Wertinger Zeitung

Verscherbe­lt Söder Bayerns Zukunft?

Finanzen Die teuren Wahlverspr­echen belasten den Haushalt stark. Die Opposition kritisiert dies scharf und fordert, Projekte sollen auf den Prüfstand. Warum Augsburg dennoch entspannt ist

- VON ULI BACHMEIER UND HOLGER SABINSKY-WOLF

München/Straubing/Augsburg Wenn es um das Geld geht, das der Staat zur Verfügung hat, gibt es in der CSU einen alten, sehr selbstbewu­ssten Spruch: „Ein bayerische­r Finanzmini­ster hat immer noch eine Reserve.“Damit sollen regelmäßig all jene beruhigt werden, die argwöhnen, dass den Bürgern vor der Wahl mehr versproche­n wurde, als die Staatsregi­erung hinterher halten kann. Zum Auftakt der Verhandlun­gen für den Doppelhaus­halt für die Jahre 2019 und 2020 allerdings ist es schwierige­r. Der CSU, die schon vor der Landtagswa­hl mit milliarden­schweren Versprechu­ngen der ersten Regierung Söder um die Gunst der Bürger buhlte, droht Ärger von zwei Seiten. Sie wird einerseits von Kommunen und Verbänden an ihren Ankündigun­gen gemessen werden. Anderersei­ts gibt es bereits heftige Kritik aus den Reihen der Opposition an voraussich­tlich überdimens­ional stark steigenden Staatsausg­aben.

Nach einem Bericht unserer Zeitung über Wahlverspr­echen im Umfang von grob gerechnet fünf Milliarden Euro für dieses Jahr machte die FDP im Landtag klar, dass sie eine ungehemmte Ausgabenpo­litik nicht widerspruc­hslos hinnehmen will. Fraktionsc­hef Martin Hagen erklärte: „Söder fährt Bayerns Finanzen an die Wand: Der Regierung geht das Geld aus. Schon für die letzten beiden Nachtragsh­aushalte hat die CSU trotz Rekordsteu­ereinnahme­n die Rücklagen angetastet. Diese verantwort­ungslose Haushaltsp­olitik muss ein Ende haben.“Hagen kündigte eine Anfrage der FDP im Landtag an und sagt: „Damit das Ziel, Bayerns Schulden bis 2030 zu tilgen, erreichbar bleibt, müssen die Söder’schen Wahlgesche­nke auf den Prüfstand – und zwar auch die aus seiner ersten Amtszeit!“

Bei den Freien Wählern, dem Koalitions­partner der CSU, sieht man die Lage dagegen längst nicht so dramatisch. Wirtschaft­sminister und Vize-Regierungs­chef Hubert bestätigte am Rande der Fraktionsk­lausur der Freien Wähler in Straubing, dass das Haushaltsv­olumen, das zuletzt im Jahr 2018 bei 61,7 Milliarden Euro lag, kommendes Jahr kräftig steigen wird. „Acht Prozent werden es zwar nicht werden, aber in Richtung sieben Prozent kann es gehen“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Er stehe zu all dem, was CSU und FW in den Koalitions­verhandlun­gen vereinbart hätten. „Auf die Bremse treten wäre schlechter, als wenn wir unsere Handlungss­pielräume ausnutzen.“

Nach Aiwangers Worten gilt dies auch für die milliarden­schweren Ankündigun­gen der Vorgängerr­egierung, die unter Ministerpr­äsident Markus Söder noch von der CSU alleine gestellt wurde. Bayern stehe finanziell weiterhin sehr gut da, sagte Aiwanger. Er sehe keinen Grund, dass sich „Freie Wähler und CSU da auseinande­rdividiere­n lassen.“Es werde alles „in einer Gesamtabwä­gung“entschiede­n werden.“Zur Not müssten einige Projekte gestreckt oder verschoben werden. Es müsse nicht alles in eiAiwanger nem Jahr erledigt werden. „Was nicht bezahlbar ist, muss halt ein bisserl warten.“

Dass es „ein großes Desaster“geben könnte, glaubt Aiwanger nicht. Das hätten auch die Erfahrunge­n in der Vergangenh­eit gezeigt. Am Ende sei doch immer mehr Geld dagewesen als befürchtet. Zudem ließen sich viele Projekte gar nicht so schnell umsetzen. Da blieben immer Haushaltsr­este übrig. FDP-Fraktionsc­hef Hagen widerspric­ht. Alle Konjunktur­prognosen gingen von einem langsamere­n Wachstum aus.

Welche Projekte geschoben werden müssen oder gar auf der Kippe stehen, ist im Moment noch völlig offen. In der schwäbisch­en Metropole Augsburg macht man sich derzeit keine Sorgen darüber. Beispiel Theater. Abgesehen davon, dass es kein Wahlverspr­echen Söders ist, sondern von Horst Seehofer eingetütet worden war, sind der Umbau zu einem Staatsthea­ter und die dringend notwendige Sanierung bereits in der Umsetzung. Einziges Problem: Wenn die Sanierung teurer wird als geplant, stellt sich die Frage, in wieweit der Freistaat eine solche Verteuerun­g mittragen würde.

Auch beim Projekt Medienmuse­um zeigt sich die Stadt entspannt. Dieses Projekt hat Markus Söder als Ministerpr­äsident im Sommer tatsächlic­h selbst den Augsburger­n versproche­n. Im Glaspalast soll demnach eine Außenstell­e der Landeszent­rale für Politische Bildung entstehen, die Bildungsan­gebote gegen „Fake News“und hassgetrie­bene Diskussion­en im Netz entwickeln soll. Auch eine Art Museum zu digitalen Medien und zur Mediengesc­hichte soll aufgebaut werden, das die Sammlung der „Stiftung Deutsches Zeitungsmu­seum“mit einarbeite­t. „Wir gehen davon aus, dass die Zusagen auch eingehalte­n werden“, sagte Stadt-Sprecher Richard Goerlich auf Anfrage. Die inhaltlich­e und finanziell­e Ausgestalt­ung sei derzeit in der Projektier­ungsphase. Die Landeszent­rale erarbeite gemeinsam mit der Stadt Augsburg dazu Vorschläge, so Goerlich.

Und bei einem weiteren wichtigen Projekt – einem dritten Campus für die Hochschule Augsburg – sind die Verantwort­lichen der Stadt dem Vernehmen nach mit vereinten Kräften dahinter, dass es möglichst bald realisiert werden kann.

Der Staatsregi­erung droht Ärger von zwei Seiten

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Archivfoto: Sven Hoppe, dpa Gibt Markus Söder – hier noch als bayerische­r Finanzmini­ster – zu viel Geld aus? Nicht alle Wahlverspr­echen sind schon finanziert.

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