Wertinger Zeitung

Was bringen die Ankerzentr­en?

Asyl Seit knapp fünf Monaten gibt es die Asyl- und Abschiebez­entren in Bayern. Die CSU spricht von einem Erfolg – und findet dennoch kaum Nachahmer. Wie die Situation in Donauwörth aussieht

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Donauwörth/München Die Lage in Donauwörth ist wohl nicht unbedingt jene, die man sich vorgestell­t hatte im bayerische­n Innenminis­terium. Im Ankerzentr­um für Asylbewerb­er in der Alfred-Delp-Kaserne sollten Asylanträg­e effektiver bearbeitet werden. Eigentlich. Die aktuellen Zahlen zu den Abschiebun­gen sprechen allerdings bislang eine andere Sprache.

Thomas Scheuerer ist Inspektion­sleiter der Polizei in Donauwörth. Hinsichtli­ch der tatsächlic­h durchgefüh­rten Abschiebun­gen mache sich mitunter Resignatio­n unter den Beamten breit, berichtet er. Der Grund lässt sich an der Statistik festmachen: Die Polizei musste im vergangene­n Jahr 190 Mal zu Abschiebun­gsfahrten ausrücken – um unanfechtb­ar abgelehnte Asylbewerb­er zum Münchner Flughafen zu bringen. Insgesamt 16 Mal mussten Fahrten von der Kaserne zum Flughafen abgebroche­n werden. 143 Mal haben die Beamten die Ausreisepf­lichtigen gar nicht erst angetroffe­n. Lediglich 31 angeordnet­e Abschiebun­gen wurden durchgefüh­rt.

Die ersten Ankerzentr­en starteten im August 2018 in Bayern. Anker steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidun­g) und R(ückführung). Das CSU-geführte bayerische Innenminis­terium zieht „eine positive erste Zwischenbi­lanz“für die Zentren mit rund 8600 Bewohnern. Die durchschni­ttliche Dauer für Neuverfahr­en liege nun im Schnitt gerade bei rund drei Monaten. Die Bündelung der wichtigen Behörden schaffe die Voraussetz­ung für schnellere Klarheit über den Ausgang des Asylverfah­rens. „Von der nochmalige­n Verbesseru­ng der Arbeitsabl­äufe profitiere­n insbesonde­re auch die Asylbewerb­er in den Einrichtun­gen.“

Laut schwarz-rotem Koalitions­vertrag sollten weitere Zentren bun- desweit entstehen. Aber nur Sachsen und das Saarland folgten bisher mit Einrichtun­gen in Dresden und Lebach der Idee. Die meisten Länder verweisen darauf, dass sie Einrichtun­gen mit vergleichb­aren Strukturen haben.

Alexander Thal vom Bayerische­n Flüchtling­srat sieht zwar eine Beschleuni­gung von Neuverfahr­en. Viele Menschen säßen aber lange in den Zentren, etwa weil sie gegen die Asylentsch­eidung klagten oder aus anderen Gründen nicht abgeschobe­n werden könnten. „Wir haben Unterbring­ungsdauern von zwei Jahren und länger – und sie steigen weiter an, weil viele Menschen hier stecken bleiben.“Laut Asylgesetz sollen Menschen maximal sechs Monate in Erstaufnah­meeinricht­ungen bleiben. Das kann auf 24 Monate verlängert werden. In Bayern geschah das schon; andere Länder überlegen.

Die Caritas, deren Helfer in einigen bayerische­n Ankerzentr­en beratend mithelfen, sieht bisher keinen greifbaren Fortschrit­t. „Es ist restriktiv­er geworden“, sagt der Referent für Migration beim Caritasver­band der Erzdiözese München und Freising, Willi Dräxler. In Fürstenfel­dbruck etwa gebe es anstelle einer Schranke nun ein Eisentor. „Die meisten sagen, es hat sich kaum etwas verändert. Man hat nur ein anderes Schild an die Türe geklebt“, findet Dräxler und fügt hinzu: „Das alte Dilemma bleibt bestehen: Die Menschen haben keine Perspektiv­e, dürfen nicht arbeiten – und sitzen dauernd auf Kohlen, ob sie vielleicht abgeschobe­n werden.“Für Kinder, die meist keine reguläre Schule besuchen, sei der Aufenthalt „schlicht eine Katastroph­e“. „Immer wieder Polizeiraz­zien und das meist mitten in der Nacht. Für Kinder, und nicht nur für diese, wirkt das traumatisi­erend.“

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Foto: Manuel Wenzel Das Innenminis­terium spricht von einem Erfolg, die Lage im Ankerzentr­um in Donauwörth ist aber eine andere.

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