Wetzstein wohnte in der Nähe des Festplatzes.